Neue Regeln in Pfäffikon ZH, nachdem der Dauerdelinquent auf dem Boden schlafen musste
So hat Brian den Knast verändert!

Das Bezirksgericht Zürich hat festgehalten, dass der Dauerdelinquent unter unmenschlichen Bedingungen im Gefängnis Pfäffikon ZH untergebracht war. Dort hat sich nun einiges getan.
Publiziert: 25.03.2021 um 19:32 Uhr
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Aktualisiert: 20.04.2021 um 11:48 Uhr
Marco Latzer

Normalerweise verändert der Knast den Insassen. Im Falle von Brian K., dem wohl bekanntesten Delinquenten der Schweiz, ist es anders rum: Er hat ein Gefängnis verändert.

Als «unzumutbar, menschenunwürdig und persönlichkeitsverletzend» wurden die Haftbedingungen von Brian K.* (25) in Pfäffikon ZH vom Bezirksgericht bewertet. Der als «Carlos» bekanntgewordene K. musste in seiner U-Haft während 20 Tagen auf ohne Matratze auf dem Boden schlafen.

Nebst Duschen und Spaziergängen wurde ihm während einiger Zeit gar die Zahnbürste vorenthalten; aus Angst, er könnte sie als Waffe einsetzen. Aus demselben Grund bekam Dauer-Delinquent Brian zum Essen lediglich belegte Brote vorgesetzt, da man ihm kein Besteck aushändigen wollte.

Unzulässige Haftbedingungen: Weil er aggressiv und renitent war, musste Brian K. in der U-Haft unter anderem während 20 Tagen ohne Matratze auf dem Boden schlafen.
Foto: Screenshot Rundschau SRF
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Nach Brian hat sich der Knast massiv verändert

Mit seiner Klage auf 40'000 Franken Schadenersatz gegen den Kanton Zürich blitzte K. trotz der nicht zulässigen Haftbedingungen ab. Er hätte seine Forderung schlicht früher einbringen müssen.

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Auf das Gefängnis in Pfäffikon hatte der Ärger mit Brian grosse Auswirkungen. Nicht nur musste der damalige Gefängnisdirektor seinen Hut nehmen, inzwischen fand in der Strafanstalt eine komplette Reorganisation der U-Haft statt.

Es existieren nun vier Stufen, die von ihrem Setting her immer mehr Möglichkeiten, Aktivitäten und Bewegungsfreiheit zulassen. «In der Sicherheitsabteilung arbeiten heute nur noch Personen, die speziell für diese herausfordernde Arbeit ausgebildet worden sind», teilt Rebecca de Silva, Kommunikationsleiterin Justizvollzug und Wiedereingliederung, auf Anfrage von BLICK mit.

U-Häftlinge können sich die Haare schneiden lassen

Neu können die Häftlinge schon in der U-Haft Bildungsangebote in Anspruch nehmen, sich Bücher ausleihen und vermehrt Sport treiben. Generell wurde, um Zellenkoller zu vermeiden, die Bewegungsfreiheit erhöht.

Insassen sind nicht mehr nur 23 Stunden eingesperrt, sondern können Mahlzeiten gemeinsam einnehmen. Wer das geöffnete Setting vollumfänglich in Anspruch nimmt, kann seine Zelle gar für über neun Stunden verlassen!

Auch können die Insassen einen Gefängnis-Coiffeur einsetzen, um sich die Haare zu schneiden, und in einem kleinen Laden selber Einkäufe tätigen. Nebst Büchern können in der Stufe 2 auch Puzzles bezogen werden, ab Stufe 3 lässt sich gar eine Spielkonsole mieten. Und es gibt jetzt zusätzliche Besuchsmöglichkeiten am Abend.

Dialog statt Konfrontation

De facto wurden damit nach dem Fall Brian K. die Bedingungen für die U-Haft massiv erleichtert, respektive jenen im regulären Strafvollzug angenähert. «Das neue Konzept hat sich bislang sehr gut bewährt. So gut sogar, dass seit dessen Einführung auf Anfrage hin auch ausserkantonale Insassen, Jugendliche und Frauen aufgenommen werden», sagt Sprecherin de Silva.

Ein grösseres Augenmerk werde zudem einer professionelleren Betreuung gewidmet. Es gibt Gesprächsangebote mit Sozialarbeitenden, Mitarbeitenden des Psychiatrisch-Psychologischen Dienstes und dem Seelsorger. Auch Arbeitstätigkeiten, etwa im Kreativteam oder der Renovationswerkstatt, sind schon in der U-Haft möglich.

Reorganisation kostet den Steuerzahler nichts

«Die zusätzliche Bewegungsfreiheit und Autonomie werden sehr geschätzt. Die Haft ist nur so geschlossen, wie es der Haftzweck erfordert - also nicht strenger als unbedingt nötig, denn in der U-Haft gilt ja die Unschuldsvermutung», sagt Rebecca de Silva.

Wichtig auch: Die Reorganisation der U-Haft sei im Rahmen des regulären Budgets vonstatten gegangen, die Insassen hätten zahlreiche Massnahmen selbst umgesetzt und dabei etwa Wände neu gestrichen. Dem Steuerzahler seien keine zusätzlichen Kosten entstanden.

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