Zürcher Milieufigur vermisst
Hat ein türkischer Drogenclan Gislers Vertrauten beseitigt?

Was passierte mit dem 46-jährigen D.K.? Im rätselhaften Fall des Verschwindens der Zürcher Milieu-Figur führt eine Spur zu einem türkischen Drogenclan.
Publiziert: 27.08.2023 um 00:11 Uhr
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Aktualisiert: 29.08.2023 um 12:09 Uhr
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Lisa AeschlimannReporterin & Blattmacherin

Seit dem 27. Juli fehlt von D. K.* jedes Lebenszeichen. Der 46-Jährige ist einer der engsten Vertrauten von Roland Gisler (59), dem umtriebigen Wirt des Lokals Neugasshof im Zürcher Kreis 5. Wie SonntagsBlick vor einer Woche publik machte, gehen die Ermittler davon aus, dass er entführt und getötet wurde.

Gisler will den Montenegriner zuletzt am 27. Juli gesehen haben, dem Tag seines Verschwindens. D. K. sei um 16.43 Uhr beim Neugasshof ins Auto des Türken A. M.* (39) gestiegen – laut Gisler ohne Gepäck. Er habe lediglich einen grossen Schlüsselbund und sein Handy dabeigehabt. 

Um 18.08 Uhr setzte der 46-Jährige sein letztes Lebenszeichen ab: Er versuchte, Gislers Bruder, der in Montenegro lebt, zu erreichen. Als dieser gegen 20 Uhr zurückrufen will, ist D. K.s Handy bereits ausgeschaltet.

Milieu-Beizer Roland Gisler (l.) und der mutmasslich getötete D.K. Sie waren enge Vertraute.
Foto: Siggi Bucher
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A. M. hatte ihn offenbar nach Olten SO gebracht – wo nur ein paar Wochen später eine Grossrazzia den Fall erstmals öffentlich werden liess. Der Türke soll Bekannten später gesagt haben, dass er D. K. dort aussteigen liess.

Cannabishandel

Der 39-jährige A. M. ist in der Szene kein Unbekannter: Er gehört offenbar zu einem Clan, der unter anderem mit Cannabis handeln soll. Er habe früher selbst im Neugasshof gedealt und sei zeitweilig Mitglied der Hells Angels gewesen.

Laut SonntagsBlick-Informationen kontrolliert der Clan vier Hanfplantagen in der Schweiz, eine davon in Egerkingen SO, eine in Olten, wo die Polizei am 18. August bei einer Mega-Razzia nach mutmasslichen Tätern im Fall D. K. suchte. 

Auf Videos von «Züri Today» ist zu sehen, wie Polizisten Hanfpflanzen beschlagnahmen und zu Einsatzfahrzeugen tragen. Beim Einsatz soll auch A. M.s Cousin verhaftet und befragt worden sein.

Ehemaliger Türsteher

A. M. selbst, für den die Unschuldsvermutung gilt, war einst Türsteher in einem Rotlicht-Club der Zürcher Agglomeration. Gemäss Handelsregister führte er mit einem Freund eine Consulting-Firma, die offenbar gut lief: Sein Geschäftspartner zeigt sich in den sozialen Medien mit Markenkleidern, teuren Autos und auf Luxus-Trips nach Dubai. A. M. soll sich mit seiner Familie ins Ausland abgesetzt haben.

Streiten sich hier zwei verfeindete Drogenclans? Laut Berichten in Tamedia-Zeitungen soll D. K. seit 2020 rund eine halbe Million Franken aus illegalen Geschäften nach Montenegro transferiert und dort gewaschen haben. D. K. und manche seiner Geschäftspartner «hätten sich gegenseitig bestohlen», wird ein anonymer Insider zitiert.

Die Zürcher Staatsanwaltschaft bestätigt lediglich, dass der Einsatz in Olten wegen eines «möglichen Delikts gegen die Freiheit» erfolgt sei. Dazu gehören Straftatbestände wie Drohung, Nötigung, Freiheitsberaubung und Entführung. Dieses Verfahren sei noch am Laufen. Es werde in alle Richtungen ermittelt. Und weiter: «Zur Identität des Opfers» mache man aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes und des Untersuchungsgeheimnisses keine Angaben. 

* Namen der Redaktion bekannt 

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