Der Zürcher ergaunerte Millionen, dann stürzte er ab
Das Leben von Diamanten-Sami (†78) hat die Schweiz bewegt

Ein Edelstein-Diebstahl brachte Otto Sami (†78) seinen Spitznamen ein. Im Zürcher Milieu bekannt wegen seines extravaganten Lebensstils – bei der Polizei als notorischer Gefängnisausbrecher. Nun ist Diamanten-Sami gestorben.
Publiziert: 22.05.2024 um 00:03 Uhr
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Aktualisiert: 22.05.2024 um 08:27 Uhr
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Helena SchmidReporterin

«Millionen, Frauen und Rennpferde» – so überschrieb Otto Sami, besser bekannt als Diamanten-Sami, seine Memoiren. 47 Jahre ist das her. Sami war damals 32 Jahre jung und hinter Gittern, wegen Diebstahls und Vermögensdelikten.

Publiziert wurden die Memoiren nie. Doch seine gloriosen Gauner-Geschichten schafften es immer wieder in die Schlagzeilen. Seit seiner letzten Verurteilung 2006 las man nichts mehr von ihm. Am 8. Mai dieses Jahres ist Otto Sami im Alter von 78 Jahren gestorben. Was ist aus seinen Millionen, seinen Frauen, seinen Rennpferden geworden?

Die Millionen

Den ersten Coup landet Otto Sami noch vor seinem 30. Geburtstag. Im deutschen Weil am Rhein bei Basel stiehlt er 1973 mehrere Papiersäckchen mit Edelsteinen. Die erhofften Diamanten stellen sich später als weitaus weniger wertvolle Smaragde heraus – trotzdem bleibt der Spitzname Diamanten-Sami hängen.

Otto Sami als 31-Jähriger – wegen eines Edelstein-Diebstahls zwei Jahre zuvor war er als Diamanten-Sami bekannt.
Foto: Blick

Ein Jahr nach dem Diebstahl wird er zu 33 Monaten Gefängnis verurteilt. Er haut nach Spanien ab, um die Osterfeiertage an der Sonne zu verbringen, wie er nach seiner freiwilligen Rückkehr ins Gefängnis erklärt.

Nach seiner ersten Verurteilung brach Otto Sami aus dem Knast aus, um mit seiner ersten Frau Susi W. zu verreisen.
Foto: Blick
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Wenige Wochen später flüchtet er wieder. Den Grund nennt er dem Sonntagsblick drei Monate später in Paris, wo er sich im teuersten Bezirk der Stadt versteckt: Seine zukünftige Frau Susi W., Coiffeuse aus Zürich, «rothaarig, schlank und 23 Jahre alt».

Die erste Frau

Er lebe von Pferdewetten, erzählt er weiter. Und: «Ich habe schon recht gut Französisch gelernt!» Am Ende des Interviews verspricht Sami: «Ich stelle mich.»

Und hält Wort. Sami verabschiedet sich Tags darauf von Susi W. mit einem Strauss Rosen. Zu Blick sagt er: «Dieses Mädchen hat mich dazu gebracht, mein bisheriges Leben aufzugeben.» Er fährt in den Aargau, um sich dort der Polizei zu stellen.

Im Mai 1976 gewährt man ihm Hafturlaub, um zu heiraten. Doch Diamanten-Sami kehrt nicht in Strafanstalt Lenzburg zurück, sondern verreist für seine Flitterwochen lieber auf Mallorca. Erst im September kann ihn die Polizei erneut verhaften.

Indes ermittelt die Justiz in einem zweiten Fall gegen ihn: Er soll in eine Betrugsaffäre verwickelt sein. 1977 wird er schuldig gesprochen, das Gericht verlängert seine Haftstrafe.

Die Rennpferde

Ende der 70er kommt er schliesslich frei. Mit seiner zweiten Frau betreibt er einen Pferde-Rennstall in der Zürcher Forch – holt sich Hausangestellte, fährt in noblen Autos vor, richtet Partys aus.

25. März 1975: Otto Sami bricht zum ersten Mal aus dem Solothurner Gefängnis Oberschöngrün aus, wo er eine Haftstrafe wegen seines Edelstein-Raubes verbüsste.
Foto: Blick
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Anfang 1989 verlässt er mit seiner Familie fluchtartig sein Haus in Esslingen ZH. Die Polizei begreift: Sami hatte über die Jahre hinweg mindestens 50 Autos geleast und weiterverkauft. Knapp ein halbes Jahr später wird er in der Dominikanischen Republik verhaftet.

Absturz ins Drogengeschäft

Während er auf den Gerichtsprozess wartet, will Diamanten-Sami sein extravagantes Leben fortsetzen. Doch weil ihm das Geld fehlt, steigt er ins Drogengeschäft ein: Zwischen 1991 und 1993 soll er elf Kilo Kokain in Umlauf gebracht haben. Er verdiente damit bis zu 4300 Franken am Tag. Bis ihn die Polizei festnimmt.

Doch ähnlich wie Sami scheinen die Zürcher Behörden wenig gelernt zu haben. Und so flieht er noch während der Untersuchungshaft: Die Ermittler hatten ihn für eine Hausdurchsuchung an seinen Wohnort mitgenommen. Sami springt vier Meter aus dem Fenster und haut mit seinem grauen Mercedes 500 SE ab.

Eineinhalb Jahre später stellt er sich der Polizei. «Das Heimweh nach Schnee trieb ihn zurück in die Schweiz», schreibt Blick 1996. Wegen des Betrugs mit den geleasten Autos und des Kokainhandels wird er zu 8,5 Jahren Gefängnis verurteilt.

Beziehungen zerstört

Seine zweite Ehe geht in die Brüche. «Diese Trennung war mein grösster Fehler», so Otto Sami in einem späteren Gerichtsprozess. An Silvester 2003 lernt er eine zweifache Mutter kennen. Nach zwei Monaten Beziehung will sie sich von ihm trennen.

Sami, gekränkt und wütend, sucht sie im März 2004 in einem Sportcafé in Kloten auf. Mit dabei: eine Schrotflinte des Typs «Pump Action». Er schiesst, verletzt seine Ex-Geliebte am Oberarm und der Wange.

2006: Vor Gericht erscheint er in schwarzer Lederjacke, mit Luxusuhr am linken, Goldkette am rechten Handgelenk. Sein Image als schillernder Gentlemen-Ganove nehmen die Gerichtspsychiater auseinander: Sie attestieren ihm verschiedene Persönlichkeitsstörungen und eine leicht verminderte Zurechnungsfähigkeit. Wegen versuchter vorsätzlicher Tötung und Gefährdung des Lebens wird er zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt.

Verlustscheine eröffnet

Seitdem ist Diamanten-Sami aus den Schlagzeilen verschwunden. Von seinem Vermögen sind zwei Verlustscheine übrig, einer davon über eine Summe von 115'000 Franken.

Nach dem Knast zieht er mehrmals um, lebt zuletzt in einem Mehrfamilienhaus in Opfikon ZH – zwischen Autobahn und Flughafen, ohne Pferdestall. Eine Traueranzeige seiner Angehörigen gibt es bislang nicht. Er soll in Schlieren begraben werden, dem Wohnort seiner Kindheit.

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