Orchester und Chöre kämpfen um Existenz
Amateure schlagen neue Saiten an

Hohe Mieten gefährden die Zürcher Laienmusiker. Jetzt fordern sie Hilfe von der Stadt.
Publiziert: 28.09.2019 um 23:08 Uhr
«Wenn wir nichts machen, verschwinden immer mehr Orchesterchöre», sagt Beat Meyer, Präsident der neugegründeten IG.
Foto: Siggi Bucher
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Tobias Marti

Zu hohe Mieten und zu wenig Unterstützung durch die Behörden – die Laienmusiker sehen ihre Zukunft bedroht. Fünf Orchester und vier Chöre aus der Stadt Zürich schliessen sich deshalb neu zu einer Interessengemeinschaft (IG) der Amateurmusiker zusammen. Weitere dürften folgen. «Wenn wir nichts machen, verschwinden immer mehr Orchester und Chöre», warnt Beat Meyer, Präsident der neuen IG.

Ein Hauptproblem der Musiker speziell in Zürich sind die Mieten. Bezahl- bare Räume zu finden, wird immer schwieriger. Sorgen machen sie sich jetzt schon im Hinblick auf den ­Advent. Leidenschaftliche ­Laien zeigen dann ihr musikalisches Können in Sälen, ­Kirchen und Aulen. Diese müssen gemietet werden, oft für teures Geld. «Es geht uns um Proberäume, einen Konzertsaal und um explizite Unterstützung der Laienkultur», erklärt Präsident Meyer. Die Forderung der IG an die Stadt ­Zürich: ein Konzertsaal mit 600 Plätzen als neues Zuhause für Hunderte Musiker, etwa in einer umgenutzten Kirche.

Gegenüber den Profis vernachlässigt

Die teuren Mieten für Tonhalle und Konzertsäle sind einer der Gründe für das Defizit von 30'000 Franken, das allein bei der Orchestergesellschaft Zürich (OGZ) jedes Jahr anfällt. Doch das allein wäre für die Musiker nicht mal das Schlimmste. Sie sehen sich gegenüber den Profis vernachlässigt.

Ihr Beitrag für die Gesellschaft sei in Gefahr. Wenn etwa die OGZ im Saal der Kirche Glaubten in Zürich-Affoltern probt, spielen Musikerinnen und Musiker verschiedener Generationen, Herkunftsorte und Schichten in schöner Gemeinschaft – Kitt für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, betonen die Laienmusiker. Das Niveau zu halten, koste zudem einiges, sagt Meyer. So müssten Amateure erst vorspielen, ehe sie aufgenommen würden und ein Auftritt in der renommierten Tonhalle winke. Die Dirigenten seien Profis und verlangten einen üblichen Lohn.

Kommerzielle Veranstalter werden bevorzugt

Dazu kommt der Verdrängungskampf der Freizeitgesellschaft. Die Hobbymusiker bekämen die Tonhalle nur noch zu Randzeiten vermietet, sagt Meyer – etwa dann, wenn das Publikum sowieso ausbleibe, weil gerade Fussball-WM laufe. Gegenüber den Amateuren würden zuerst alle kommerziellen Veranstalter bevorzugt.

«Unser Beitrag zum Kulturleben der Stadt wird zu wenig berücksichtigt», beklagt Andi Hofmann, ­Co-Präsident der IG. Kultur scheint nur noch erwünscht, wenn Veranstalter abkassieren können.

Die Stadt reagiert auf die Anliegen der IG zurückhaltend. Man sei offen für den Austausch, heisst es, die Kulturförderung habe jedoch primär den Auftrag, das professionelle Kulturschaffen in Zürich zu unterstützen.
Der Schlussakkord scheint noch nicht gespielt.

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