Fahrer freigesprochen
Bub (11) im Bus eingeklemmt und 90 Meter mitgeschleift

Vor fast zwei Jahren kam es in Zürich-Affoltern zu einem dramatischen Unglück. Ein Kind (11) wurde im Bus eingeklemmt und 90 Meter mitgeschleift. Der Chauffeur wurde nun freigesprochen.
Publiziert: 04.12.2020 um 12:44 Uhr
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Aktualisiert: 05.12.2020 um 17:39 Uhr
An dieser Haltestelle in Zürich kam es zum Unfall. (Symbolbild)
Foto: Google maps
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Ein elfjähriger Bub wollte für eine Frau den Bus aufhalten und hielt seinen Fuss rein. Trotz Sensor schloss sich die Tür und das Kind wurde 90 Meter bei 28 km/h mitgeschleift. Jetzt stand der 54-jährige Chauffeur vor Gericht. Er war wegen fahrlässiger Körperverletzung angeklagt, berichtet «20 Minuten».

Passiert ist der Vorfall im Februar 2019 an der Haltestelle Einfangstrasse in Zürich-Affoltern. Als der Fünftklässler aus dem Bus ausstieg, bemerkte er, wie eine Frau auf diesen zurannte. Das Kind versuchte, mit seinem Fuss die Tür aufzuhalten.

Der Fahrer bemerkte den Elfjährigen offenbar nicht und auch der Sensor reagierte nicht, wie er sollte. Das Unglück nahm seinen Lauf. Der Chauffeur beschleunigte auf 28 km/h. Der Bub wurde auf dem Rücken mitgeschleppt. Erst als eine Frau im Bus Alarm schlug, bremste der Bus nach rund 90 Metern.

Bub erlitt Schürfungen

Nun wurde der Fahrer freigesprochen. Der Richter bezeichnete es als «Riesenglück», dass nicht mehr passiert ist. Der Elfjährige erlitt beim Unfall lediglich Schürfungen oberhalb des Steissbeins und am Gesäss. Angesichts der Tatsache, dass er 90 Meter mitgeschleift worden sei, hätten die Verletzungen viel stärker sein können, so der Richter.

Die Staatsanwaltschaft warf dem Chauffeur vor, vor dem Abfahren den Blick in den rechten Rückspiegel unterlassen zu haben. Sonst hätte er ja gesehen, dass bei der hintersten Türe etwas nicht gestimmt habe.

Der Anwalt des Chauffeurs argumentierte jedoch, dass die Haltestelle in einer Linkskurve liege. Der Chauffeur habe das 18 Meter weit entfernte Ende seines Gelenkbusses deshalb gar nicht sehen können. Zudem habe ihm das System nicht gemeldet, dass etwas nicht gestimmt habe. Die Türen seien alle korrekt verschlossen gewesen, sonst hätte der Chauffeur ja gar nicht abfahren können.

Der Schweizer, der seit zwanzig Jahren als Chauffeur arbeitet, verweigerte vor Gericht jegliche Aussage. Allerdings nicht, weil ihm sein Anwalt aus taktischen Gründen dazu geraten hätte. Sondern vielmehr, weil er «erschüttert und überfordert» war.

Das Kind muss seither wegen des Knies und des Rückens nach wie vor in die Therapie, schreibt «20 Minuten». Warum der Klemmschutz nicht funktionierte, ist unklar. (man/SDA)

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