Untersee-Pegel ist so tief wie noch nie
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Boote stranden:Untersee-Pegel ist so tief wie noch nie

Waldbrandgefahr, niedrige Flusspegel, Futtermangel
So viel Regen braucht es jetzt

Endlich gibts eine kurze Regenphase. Damit kehrt etwas Entspannung ein an der Dürre-Front. Das Niederschlagsdefizit wird dadurch aber nicht ausgeglichen. Blick erklärt, wie viel es jetzt bräuchte.
Publiziert: 19.08.2022 um 00:18 Uhr
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Aktualisiert: 19.08.2022 um 08:39 Uhr
Georg Nopper und Sara Good

Wälder so dürr wie Zunder. Flüsse und Bäche, die immer mehr zu kümmerlichen Rinnsalen verkommen. Staubtrockene, braune Wiesen. Bringt der Wetterumschwung jetzt die langersehnte Erlösung? Laut Meteo News tritt zuerst vor allem im Westen und Süden Entspannung ein. Am Freitag verlagert sich der Niederschlagsschwerpunkt auf die Alpennordseite.

Wie lange und wie intensiv regnet es?
Im Westen und Süden werden bis zum Samstagabend Niederschlagsmengen von 50 bis 70 Millimeter erwartet, am Nordrand der Schweiz deutlich weniger. Wie Meteo News in seinem Blog erklärt, wird das Niederschlagsdefizit der letzten Wochen dadurch nicht ausgeglichen. Auch laut dem Bundesamt für Umwelt (Bafu) braucht es mehrere «nasse» Wochen, um die Bodenfeuchte und Abflüsse in den meisten Schweizer Einzugsgebieten und Gewässern zu normalisieren. Was wir derzeit in der Schweiz haben, ist kein Dauerregen: Nächste Woche baut sich schon wieder ein Hochdruckgebiet auf, das für ruhige und spätsommerliche Tage sorgen wird. Die Temperaturkurve zeigt nach oben – es wird wieder zwischen 28 und 30 Grad warm.

Ist die Waldbrandgefahr gebannt?
Die Situation kann je nach Region sehr unterschiedlich sein. Massimiliano Zappa (47), Hydrologe bei der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL): «Lokal reicht auch ein kräftiges Gewitter, um die Waldbrandgefahr für eine Weile zu bannen.» Es müsse nämlich nicht der ganze Boden, sondern vornehmlich die Vegetation unterhalb der Bäume und die ersten fünf bis zehn Zentimeter des Bodens befeuchtet werden. Doch Gewitter ereignen sich in der Regel in einem begrenzten Raum auf einer begrenzten Bahn. «Grossflächiger Regen von 20 bis 40 Millimetern könnte zum Thema Linderung der Waldbrandgefahr schon einiges bringen.» Laut den Prognosen dürfte dies bis zum Wochenende in manchen Regionen der Schweiz so sein.

Der ausgetrocknete Lac des Brenets im Kanton Neuenburg an der Grenze zu Frankreich: Das Juragebiet ist eine der am stärksten von der Trockenheit betroffenen Regionen der Schweiz.
Foto: keystone-sda.ch
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Können die Schiffe auf dem Rhein bald wieder normal verkehren?
Eine Normalisierung des Rheinverkehrs lässt noch auf sich warten. «Der Rhein ist ein grosser Fluss mit einem grossen Einzugsgebiet», sagt Zappa. «Das bedeutet, dass es nicht nur viel, sondern vor allem auch grossflächig im ganzen Einzugsgebiet von den Alpen bis Koblenz regnen muss.» Der Hydrologe schätzt: «50 bis 100 Millimeter verteilt über eine Woche könnten reichen, um wieder auf einen Stand zu kommen, bei dem angenehme Bedingungen für die Schifffahrt herrschen.» Dies setzt voraus, dass sich trockene und regenreiche Phasen gegen Herbst wieder häufiger abwechseln. Denn um die Situation nachhaltig zu entschärfen, ist laut Zappa über einen längeren Zeitraum deutlich mehr Niederschlag nötig.

Wann geht es den Fischen wieder besser?
Ein einzelnes Gewitter macht die Situation für die Fische nicht besser. Ein Grossteil des Niederschlags versickert dabei im Schotter der ausgetrockneten Flussbetten. «Es muss über mehrere Tage dauerhaft und sanft regnen», sagt der Hydrologe. «Zwischen 50 und 100 Millimeter Regen in drei bis vier Tagen können eine erste Besserung bringen», sagt Zappa. Für eine dauerhafte Entspannung sind mehr als 150 Millimeter in zwei bis drei Wochen nötig.

Wann werden die Wiesen wieder grün?
Bei den Wiesen reichen 30 bis 50 Millimeter Regen nicht zur Erholung, erklärt Zappa. «Im Sommer 2018 ist die Wiese bei mir zu Hause braun geworden und bis im nächsten Frühjahr braun geblieben. Sie hat sich erst bei der nächsten Vegetationsperiode erholt.» Damit dürfte sich auch der Futtermangel bei vielen Schweizer Bauernbetrieben vorerst nicht entschärfen. «Es braucht regelmässig Regen in den nächsten Wochen und Monaten, damit sich die Wiesen langsam erholen können», sagt der Hydrologe. «Ein Starkregen bringt wenig Abhilfe. Denn wenn alles auf einmal kommt, kann der Boden das nicht alles aufnehmen.» Der Boden sei derart trocken, dass er verlernt habe, Wasser aufzunehmen. «Das ist wie bei einem trockenen Schwamm, der zuerst angefeuchtet werden muss, bevor er die volle Saugfähigkeit entwickelt.»

«Der Boden hat verlernt, Wasser aufzunehmen»
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Hydrologe Massimiliano Zappa:«Der Boden hat verlernt, Wasser aufzunehmen»

Kommen nach der Trockenheit die Überschwemmungen?
Am Mittwochabend wurden in Basel Strassen und Keller überflutet. Zappa: «Lokale Überschwemmungen sind bei einzelnen Gewittern möglich. Aber es braucht sehr viel Regen, damit es zu grossflächigen Überschwemmungen kommen kann.» Auch Erdrutsche könne man nicht ganz ausschliessen. Diese passieren laut dem Hydrologen aber häufiger, wenn die Böden bei lang anhaltendem Regen gesättigt sind.

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