Zank zwischen Maienfeld GR und Flumserberg SG
Heidi, sie wollen dich beidi

Die berühmteste Romanfigur der Schweiz geht fremd: Heidi bekommt in Flumserberg SG ein neues Daheim. 100 Millionen Franken fliessen dort in einen Megathemenpark. Das Bündnerland bleibt auf der Strecke.
Publiziert: 06.03.2017 um 15:06 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 00:40 Uhr
Marco Latzer

Im Heididorf in Maienfeld GR herrscht Katerstimmung. Seit bekannt wurde, dass der Originalschauplatz der Heidi-Geschichten von Johanna Spyri (1827–1901) Konkurrenz aus dem Kanton St. Gallen bekommt. In Flumserberg SG soll für 100 Millionen Franken so etwas wie ein Disneyland der Alpen entstehen.

Heididorf-Betreiber Hans-Jörg Müntener (68) ärgert sich: «Wir Bündner schimpfen uns einen Tourismuskanton. Und doch sind wir so blind und blöde, um das Potenzial von Heidi nicht zu erkennen!»

Angetrieben vom Kanton St. Gallen, haben sich dem Megaplan mächtige Partner wie Coop und Implenia angeschlossen. Sie planen Heidi-Bespassung auf höchstem Niveau – in einem zeitgemässen Themenpark.

Ärgert sich über die Bündner: Hans-Jörg Müntener, VR-Präsident des Heididorfs in Maienfeld GR.
Foto: Siggi Bucher
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Haben Bündner Heidi zu stiefmütterlich behandelt?

Müntener und sein Maienfelder Heididorf bewegen sich in einer anderen Dimension. Sie sind privat organisiert und nicht auf Gewinn aus. Und an jeder Ecke gibt es Hürden: «Es ist wahnsinnig frustrierend. Bei all unseren Vorhaben herrscht der pure Amtsschimmel. Auch kleine Bauvorhaben verzögern sich bei uns im Heididorf um Jahre.»

Besonders ärgerlich: Noch vor wenigen Jahren wollten die Bündner ein ähnliches Projekt wie die St. Galler im Skigebiet Grüsch-Danusa hochziehen. «Die Idee scheiterte schon früh, weil dafür ein paar Bäume gefällt werden sollten. Kurz darauf wurde am gleichen Ort dann eine Strasse gebaut. Das war dann natürlich wieder kein Problem!», sagt Hans-Jörg Müntener verbittert.

Sein Fazit: Graubünden hat nie um seine prominenteste Werbefigur gekämpft – und Heidi viel zu oft stiefmütterlich behandelt.

Marke Heidi zieht bei asiatischen Gästen

Diesen Eindruck teilt Hans Peter Danuser (69). Der legendäre Kurdirektor von St. Moritz GR liess 1979 nach einer Asienreise die Marke Heidi schützen: «Als ich mit der Idee für ein Heidiland zurückkam, wurde ich von den Einheimischen ausgelacht!»

Doch Danuser punktete mit seiner Strategie – vor allem international. «Seit Heidi haben wir in St. Moritz asiatische Gäste!» Später wurde das Thema aufgegeben, weil der Kurort mondäner sein wollte. Im Bündnerland setzte danach niemand mehr auf die Kultfigur.

Von der Romanfigur zu einer Markenikone

Nur deshalb entstand 1997 zwischen Pizol SG und Flumserberg die Ferienregion Heidiland. Jetzt trägt sie das Megaprojekt begeistert mit. Direktor Björn Caviezel (40) reibt sich die Hände. Er rechnet mit 200'000 Besuchern pro Jahr. Mindestens.

Dass Heidi dadurch zur St. Gallerin wird, stört ihn überhaupt nicht: «Dem Gast ist es letztlich egal, wo die Kantonsgrenze verläuft. Wir müssen diese Chance packen, um unsere Region weiterzubringen!»

Und was wird aus dem «echten», ursprünglichen Heididorf in Maienfeld? «Im schlimmsten Fall haben wir weniger Tagesgäste – aber wir werden kämpfen!», sagt Hans-Jörg Müntener trotzig.

Er und sein Dorf bekommen ganz unromantisch zu spüren, was aus Heidi geworden ist: ein Millionengeschäft um ein kleines Mädchen.

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