«Ein Terroranschlag auf das friedliche Zusammenleben in dieser Stadt»
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Mario Fehr über Messerangriff:«Ein Terroranschlag auf das friedliche Zusammenleben»

15-jähriger IS-Anhänger greift Juden (50) an – Sicherheitsvorsteher Fehr spricht von «Terroranschlag»
«Er wollte gezielt einen Juden töten»

Am Samstagabend hat ein Jugendlicher einen orthodoxen Juden in Zürich mit einem Messer attackiert und schwer verletzt. Am Montagnachmittag informierten die Behörden zum Fall. Der Zürcher Sicherheitsdirektor Mario Fehr sprach von einem «Terroranschlag».
Publiziert: 04.03.2024 um 13:44 Uhr
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Aktualisiert: 04.03.2024 um 17:53 Uhr
04.03.2024, 16:34 Uhr

Zusammenfassung Medienkonferenz

Nach dem Angriff auf einen jüdisch-orthodoxen Zürcher hat Sicherheitsdirektor Mario Fehr (parteilos) am Montag bekannt gegeben, dass vom mutmasslichen Täter ein Bekennervideo existiert. Fehr bestätigte dessen Echtheit und sprach von einem Terrorakt. 

Beim Verdächtigen handelt es sich um einen 15-jährigen Schweizer mit tunesischem Migrationshintergrund. Er wurde im Jahr 2011 eingebürgert. Nicht bekannt geben wollte Fehr mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen, ob der mutmassliche Täter den Behörden bekannt gewesen sei, und ob diese wüssten, wie er radikalisiert worden sei. 

Mit Blick auf das jugendliche Alter des Tatverdächtigen sprach Fehr davon, dass der Anschlag Diskussionen um eine Verschärfung des Jugendstrafrechts Vorschub leisten dürfte. Es müssten Mittel geschaffen werden, um einen solchen Täter «dauerhaft aus dem Verkehr ziehen zu können». 

Schutzmassnahmen für Juden erhöht

Fehr bezeichnete die Tat wiederholt als «feiges Attentat» und als «terroristischen Akt». «Jemand wurde einzig und allein wegen seiner Religionszugehörigkeit niedergestochen.» 

Das Sicherheitsgefühl der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger sei durch den Angriff erschüttert worden. «Wir werden alles dafür tun, damit sie sich wieder sicher fühlen», sagte Fehr. 

Laut der Zürcher Stadträtin Karin Rykart (Grüne), Vorsteherin des Sicherheitsdepartements, wurden die Schutzmassnahmen für jüdische Einrichtungen in der Stadt umgehend erhöht. Die zusätzlichen Massnahmen sollen so lange wie nötig aufrechterhalten werden.

«Wir werden uns nicht verstecken»

Jonathan Kreutner, der Generalsekretär des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds (SIG), sprach von einem schwerwiegenden antisemitischen Angriff, der nicht nur für Schweizer Verhältnisse, sondern für europäische Verhältnisse insgesamt aussergewöhnlich sei. 

Laut Kreutner galt der Angriff nicht nur dem betroffenen Menschen, sondern auch der freiheitlichen, offenen Schweiz. Antisemitismus betreffe nicht nur die angegriffene Minderheit, sondern die Gesellschaft als Ganzes. «Aber das jüdische Leben wird weitergehen. Wir werden uns nicht verstecken. Angst und Verunsicherung dürfen nicht überhandnehmen, das ist ja das Ziel dieser Terroristen», sagte Kreutner.

04.03.2024, 15:46 Uhr

Täter hat keinen direkten Bezug zu Juden in der Stadt Zürich

Der Täter stammt laut den Behörden nicht aus der Stadt Zürich. «Es wird davon ausgegangen, dass er nicht regelmässig Kontakt mit Jüdinnen und Juden hatte.» Sicherheitsdirektor Mario Fehr geht nicht davon aus, dass er Juden persönlich gekannt hat.

04.03.2024, 15:44 Uhr

«Rettungskräfte haben den Tod des Mannes verhindert»

Laut Kreutner habe das rasche Eintreffen der Rettungskräfte und Passanten ein grösseres Blutbad verhindert. Der Täter habe zuvor noch weitere Personen bedroht. «Sie haben etwas Schlimmeres verhindert.»

04.03.2024, 15:39 Uhr

«Jugendliches Alter bei diesem Mordversuch ist erschreckend»

Jetzt geht es um das Alter des Täters. Fehr spricht von keinem vergleichbaren Fall. «Eine solche Enthemmung wie bei diesem Mordversuch haben wir noch nicht gesehen.» Das Bekennervideo des Täters bezeichnet Fehr als authentisch.

Politisch müsse man in Zukunft die Diskussion führen, ob die Höchststrafe für Jugendliche angehoben werde. Denn: Bei einem Mordversuch liege die Höchststrafe laut Fehr bei vier Jahren Haft. 

04.03.2024, 15:27 Uhr

«Er wollte gezielt einen Juden töten»

Andreas Moschin, Chef der Zürcher Sicherheitspolizei, spricht von einer «allgemeinen Zunahme von Messerattacken im Kanton Zürich». Dies bestätigt auch Karin Rykart von der Stadt Zürich. «Wir stellen bei persönlichen Kontrollen häufiger Messer fest. Personen greifen häufiger zu einem Messer, wenn es um Konfliktbewältigung geht.»

