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Ohne Rücksicht auf Verluste:Der Fall Carlos

Von wegen beruhigende Wirkung
Darum versagte die pinke Zelle bei Carlos

Selbst im Knast dreht Carlos* durch, verprügelt Wärter und Häftlinge. Um den Kickboxer dann zu beruhigen, kommt er in eine pinke Zelle. Die Farbe soll besonders entspannend wirken. Beim 24-Jährigen zeigte der spezielle Anstrich eine andere Wirkung. Er wurde aggressiver.
Publiziert: 26.10.2019 um 20:40 Uhr
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Aktualisiert: 09.03.2021 um 11:45 Uhr
In solch einer pinken Arrestzelle rastet Carlos aus. Die Farbe wirkte nicht beruhigend auf ihn.
Foto: Keystone
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Carlos* (24) bringt das Justizsystem an seine Grenzen. Auch hinter Gittern ist niemand vor ihm sicher. Gefängnisleiter, Aufseher, Mithäftlinge. Der muskulöse Kickboxer kennt keine Grenzen. Legt der 24-Jährige einmal los, können nur mehrere Männer ihn stoppen. (BLICK berichtete)

Für solche Häftlinge, die immer wieder für Ärger sorgen, gibt es eine Arrestzelle. Hier soll sich der Insasse beruhigen, runterkommen. Zur Unterstützung sind solche Zellen in einer besonderen Farbe gestrichen. Wände und Möbel sind pink.

Auch Carlos landete in so einer Zelle. Doch zur Vernunft kam er nicht. Im Gegenteil: Der Dauer-Delinquent drehte dort noch mal richtig auf.

Überflutete die Arrestzelle

So zum Beispiel am 28. Juni 2017. Er malträtiert so lange die Durchreicheklappe bis ein Halterungsbügel (13 Zentimeter) abbricht. Mit dem Metall in der Hand macht er sich an den Scheiben der Zelle und am Fenster zum Hof zu schaffen. Danach beschädigt er die Matratze, reisst sie auf und verteilt den Inhalt in der Zelle. Mit dem Matratzenüberzug verstopft er die Abflüsse der Zelle. Es kommt zur Überflutung. Kostenpunkt: 9910 Franken!

Ein anderes Mal schlägt und tritt er so lange gegen die Scheibe der Gittertüre, bis diese kaputt geht. Kostenpunkt: 6742 Franken!

Fazit: Selbst die Arrestzelle versagt bei Carlos. Die Farbe Pink machte ihn aggressiver statt ruhiger. Patrick Cotti, Direktor des Schweizer Kompetenzzentrums für den Justizvollzug, wundert das nicht. «Die Farbe der Zelle allein kann schlicht keine Wunder bewirken», sagt er zur «Schweiz im Wochenende».

Pink verletzt die Männlichkeit

Die Idee, dass die Farbe Pink einen beruhigenden Effekt auf Häftlinge hat, stammt aus den USA. Und verbreitete sich von dort bis in die Schweiz. Offenbar ein Irrglaube. Denn eine Studie zeigte: Es machte keinen Unterschied, in welcher Zelle die Insassen bei dem Experiment sassen. Egal ob pink, weiss oder grau. Ruhiger wurden die 59 Häftlinge nicht. Dafür machten die Forscher eine andere Beobachtung. Ihre Vermutung: Pink würde einige Männer aggressiver machen. Der Grund: Die Farbe würde ihre Männlichkeit verletzten.

Auch bei Carlos könnte dies der Fall sein. Im Interview mit der «Rundschau» sagte er, dass er seine Situation als Erniedrigung empfinde. Die Farbe Pink, sie könnte ein rotes Tuch für den Kickboxer sein.

Der Kickboxer zur «Rundschau»: «Hier drin ist Wut und Hass meine Nahrung. Hier herrscht kein menschlicher Zustand.» Er sei ein Kämpfer, würde sich nicht unterkriegen lassen. Für seine Eskapaden im Knast muss sich der Dauer-Delinquent nun kommende vor Gericht verantworten. Ihm könnte die Verwahrung drohen. Seine grösste Angst: «Eine Verwahrung ist schlimmer als die Todesstrafe», sagte er in der SRF-Sendung. (jmh)

*Name geändert

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