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«Ich lebe, ich hatte Glück»
Der Sturm hat das Zuhause von Jirawat Jun-en (41) zerstört

Der Mega-Sturm in La Chaux-de-Fonds hat gewaltigen Schaden angerichtet. Blick hat mit Betroffenen gesprochen, deren Zuhause schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde. Jetzt müssen sie anpacken und aufräumen – aber vor allem erst einmal den Schock verdauen.
Publiziert: 26.07.2023 um 00:15 Uhr
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Aktualisiert: 27.07.2023 um 17:16 Uhr

Jirawat Jun-en (41) hat das Dach über dem Kopf verloren. Der gewaltige Sturm, der am Montag über La Chaux-de-Fonds NE gefegt ist, beschädigte seine Wohnung massiv. Wo einst sein trautes Heim war, herrschen nun Chaos und Verwüstung.

Wie der Sturm sein Dach wegriss, hat Jun-en, der ein thailändisches Restaurant in der Uhrenstadt führt, nicht mitbekommen. Am Montag war er noch in Paris. Einer seiner Köche rief ihn an und informierte ihn über die Katastrophe. «Da habe ich meine Reise abgeblasen und bin sofort zurückgekommen», sagt Jun-en zu Blick.

Wirt schläft in der Garage

Am Tag nach dem Sturm machte sich Jun-en ein erstes Bild der Lage. «Ich hatte noch keine Zeit, mir genau anzuschauen, was alles fehlt. Sicher ist: Es hat Kleider und Bargeld weggeweht.»

Jirawat Jun-en in seiner Wohnung – das Dach ist nahezu vollständig weg.
Foto: keystone-sda.ch
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Der Schock sitzt beim Wirt tief: «Das ist alles sehr traurig, aber ich lebe. Ich hatte Glück.» Während er mit Blick über den Verlust redet, wartet er auf Fachkräfte, die das Dach sichern werden. «Aktuell haben wir hier eine schöne Terrasse», sagt er ironisch.

Am Mittwoch soll ein Stahlgerüst installiert werden, erklärt er. «Ich hoffe, in drei bis vier Monaten wieder einziehen zu können.» Das Ausmass des Schadens sei noch nicht eingeschätzt worden. Zum Glück sei er aber versichert, sagt Jun-en. Nun möchte er vor Ort bleiben und in einem Raum in seiner Garage übernachten. Seine Frau und ihre Eltern, die zu Besuch sind, werden im Hotel schlafen.

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Schlaflose Nacht nach Sturm

Der Sturm hat auch das Haus von Marie-Claire Pétremand-Piguet (62) in Mitleidenschaft gezogen. Zunächst dachte sie, es käme ein gewöhnliches Gewitter auf. Also ging sie in den Garten, um eine Plane über den Salat zu legen. «Als ich die Tür dann wieder öffnete, kam ein unglaublich starker Windstoss. Ich konnte die Tür zuerst nicht mehr schliessen. Ich brauchte dafür wirklich all meine Kraft.»

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«Jetzt sieht man, dass Katastrophen nicht nur anderswo passieren, sondern auch bei uns möglich sind.»
Nicole Matthey (63), Bibliothekarin aus La Chaux-de-Fonds
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Daraufhin brach der Sturm herein – und mit ihm das Chaos: Fenster gingen zu Bruch, der Wind riss Teile des Dachs ab und eine Hütte im Garten wurde zerstört. «Es war furchtbar. Man sah draussen gar nichts mehr, so stark war das Gewitter. Es fühlte sich an, als ob auch das Haus mitgerissen würde.»

In der Nacht habe Pétremand-Piguet nicht schlafen können. «Ich habe immer wieder an den Wind gedacht, an all die Bilder, an die Bäume und das abgerissene Dach.» Bis sie sich von diesem Schock erholt hat, wird es wohl noch eine Weile dauern. «Ich bin traurig und es macht mir Angst vor der Zukunft.»

Ein «monumentaler Windstoss»

Den Schock verdauen muss auch Nicole Matthey (63). Die Bibliothekarin aus La Chaux-de-Fonds erinnert sich an den «monumentalen Windstoss». Plötzlich sei alles herumgeflogen. «Das dauerte etwa fünf Minuten.» Matthey sah, wie Bäume entwurzelt wurden und Ziegel von ihrem Dach flogen. Nun ist auch sie damit beschäftigt, alles wieder in Ordnung zu bringen. «Wir müssen noch das Dach abdecken, damit wir im Trockenen bleiben.»

Dennoch kam sie mit einem blauen Auge davon, ist die Bibliothekarin überzeugt. «Im Vergleich hatten wir noch Glück. Bei anderen Häusern sind die Schäden viel schlimmer.» Dass ein Sturm in so kurzer Zeit eine derartige Verwüstung hinterlasse, hätte Matthey nie gedacht: «Jetzt sieht man, dass Katastrophen nicht nur anderswo passieren, sondern auch bei uns möglich sind. Es sind nicht nur Bilder, die man am Fernsehen sieht.»

Den Betroffenen aus La Chaux-de-Fonds stehen nun langwierige Aufräum- und Reparaturarbeiten bevor. Allerdings könne man auf seine Mitmenschen zählen, meint Matthey: «Die Solidarität ist gross. Alle helfen mit.»

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