Fehr stellt jedoch klar: «In diesem Fall ging es aber konkret darum, einen Juden zu töten. Das war nicht eine Tat im Ausgang. Ein Mensch wollte gezielt einen Juden töten.»

04.03.2024, 15:26 Uhr

Wurde der Täter über die sozialen Medien radikalisiert?

Wie genau der Täter radikalisiert wurde, sei Gegenstand der Ermittlungen. Das Video, das den Täter zeigt, werde überprüft. Fehr schliesst nicht aus, dass der Täter im Internet radikalisiert wurde, es könne aber auch im persönlichen Umfeld geschehen sein. 

04.03.2024, 15:23 Uhr

Regierungspräsident Fehr: «Alle sollen in unserer Gesellschaft so leben können, wie sie das wollen»

Mario Fehr macht noch einmal deutlich, wie sehr ihm eine offene, tolerante Gesellschaft am Herzen liegt: «Es sei wichtig, dass alle in der Gesellschaft so leben können, wie sie wollen.» Er werde zusammen mit seinen Partnern alles dafür tun, um die Freiheit für alle Bürger sicherzustellen. 

04.03.2024, 15:17 Uhr

SIG-Generalsekretär: «Hass auf jüdische Menschen hat völlig neues Niveau erreicht»

Jonathan Kreutner, SIG-Generalsekretär, darf als Nächtes sprechen: «Hass auf jüdische Menschen hat völlig neues Niveau erreicht.» Die Tat sei von aussergewöhnlicher Brutalität. Nicht nur für die Schweiz, sondern für ganz Europa, sagt Kreutner. «Es war eines der schwersten Hassverbrechen, das je in der Schweiz passiert ist.» Zum Opfer sagt er: «Es geht ihm besser, aber seine Verletzungen sind sehr ernsthaft.» 

Für Kreutner ist trotzdem klar: «Das jüdische Leben wird weitergehen. Wir werden uns nicht verstecken, sonst wäre das Ziel dieser Terroristen erfüllt.»

04.03.2024, 15:16 Uhr

Taskforce «Naher Osten» reaktiviert – Stadtpolizei führt «stehende Bewachungen» durch

Die Stadtpolizei Zürich gründete im Herbst 2023 eine Taskforce «Naher Osten». Nach der Messerattacke wurde diese wieder aktiviert. Jüdische Institutionen werden wieder stehend bewacht und es wird häufiger patrouilliert. 

Der Chef der Sicherheitspolizei des Kantons Zürich, Andreas Moschin, spricht von einer «schweren Gewalttat». Stadt, Kanton und Bund arbeiten stark daran, extremistische Tendenzen durch Prävention einzugrenzen.

04.03.2024, 15:12 Uhr

«Das Sicherheitsgefühl der Juden ist beschädigt»

Karin Rykart, Sicherheitsvorsteherin der Stadt Zürich, spricht der Familie des Opfers ihr Beileid aus. Sie betont, dass das Engagement für die Sicherheit von Juden nach dem Attentat erheblich verstärkt wurde. «Das Sicherheitsgefühl der Juden ist beschädigt.»

Nach der Messerattacke in Zürich-Selnau ist die jüdische Community in der Stadt verunsichert. «Ich bin immer davon ausgegangen, dass derartige Angriffe in der Schweiz nicht passieren», sagte Gemeindemitglied Sepp Grün (45) am Sonntag zu Blick. Die Sicherheitsmassnahmen für jüdische Einrichtungen in der Stadt Zürich wurden kurz nach dem Vorfall verstärkt.

Am Montagnachmittag um 15 Uhr informieren Stadt und Kanton Zürich zur Sicherheitslage. Neben dem kantonalen Sicherheitsdirektor Mario Fehr (65) und Karin Rykart, Vorsteherin des Sicherheitsdepartements der Stadt Zürich, werden auch Andreas Moschin, Chef der Sicherheitspolizei des Kantons, und Daniel Stein, Chef der Einsatzabteilung der Stadtpolizei Zürich, der Presse Rede und Antwort stehen. Für die jüdische Community wird SIG-Generalsekretär Jonathan Kreutner (45) sprechen.

Am Samstagabend hatte ein Jugendlicher (15) einen orthodoxen Juden mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt. Die Tat schockiert die Schweiz. Das Opfer (50) ist mittlerweile ausser Lebensgefahr. Aber: Der Mann muss bis auf weiteres intensiv betreut werden.

Ein orthodoxer Jude wurde am Samstagabend bei einem Messerangriff in Zürich lebensbedrohlich verletzt.
Foto: BRK News
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Viele Fragen zum Täter offen

Zum Täter sind noch viele Fragen offen. Wie die «Weltwoche» berichtet, soll es sich beim Jugendlichen um einen eingebürgerten Schweizer mit tunesischen Wurzeln handeln, der sich hierzulande radikalisierte. Auf Anfrage von Blick bestätigt die Medienstelle der Jugendstaatsanwaltschaft diese Informationen nicht. Man erteile diesbezüglich keine Auskünfte.

Hier wird der mutmassliche Täter verhaftet
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Leservideo zeigt Moment:Hier wird der mutmassliche Täter verhaftet

Es bleibt vorerst auch unklar, ob der mutmassliche Täter bereits wieder auf freiem Fuss ist, oder sich noch in Haft befindet. Auch zur Frage, ob ein Antrag auf Untersuchungshaft gestellt werden könnte, äusserte sich die Oberjugendanwaltschaft des Kantons Zürich mit Verweis auf das laufende Verfahren am Montagmorgen nicht. (nad)

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