«So können wir uns über Wasser halten»
1:20
Wirtin erleichtert dank Gelder:«So können wir uns über Wasser halten»

Ungleiche Härtefall-Hilfen
Die einen jubeln, die anderen verzweifeln

Seit über drei Monaten sind Beizen und Fitnesscenter geschlossen. Nicht überall kommen die versprochenen Hilfsgelder an.
Publiziert: 28.03.2021 um 10:06 Uhr
|
Aktualisiert: 03.04.2021 um 19:45 Uhr
Camilla Alabor

Als das Geld auf ihrem Konto eintraf, spürte die Wirtin des Rössli in Oberägeri ZG grosse Erleichterung. Barbara Schneider (54) hatte ihr Restaurant am 22. Dezember schliessen müssen. Seitdem stapelten sich Tag für Tag die Rechnungen. Obwohl sie in dieser Zeit keinen Rappen einnehmen konnte.

Die Auszahlung der Corona-Härtefallgelder hilft ihr nun, die Fixkosten zu decken. «Damit sind wir auf der sicheren Seite, bis wir wieder öffnen können», sagt die Wirtin. Sie ist des Lobes voll über den Kanton Zug und dessen «schnelle und grosszügige Hilfe».

Zug handelt vorbildlich

Tatsächlich konnten Betriebe, die von Umsatzeinbussen, später auch Schliessungen betroffen waren, in Zug bereits am 1. Dezember 2020 ein Unterstützungsgesuch einreichen. Seit Mitte Februar, dem Ende der Referendumsfrist, fliesst das Geld.

Das Restaurant Rössli in Oberägeri ZG ist seit dem 22. Dezember 2020 geschlossen.
Foto: Siggi Bucher
1/8

Zug gilt als Musterkanton, wenn es um die Bearbeitung und Auszahlung von Härtefallhilfen geht. Berechnungen des Zuger Finanzdepartements bestätigen dies. Gemäss Finanzdirektor Heinz Tännler (60, SVP) gehört Zug mit der Bewilligung von 89 Prozent aller eingereichten Gesuche zu den Spitzenreitern – im Durchschnitt werden nur 44 Prozent bewilligt. Auch der gesprochene Betrag pro Gesuch ist in Zug mit 98000 Franken fast doppelt so hoch wie der Schweizer Durchschnitt von 51000 Franken.

Was darauf hinweist, dass andere Kantone deutlich knausriger sind. Besonders schwierig macht es den Betroffenen der Thurgau. Nicht nur hatte der Kanton als einer der wenigen per Ende Februar noch keinen Franken gesprochen (neuere Zahlen liegen nicht vor). Er vergibt Härtefallhilfen zunächst auch nur als Darlehen.

Ob die Unternehmen das Geld zurückzahlen müssen oder nicht, entscheidet der Kanton ab Juli; auf diesen Zeitpunkt hin können maximal drei Viertel des Darlehens in À-fonds-perdu-Beiträge umgewandelt werden.

Unternehmen wollen Klarheit

«Für die Unternehmen ist das eine unmögliche Situation», sagt Claude Ammann (53), Präsident des Verbands der Schweizerischen Fitness- und Gesundheitscenter. «Um eine sinnvolle Entscheidung treffen zu können, müssen sie wissen, ob es sich bei den Geldern um einen Kredit handelt oder nicht.»

Kommt hinzu, dass die Unternehmen teils wochenlang auf eine Bestätigung warten, ob der Kanton das Gesuch auch nur erhalten hat – geschweige denn, ob Geld fliessen wird, wie Ruedi Bartel (64) sagt, Präsident von Gastro Thurgau.

«Für einige Betriebe ist das ein Todesurteil», meint der Wirt. Er kritisiert zudem, dass der Kanton viel tiefere Beträge auszahle, als das Gesetz erlauben würde. «Die Hilfen decken gerade einmal 10 bis 13 Prozent des Umsatzes ab», sagt Bartel, «das reicht nirgends hin.»

Völlig unklar sei überdies, wie die Beträge berechnet würden. «Das macht es für uns unmöglich, die Summe im Einzelnen nachzuvollziehen.»

Zug an der Spitze, der Thurgau als Schlusslicht – und wie sieht es in der übrigen Schweiz aus? Auch hier lautet die Antwort: Es kommt auf den Kanton an. Wobei selbst innerhalb der Kantone grosse Unterschiede bestehen, wie das Beispiel Bern beweist.

So zeigt sich Pierre Dubler (59) von der Taube-Bar zwar zufrieden, dass die Härtefallhilfen acht Tage nach Einreichen aller Unterlagen bereits auf seinem Konto waren. «Damit ist unser Überleben bis Ende April gesichert.»

Vereine werden vorerst im Regen stehen gelassen

Dagegen steht das Schicksal der Lehrerzimmer-Bar, eines Fixpunkts im Berner Kulturleben, auf der Kippe. Denn das «Lehrerzimmer», seit jeher auch ein Veranstaltungslokal, ist als Verein organisiert. Doch als Voraussetzung für Härtefallhilfen verlangt der Kanton Bern einen Eintrag im Handelsregister. Für die Bar ist das ein Problem: «Als Verein können wir uns nicht registrieren lassen», sagt Geschäftsführerin Daria Gusberti (47). Selbst nach unzähligen E-Mails und Telefonaten mit Beamten sowie einer Anpassung der Vereinsstatuten heisst es vonseiten des Kantons weiterhin: Geht nicht.

Um die dringendsten Rechnungen zu bezahlen, sahen sich die Vereinsmitglieder deshalb gezwungen, ein privates Darlehen aufzunehmen. Noch hofft Gusberti, dass eine Lösung zustande kommt. Aber sie sagt auch: «Wenn wir bis Ende April keine Gelder bekommen, wird es wirklich schwierig.»

Die Berner Wirtschaftsdirektion teilt auf Anfrage mit, es handle sich um wenige Fälle von Vereinen, die einen wirtschaftlichen Zweck verfolgten. «Wir haben das Problem erkannt und sind daran, eine Lösung zu erarbeiten.»

Entscheidend wird nun sein, ob die Lösung für die Betroffenen schnell genug kommt.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?