Buhrufe im Kaufleuten
Sorgten Prostituierte für Radau bei Schwarzer?

Eine Frauengruppe hat am Sonntagabend eine Podiumsdiskussion zum Islam mit der Feministin Alice Schwarzer (73) massiv behindert. Wer waren die Aktivistinnen?
Publiziert: 06.09.2016 um 08:36 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 06:55 Uhr
Alice Schwarzer (73) wurde bei einer Podiumsdiskussion im Zürcher Kaufleuten ausgebuht.
Foto: imago stock&people

Sie liessen alte deutsche Schlager laufen und rezitierten Stellen aus Alice Schwarzers Buch «Der kleine Unterschied» aus den 70er Jahren: Noch immer ist unklar, wer die rund fünfzehn Frauen waren, die am Sonntagabend eine Diskussionsrunde zum Islam mit der Feministin Alice Schwarzer (73) gestört hatten.

Was wollten die Aktivistinnen? Und wieso suchten sie sich ausgerechnet ein Podium im Zürcher Kaufleuten aus, das «Toleranz, Islam und westliche Werte» diskutieren sollte? Darüber kann auch Corina Freudiger, Leiterin Kaufleuten Kultur, bisher nur rätseln.

Zwar seien die Frauen konservativ gekleidet gewesen und hätten Hochdeutsch gesprochen, weshalb vermutet wurde, dass es sich um Evangelikale handeln könnte. Allerdings seien auch zwei junge Frauen darunter gewesen, von denen eine «einen kurzen Jeansjupe» getragen habe. 

Dass die Aktivistinnen ausserdem ein Buch von Schwarzer aus den 70er Jahren thematisierten, könnte auch darauf hinweisen, dass es sich um einen Streit unter Feministinnen handle, so Freudiger.

«Krudes» Vokabular

«Damit haben wir nicht gerechnet»: Saïda Keller-Messahli (59).
Foto: KEYSTONE/Christian Beutler

Eine andere Vermutung hat Saïda Keller-Messahli, die Präsidentin des Forums für einen fortschrittlichen Islam, die am Sonntag ebenfalls auf dem Podium sass. Wie der «Tages-Anzeiger» heute schreibt, geht Keller-Messahli davon aus, dass es sich um Prostituierte oder vielleicht auch «ehemalige oder Sozialarbeiterinnen aus diesem Umfeld» gehandelt hat. 

So hätten die Frauen gezielt Sätze in die Menge gerufen, bei denen es um weibliche Sexualität geht. «Etwas, das evangelikale Aktivistinnen eher nicht tun würden», so Keller-Messahli gegenüber der Zeitung. «Wenn es sich um Gläubige gehandelt hätte, dann hätte sich deren Kritik bestimmt auch gegen mich oder den Islam gerichtet.» Zudem hätten die Frauen ein «krudes» Vokabular benutzt, das eher dem Milieu als dem Gottesdienst entstamme. «Damit haben wir nicht gerechnet. Eher mit Störungen aus islamistischen Kreisen», sagt sie.

Tatsächlich ist Keller-Messahlis Vermutung nicht so weit hergeholt, wie es zunächst scheint. Schliesslich wurde Alice Schwarzer, die sich für ein Verbot der Prostitution ausspricht und diese mit Sklaverei vergleicht, in der Vergangenheit immer wieder von Prostituierten angegriffen. Auch Prominente und Verbände kritisierten Schwarzer diesbezüglich. (gr)

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