Super-Schutz hat einen Nachteil
Verhindert dieser eiserne Vorhang Bancomaten-Sprengungen?

Immer wieder kommt es in der Schweiz zu Bancomaten-Sprengungen. Eine Firma aus dem Jura sagt den Kriminellen jetzt mit ihrem Produkt den Kampf an. Der angebliche Super-Schutz hat jedoch einen Nachteil.
Publiziert: 25.07.2024 um 15:05 Uhr
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Aktualisiert: 26.07.2024 um 14:44 Uhr
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Marian NadlerRedaktor News

Was haben Küttigen AG, Le Locle NE, Ruswil LU, Wattenwil BE und Yvonand VD gemeinsam? In all diesen Schweizer Orten wurden in diesem Jahr Bancomaten gesprengt.

Erst eine oder mehrere Explosionen, meist nachts. Anschliessend klafft ein Loch in der Wand, wo zuvor ein Geldautomat stand. Rundherum liegen Metall und Trümmer verstreut. Für die Polizei sind solche Fälle seit einigen Jahren nichts Ungewöhnliches mehr.

Angriffe auf Bancomaten mit Sprengstoffen wie C4 oder Semtex sind in der Schweiz laut einer Analyse des Bundesamts für Polizei (Fedpol) zur Norm geworden. 19 solcher Angriffe wurden allein im vergangenen Jahr gezählt. Bei drei weiteren Fällen wird stark von der Verwendung von Sprengstoffen ausgegangen.

Die Firma Fram Liner aus dem Kanton Jura will Bilder wie diese aus Yvonand VD verhindern.
Foto: Capture d'écran Facebook
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Banken rüsten auf

Die Banken ergeben sich ihrem Schicksal aber nicht einfach so. Sie wenden sich an Sicherheitsdienstleister, wie «24 Heures» berichtet. Besonders hoch im Kurs steht demnach ein gepanzerter, eiserner Vorhang einer Firma aus dem Jura. Die Sicherheitsvorrichtung trägt den Namen «Talos», in Anlehnung an den Bronze-Riesen, der in der griechischen Mythologie die Stadt Kreta beschützte.

Hersteller Fram Liner mit Sitz in Courtedoux prahlt auf seiner Website, die Talos-«Rüstung» sei «gegen Kriminelle nahezu unbesiegbar». Fast 70 Schweizer Bancomaten sind bereits damit ausgestattet, bis Ende August sollen es rund 100 sein. 

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«Es ist eine Welle der Panik im Gange.»
Fram Liner-Gründer Frédéric Ramseyer im Gespräch mit «24 Heures»
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«Es ist eine Welle der Panik im Gange. Jeder möchte sich dringend ausrüsten», stellt Fram Liner-Gründer Frédéric Ramseyer im Gespräch mit «24 Heures» fest. «Die Banken wollen keinen Kollateralschaden auf dem Gewissen haben. Das wäre untragbar.»

Der Rollladen, eingebaut in einen Panzerrahmen, kostet zwischen 25 und 30'000 Franken. Er verhindert im heruntergelassenen Zustand den Zugang zum Bancomaten – beispielsweise nachts. «Das Durchbrechen dieses Schutzes dauert zu lange und löst Alarme aus. Der Bancomat wird dadurch uninteressant», so Ramseyer.

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Diesen Nachteil hat der angebliche Super-Schutz

Er ist überzeugt, dass sein von Raiffeisen in Yvonand VD installiertes System Kriminelle am 26. März dazu veranlasste, sich für die Sprengung des ungeschützten Postfinance-Geräts zu entscheiden. Diese Version will Postfinance auf Anfrage von «24 Heures» aber nicht bestätigen. Die Raiffeisenbank und die Neuenburger Kantonalbank hatten Ende Mai nach mehreren Bancomaten-Sprengungen im Kanton Neuenburg vorübergehend fünfzehn Geräte abgeschaltet.

Einen Nachteil des angeblichen Super-Schutzes aus dem Jura kann das Unternehmen Fram Liner aber nicht schönreden: Ist der Rollladen unten, ist der Zugriff dann nicht nur Gangstern verwehrt, sondern auch der Kundschaft.

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