Weil der Zürcher Kellner im Juni über 200'000 Franken Umsatz machte
Anh Duc Vu (23) verdiente 16'500 Franken in einem Monat!

Unglaubliche 16'500 Franken hat der Spitzenkellner Anh Duc Vu (33) im Juni verdient. Im System des Gastrounternehmers Michel Péclard sind solche Traumlöhne möglich – wenn der Umsatz stimmt.
Publiziert: 27.08.2023 um 19:59 Uhr
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Aktualisiert: 29.08.2023 um 17:29 Uhr
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Beat MichelReporter

Als Antwort auf den Fachkräftemangel hat der Gastrounternehmer Michel Péclard (55) im Service auf Umsatzlöhne umgestellt. Sieben bis acht Prozent ihres Umsatzes kassieren die Kellner in den Sommermonaten. Die «NZZ am Sonntag» hat darüber berichtet. Der Kellner Anh Duc Vu (33) vom Restaurant Mönchhof am Zürichsee in Kilchberg ZH soll es im Juni auf sagenhafte 16'500 Franken gebracht haben. Blick sprach mit dem Österreicher mit vietnamesischen Wurzeln über den astronomischen Lohn. Wie ist das möglich?

«Der April und Mai waren verregnet, die Leute hatten im Juni darum viel nachzuholen. Es war ein toller Monat», erklärt Vu seinen Lohn. Er ist bereits seit dem Sommer 2019 beim Mönchhof Kellner – und will auch nicht so schnell wieder weg. Er schwärmt: «Einerseits motiviert mich natürlich das Geld, das ich verdienen kann, aber wichtig sind auch die tollen Arbeitsbedingungen. Ich habe einen grosszügigen und korrekten Arbeitgeber», so Vu.

Angestelltenzimmer, Lohn trotz Pandemiepause

Der Kellner erinnert sich gerne an den Start in Kilchberg: «Man hat mir mit den Papieren geholfen, und ich konnte in einem Angestelltenzimmer wohnen, als ich keine Wohnung fand.» Auch als Corona die Branche lähmte, liess ihn das Restaurant nicht hängen: «Obwohl wir fast ein Jahr zu Hause rumhingen, erhielten wir den Lohn. Das ist nicht selbstverständlich», sagt Vu.

Der Kellner Anh Duc Vu (33) hat im Juni 16'500 Franken verdient, weil er im Restaurant Mönchhof in Kilchberg über 200'000 Franken umgesetzt hat.
Foto: Zvg
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Ausserhalb der Hochsaison im Sommer verdienen die Kellner einen Mindestlohn. «Dafür haben wir mehr Trinkgeld», sagt Vu. «Im Sommer haben wir 200 bis 300 Gäste pro Tag zu bedienen, im Winter sind es etwa 30. Wir können uns für die Gäste mehr Zeit nehmen, das zahlt sich aus.» Im Schnitt über das ganze Jahr verteilt kommt er nach eigenen Angaben schätzungsweise auf einen Lohn von 10'000 Franken pro Monat.

Verliert das Unternehmen aber nicht an Substanz, wenn so hohe Löhne gezahlt werden? Michel Péclard winkt ab. «Nein, wir profitieren alle. Die Mitarbeiter werden mit der Beteiligung so stark motiviert, dass wir auf allen Ebenen zugelegt haben», sagt der Inhaber von Pumpstation Gastro, zu dem auch das Restaurant in Kilchberg gehört. «Wir hatten Anfang Jahr recht Angst, dass es schiefgeht. Doch die Befürchtungen waren unnötig. Der Umsatz ist um 30 Prozent gestiegen, während die Personalkosten im Verhältnis um vier Prozent gesunken sind. Unter dem Strich haben wir massiv zugelegt.»

Positive Bilanz

Der aktuelle Sommer hat so gut eingeschenkt, dass Peclard bei dem System mit der Umsatzbeteiligung bleiben wird. «Wir hatten 70 Prozent weniger Reklamationen von Gästen, plötzlich sind keine Angestellten mehr krank. Wir können querbeet nur positive Entwicklungen vermelden», sagt der Gastro-Papst. «Durch die Beteiligung wirkt jeder so mit, als ob er für sein eigenes Business arbeite», fasst Péclard zusammen.

Gastrosuisse sieht Potenzial

Gastrosuisse-Präsident Casimir Platzer sieht in dem Modell Potenzial. Er sagt gegenüber der «NZZ am Sonntag» mit Blick auf den Fachkräftemangel: «Umsatzlöhne können ein Ansatz sein.» Es eigne sich aber nicht für alle Betriebstypen – etwa weniger für Selbstbedienungsrestaurants. Kritisch äussert sich die Gewerkschaft Unia: «Es ist kein Modell, dass ausgeweitet werden sollte», so Gewerkschafter Philipp Zimmermann. Es stelle sich die Frage: Werden die Angestellten angemessen am Erfolg beteiligt – oder wälzt der Gastronom sein unternehmerisches Risiko ab?

Unternehmer Michel Péclard ist von seinem System überzeugt. Er hofft, dass der Erfolg auch andere Gastronomen überzeugt. Er sagt: «Kellner und Köche verdienen ein positiveres Image. Dass ein Koch arbeitet, wenn andere frei haben, oder dass man im Service nichts verdient, das ist ein falsches Bild. Tatsache ist, alle reissen sich um Köche und Kellner. Sie machen einen Topjob und sollen entsprechend verdienen.»

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