Grösster Skandal am Unispital seit Jahrzehnten
Anonyme Gruppe wollte Spital-Chef Tötungsdelikt anhängen

Der Leiter der Herzklinik am Unispital Zürich stand im Verdacht, den Tod eines Patienten verursacht zu haben. Beschuldigt wurde er von einer anonymen Gruppe. Offenbar ein Versuch, den Arzt loszuwerden.
Publiziert: 30.06.2023 um 13:09 Uhr
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Aktualisiert: 30.06.2023 um 14:52 Uhr

Er sollte als neuer Leiter der Herzklinik Ruhe ans Universitätsspital Zürich (USZ) bringen. Doch dann geriet der Herzchirurg Paul Vogt (66) selbst ins Visier einer üblen Attacke. Er wurde 2020 beschuldigt, für den Todesfall eines Seniors am USZ verantwortlich zu sein. Dieser hatte nach einem schwierigen Eingriff eine lebensgefährliche Komplikation erlitten – Vogt war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr im Haus gewesen, weil er zu einem Notfall gerufen wurde. Darum sei der Senior am Ende verstorben und Vogt Schuld am Tod.

Hinter dem schlimmen Vorwurf steckte eine anonyme Gruppe. Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen fahrlässiger Tötung. Mit dem Ergebnis: Der Verdacht war unbegründet, wie der «Tagesanzeiger» berichtet. Ein Gutachten eines deutschen Medizinprofessors stellte klar, dass der Senior auch gestorben wäre, selbst wenn Vogt im OP-Saal gewesen wäre. Niemand hätte das Leben des Mannes retten können. Doch der Ruf von Vogt war da schon beschädigt. Und: Das war kein Einzelfall.

Strafanzeige wegen Urkundenfälschung und Datenbeschädigung

Recherchen des «Tagesanzeigers» zeigen: Vogt ist nicht das einzige Verleumdungsopfer von anonymen Tätern. Die Vereinigung, die sich «Honest Falcon» nennt, hatte es auf einen weiteren USZ-Angestellten abgesehen.

Der Leiter der Herzklinik am Unispital Zürich Paul Vogt stand im Verdacht, den Tod eines Patienten verursacht zu haben. Eine anonyme Gruppe hatte Strafanzeige gegen den Arzt eingereicht.
Foto: Sobli
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Hintergrund waren Vorwürfe, die 2019 gegen Vogts Vorgänger, Francesco Maisano (56), laut wurden. Federführend war ein leitender Arzt, der in der Herzklinik unter Maisano arbeitete. Der Mediziner übergab der Spitaldirektion ein Dossier. Darin enthalten war eine Liste an Vorwürfen gegen seinen Chef. Maisano soll bei der Einpflanzung von Implantaten seine Interessen über die Gesundheit der Patienten gestellt und gegenüber Behörden falsche Angaben gemacht haben. Das USZ reichte Strafanzeige wegen Urkundenfälschung und Datenbeschädigung ein, Maisano wurde beurlaubt.

«Honest Falcon» schoss sich auf den Whistle-Blower-Arzt ein – und beschuldigte stattdessen ihn, als Mediziner zu pfuschen: «Ich sehe jeden Tag, wie er Patienten umbringt», heisst es in einer E-Mail an Personen aus der Zürcher Politiklandschaft. Maisano sei unschuldig und der beste Mann für den Job. Brisant: Zu diesem Zeitpunkt hatte die Öffentlichkeit noch keine Ahnung von der Affäre. «Honest Falcon» versuchte auch die Politik einzuspannen. Das Verfahren gegen den Herz-Chef wurde nach umfassenden Ermittlungen schliesslich eingestellt.

Details aus OP-Bericht landeten in der «Weltwoche»

Da Maisano aber bereits beurlaubt war, geriet Interimschef Paul Vogt als Nächstes ins Visier von Maisanos Anhängern. Plötzlich tauchten sensible Informationen rund um den Tod des verstorbenen Seniors in der «Weltwoche» auf. Vogt wurde vorgeworfen, nicht erreichbar gewesen zu sein. Dann folgt die erwähnte Strafanzeige. Ob «Honest Falcon» dahintersteckte, ist unklar. Doch die Gruppe könnte eine Chance darin gesehen haben, Maisano mit der Kampagne gegen Vogt ins Amt zurück zu hieven.

Gegenüber dem «Tagesanzeiger» spricht Vogt derweil von einem «politischen Manöver» gegen seine Person. Er glaubt, dass verschiedene Parteien, ihn sofort wieder aus seiner neuen Position entfernen wollten. (ene)

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