Anthamattens Wärter packt vor Gericht aus
Im Skandal-Gefängnis war «nichts verboten»

Der Prozess gegen den Killer von Sozialtherapeutin Adeline Morel (†34) ist heute Abend in Genf abgebrochen worden. Die Genfer Justiz strotzte während der vier Tage vor Inkompetenz.
Publiziert: 06.10.2016 um 14:41 Uhr
|
Aktualisiert: 05.10.2018 um 05:28 Uhr
Stéphanie Jenzer und Gabriela Battaglia

Die Genfer Justiz zeugte im Prozess gegen Adeline-Killer Fabrice Anthamatten (42) mehrheitlich vor allem von Unentschlossenheit: Drei Jahre mussten die Angehörigen der ermordeten Adeline Morel (†34) auf diese Verhandlung warten. Seit Montag steht der Killer Fabrice Anthamatten (42) vor dem Genfer Kriminalgericht.

Ein Prozess der Peinlichkeiten: Heute Morgen ist er vorläufig geplatzt, kaum eine halbe Stunde nach Beginn des vierten Verhandlungstags. Gerichtspräsidentin Anne-Isabelle Jeandin Potenza verkündete, dass der Prozess heute Abend abgebrochen werde.

Fabrice Anthamatten hatte seine Sozialtherapeutin am 12. September 2013 getötet. Adeline Morel war Mutter eines damals acht Monate alten Mädchens. Er fesselte die Frau an einen Baum, schlitzte ihr die Kehle auf und liess sie verbluten. Danach flüchtete er nach Polen – mit dem Plan, seiner Ex-Freundin die Augen auszustechen und sie lebendig zu begraben.

Richterin Anne-Isabelle Jeandin Potenza.
Foto: PD
1/8

Eltern und Lebenspartner sagten nicht aus

Jetzt wird der Prozess erneut um Monate verschleppt. Richterin Potenza ordnete ein weiteres psychiatrisches Gutachten an. Der Grund: Einer der ersten beiden französischen Gutachter hatte das Dossier über Anthamatten erst am Tag erhalten, an dem er den Mörder befragen sollte.

Der Fall Anthamatten bleibt nun pendent, bis das dritte Gutachten vorliegt. Auch die Eltern und der Lebenspartner der Verstorbenen sagten heute nicht aus, obwohl dies so eingeplant war. Der Verhandlungsabbruch ist der Höhepunkt einer Serie von Peinlichkeiten der Genfer Justiz.

Schon am ersten Prozesstag kam es zum Eklat: Die Befragung von Anthamatten konnte man im Gerichtssaal kaum verstehen. Die Stimme der Gerichtspräsidentin wirke «in einem Mordprozess deplatziert», schreibt auch der «Tages-Anzeiger»: sanft, hoch. Fast so, als spreche eine Mutter mit ihrem Kleinkind. Nach sieben Stunden Gemurmel protestierten Adelines Eltern lautstark – erst darauf liess sich Jeandin Potenza ein Mikrofon anklippen.

Gestern setzte sich die Pannenserie fort. Die beiden Gutachter waren so schlecht vorbereitet, dass sie in ihren Antworten nur Plattitüden von sich gaben und um den heissen Brei herumredeten.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?