Leservideo zeigt die Unfallstelle
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Baugerüst ist eingestürzt:Leservideo zeigt die Unfallstelle

Tote und Schwerverletzte bei Gerüst-Einsturz in Prilly VD – Futsal-Trainer trauert um Demicy F. (†35)
«Er war ein grossartiger Spieler»

Ein Baugerüst ist am vergangenen Freitagmorgen in Lausanne eingestürzt. Mehrere Rettungskräfte waren vor Ort. Drei Menschen wurden dabei getötet. Eine halbe Woche später befinden sich noch drei Personen im Spital.
Publiziert: 16.07.2024 um 10:24 Uhr
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Aktualisiert: 16.07.2024 um 17:06 Uhr

Schock im Kanton Waadt: Jede Menge Einsatzkräfte eilten am Freitagmorgen zu einer Baustelle beim Einkaufszentrum Malley-Lumières in der Gemeinde Prilly. Grosse Teile eines Gerüsts stürzten in die Tiefe.

Drei Menschen wurden dabei getötet, wie es in einer Mitteilung der Kantonspolizei Waadt heisst. Es handelt sich um Arbeiter – ein 43-jähriger Schweizer, ein 35-Jähriger aus Kap Verde und ein 30-jähriger Franzose. Fünf Personen wurden schwer, sechs weitere Personen leicht verletzt. Am Montagnachmittag befanden sich noch drei Patienten im Spital, wie es in einer Mitteilung vom Dienstag heisst.

Die Familien der Opfer wurden benachrichtigt und wurden psychologisch betreut. Zudem wurde eine Telefonhotline eingerichtet. Bei einem der Verstorbenen handelt es sich um Demicy F.* (†35), wie «20 Minuten» berichet. Er soll portugiesisch-kapverdischer Staatsbürger gewesen sein und eine Frau und eine Tochter hinterlassen.

Beim Einsturz eines Baugerüsts im Westen von Lausanne haben am Freitag drei Menschen ihr Leben verloren.
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F. soll seit etwas mehr als einem Jahr in der Schweiz gelebt haben. Seine Leidenschaft: Futsal, also Hallenfussball. Sein Trainer ist in tiefer Trauer: «Demicy war ein fantastischer Mensch. Er war ein grossartiger Spieler und ein lieber Freund. Es ist ein grosser Verlust für alle», sagt er zu «20 Minuten».

«Ich sah, wie er abstürzte»

Fernand Monod (77) verliess die Migros in Malley-Lumières, als sich der Unfall gerade ereignete. Er erlebte die Katastrophe hautnah. «Alles stürzte in sich zusammen wie ein Kartenhaus.» Er und andere Augenzeugen waren geschockt. «Die Leute weinten.»

Ein Jugendlicher war gerade unterwegs, um sich etwas zu Essen zu holen, als die Fassade einstürzte. «Ich sah, wie sich das Gerüst ganz oben am Bauwerk löste. Es dauerte etwa zehn Sekunden, dann fielen die oberen Stockwerke wie ein Kartenhaus übereinander. Im vorletzten Stockwerk befand sich ein Mann. Ich sah, wie er abstürzte», so der Teenager zu «24 Heures».

«Generell ist die Sicherheit auf Baustellen katastrophal»

Mehrere Zeugen sagten Keystone-SDA, ein Lastenaufzug sei hinabgestürzt und habe das ganze Gerüst auf der Nordseite des Gebäudes mitgerissen. Eine Angestellte einer Apotheke im Einkaufszentrum berichtete, sie habe einen lauten Krach gehört und eine riesige Staubwolke gesehen. Die Behörden machten zur Ursache und zum genauen Hergang des Unfalls zunächst keine Angaben. Ermittlungen laufen.

Daniel*, der auf einer anderen nahegelegenen Baustelle arbeitet, übt heftige Kritik: «Generell ist die Sicherheit auf Baustellen katastrophal. Arbeitgeber gefährden nicht nur das Leben der Arbeitnehmer, sondern verursachen auch Stress.»

Er macht insbesondere die Versicherungen verantwortlich, die für die Unfallverhütung auf Baustellen zuständig sind: «Wenn sie auf Grossbaustellen wie dieser sein müssen, sind sie nicht da.» Lieber würden Schwarzarbeiter auf Kleinbaustellen gejagt.

«Was passiert ist, ist nicht akzeptabel!»

Umso überraschender ist, dass die Suva, die Schweizerische Unfallversicherung, die Eigentümerin des Gebäudes ist. «Die Situation ist tragisch. Wir sprechen den Familien der Opfer unser ganzes Mitgefühl aus», sagt Suva-Sprecherin Nadia Gendre zu «24 Heures».

Wie es zu der Tragödie kommen konnte, ist noch unklar. «Was, wie, warum: Wir müssen sehen, was von wem nicht richtig gemacht wurde», sagt Gendre weiter. Dass solch ein furchtbarer Unfall ausgerechnet bei einem Gebäude der Suva passiere, sei schrecklich. «Für uns, die wir das ganze Jahr über dafür kämpfen, dass eine solche Tragödie nicht passiert, trifft uns das besonders.» Gendre ergänzt: «Was passiert ist, ist nicht akzeptabel!»

Unfallort neben Stadion vom HC Lausanne

Der Unfall geschah bei der Baustelle von Malley Phare. Mit diesem Bauprojekt soll der westliche Teil des Einkaufszentrums Malley Lumières um 14 Stockwerke erhöht werden. Es ist der erste Holzturm in der Westschweiz mit einer aktiven Photovoltaik-Fassade.

Das Gebäude befindet sich neben der Vaudoise-Arena, dem Stadion des HC Lausanne. Diese wurde für das Publikum gesperrt. Stattdessen wurden dort Verletzte versorgt und Personen psychologisch betreut, die einen Schock erlitten hatten.

Die Vaudoise Arena ist seit Montag wieder geöffnet, das Einkaufszentrum, die Tiefgarage und die Geschäfte können gemäss Mitteilung ab Mittwochmorgen wieder teilweise öffnen. Auch der Strassenzugang sowie der Zugverkehr werde ab Mittwochmorgen wieder hergestellt.

Es sei noch zu früh, um sich zur Unfallursache zu äussern, teilt die Kantonspolizei Waadt weiter mit.

* Namen bekannt

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