Weil Spitalbetten fehlen, werden Rückholaktionen aus dem Ausland eingeschränkt
Intensivpatienten müssen wochenlang warten

80 Intensivpatienten warten im Ausland auf ihre Repatriierung in die Schweiz. Weil der Bund nun erstmals klare Kriterien für die Rückholaktionen definiert, müssen Betroffene nun mit deutlich längeren Wartezeiten rechnen.
Publiziert: 11.09.2021 um 01:58 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2021 um 14:18 Uhr
Marco Latzer und Pascal Tischhauser

Das Gesundheitswesen läuft am Anschlag, die Intensivstationen sind vielerorts voll. Der Bund zieht deshalb bei den Rückholaktionen von im Ausland erkrankten Personen die Schraube an. Die sogenannten Repatriierungen werden seit Donnerstag von der Rega durchgeführt sowie von einer nationalen Koordinationsstelle organisiert.

Assistance-Gesellschaften, die bislang im Auftrag der Krankenkassen Schwerstkranke mit eigenen Anfragen direkt zurückholten, werden eingeschränkt. Sie müssen nun bei der neu geschaffenen nationalen Koordinationsstelle Verlegungsanträge stellen. Ohne Genehmigung dürfen keine Intensivpatienten mehr in die Schweiz gebracht werden!

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Die Rega koordiniert ab sofort im Auftrag des Bundes die Rückholaktionen von Intensivpatienten im Ausland.
Foto: © Rega
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ACS befürchtet Wartezeiten bis zu vier Wochen

Das heisst: Die laut Armeeangaben rund 80 Intensivpatienten im Ausland, von denen die Mehrheit an heftigen Verläufen von Covid-19 leidet, haben dadurch deutlich schlechtere Karten als bisher. Eine Rückverlegung dürfte für viele Betroffene nur noch nach einer langwierigen Wartezeit infrage kommen.

«Es kann sein, dass Versicherte im schlimmsten Fall bis zu vier Wochen auf eine Repatriierung warten müssen. Dies kann zu erhöhten Gesundheitskosten führen», heisst es etwa in einer internen Mitteilung des Automobil Clubs Schweiz (ACS), der selbst Rückholaktionen durchführt.

Nur jeder Zehnte kann auf schnelle Heimkehr hoffen

Von den 80 Wartenden ist etwa ein Zehntel dringlich auf einen Transport in die Schweiz angewiesen: «Aktuell ist der nationalen Koordinationsstelle eine einstellige Zahl von dringend zu repatriierenden Patienten bekannt», so Armeesprecher Stefan Hofer zu Blick. Am Dienstag hatte der KSD von acht besonders schweren Fällen gesprochen.

«Die Anmeldungen werden durch ein Spezialistenteam medizinisch gesichtet und Behandlungsbedarf, Transportfähigkeit und die Dringlichkeit nach einheitlichen Kriterien beurteilt und priorisiert», ergänzt Hofer. Priorisierte Anfragen werden dann an den Wohnsitzkanton der Patienten gerichtet und – falls Kapazitäten verfügbar sind – wird ein Transport dorthin aufgegleist. Ist das nicht der Fall, versucht die Koordinationsstelle einen verfügbaren Platz auf nationaler Ebene zu vermitteln.

Keine Extrawürste bei Repatriierungen mehr

«Reine Repatriierungswünsche von Intensivpatienten ohne medizinische Notwendigkeit können in der besonderen Lage nicht mehr erfüllt werden», heisst es auch in einer Mitteilung der Assistance-Gesellschaft Medicall an ihre Partner. Laut dem Schreiben sei es schon seit Mitte August zusehends schwieriger geworden, freie Intensivbetten in den Spitälern zu finden, weshalb man das neue Regime auch begrüsse.

Die erst jetzt mit klaren Kriterien geregelten Repatriierungen haben allerdings ihrerseits Anteil daran gehabt, dass sich die Situation in den Schweizer Intensivstationen derart zugespitzt hat. Medicall hatte noch im Juli und August insgesamt 55 Repatriierungen von Corona-Patienten durchgeführt. Durch die nun zentral geregelte Koordination könnten es in Zukunft deutlich weniger werden.


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