Umfrage zeigt
Drei von vier Personen interessiert Gender-Sprache nicht

Nur 23 Prozent der Schweizer bezeichnen gendergerechte Sprache als wichtig. Das zeigt eine neue Umfrage. Nur 18 Prozent erachten die Gleichstellung der Geschlechter als drängendes Problem.
Publiziert: 22.05.2023 um 06:24 Uhr
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Aktualisiert: 22.05.2023 um 09:36 Uhr

Nur gerade ein Viertel der Menschen in der Schweiz findet die Debatte über gendergerechte Sprache wichtig. Ebenso wenige Menschen achten im Alltag darauf. Und auch problematische Begriffe wie Zigeuner, Mohrenkopf oder Eskimo sind noch präsent.

Grundsätzlich scheint die Frage der Gleichstellung der Geschlechter und die Debatte rund um die Begriffe «Cancel Culture» und «Wokeness» nur eine kleine Minderheit der Menschen in der Schweiz zu interessieren. Einer am Montag von Tamedia und «20 Minuten» veröffentlichten Umfrage zufolge gehören die Themen bei weitem nicht zu den drängendsten Problemen.

Nur gerade 18 Prozent bezeichnen Gleichstellung als wichtigstes Problem, bei Cancel Culture/Wokeness sind es gar nur 13 Prozent. An der Spitze der Liste stehen demgegenüber die Gesundheitskosten, die Altersvorsorge und der Klimawandel. Frauen empfinden dabei die Gleichstellung mit 28 Prozent noch eher als drängend als Männer (10 Prozent).

Nicht oberste Priorität bei Schweizer*innen: Der Genderstern.
Foto: Shutterstock

Kleine Minderheit achtet auf Sprache

Auch die Debatte um die gendergerechte Sprache gehört nicht zu den obersten Prioritäten der in der Schweiz lebenden Personen. Dabei geht es um die Verwendung von Schreibformen, bei denen auch Frauen und non-binäre Menschen eingeschlossen sind, wie zum Beispiel geschlechtsneutrale Wörter, das sogenannten Binnen-I oder der Genderstern.

Nur gerade 23 Prozent bezeichnen diese als wichtig oder eher wichtig. Auch hier sind es deutlich mehr Frauen (27 Prozent) als Männer (14 Prozent), denen das Thema ein Anliegen ist. Entsprechend achtet auch nur eine kleine Minderheit der Befragten (24 Prozent) auf eine gendergerechte Sprache. Dreiviertel kümmern sich nicht oder eher nicht darum.

Auf eine grössere Akzeptanz stösst der Einsatz von gendergerechter Sprache in den Medien oder bei öffentlichen Auftritten: Diese wird von 30 Prozent voll und ganz oder eher befürwortet. Doch 68 Prozent lehnen auch in diesem Bereich eine gendergerechte Sprache eher oder ganz ab.

Auch Begriffe weiterhin genutzt

Praktisch gleich sieht es in der Arbeitswelt aus. Und im privaten Alltag sind dann nur noch 22 Prozent für die Verwendung von gendergerechten Ausdrücken, 75 Prozent lehnen diese eher oder komplett ab.

Die Hälfte der Befragten verwendet im Alltag auch immer oder oft das generische Maskulin, also die männliche Form für Personen oder Berufe, auch wenn nicht nur Männer gemeint sind. Sogar bei den Frauen sind es noch 45 Prozent, bei den Männern 54 Prozent. Selten oder nie ist diese Form bei 25 Prozent bei den Frauen und 15 Prozent bei den Männern in Gebrauch.

Deutlich sind die Meinungen auch, wenn es darum geht, ob die Verwendung einer geschlechtsneutralen Sprache in Schulen einen Einfluss auf die Noten haben dürfe: 89 Prozent sagen dazu nein oder eher nein.

Auch problematische Begriffe wie Zigeuner, Mohrenkopf, Eskimo oder Krankenschwester sind der Umfrage zufolge längst nicht aus dem Sprachgebrauch verschwunden. So sagen immer noch 46 Prozent der Befragten oft «Mohrenkopf» und empfinden den Begriff auch als unproblematisch. 18 Prozent verwenden das Wort nur in einem bestimmten Umfeld.

Männer nutzen Begriffe eher als Frauen

Das Wort Zigeuner ist bei 37 Prozent noch oft in Gebrauch und wird als unproblematisch empfunden, Eskimo bei 55 Prozent, Drittweltland bei 60 Prozent, Krankenschwester bei 74 und Stewardess bei 73 Prozent. Einzig der Begriff Fräulein wird nur noch von einem Viertel regelmässig benutzt und der Begriff Jugo nur noch von 19 Prozent.

Gemäss der Umfrage benutzen Männer diese Begriffe im Allgemeinen öfter und stufen sie auch als unproblematischer ein als Frauen. Gleichzeitig würden die Begriffe bei Personen, die auf dem Land leben, als weniger problematisch betrachtet als in der Stadt, hiess es.

Die Umfrage wurde Ende März in Zusammenarbeit mit Leewas bei 30'754 Personen aus der ganzen Schweiz durchgeführt. Der Fehlerbereich liegt bei 1,0 Prozentpunkten.

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