«Als ich mich meldete, war der Mitarbeiter geschockt»
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Rentner für tot erklärt:«Als ich mich meldete, war der Mitarbeiter geschockt»

Plötzlich kam keine AHV mehr
Rentner erfährt am Telefon von seinem Tod

Ulrich Frey (74) aus Winterthur ZH überlebte 1979 ein Swissair-Unglück. Jetzt wurde er durch einen Bürokratiefehler für tot erklärt. Doch der Rentner lässt sich nicht unterkriegen.
Publiziert: 10.02.2022 um 00:43 Uhr
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Aktualisiert: 10.02.2022 um 13:13 Uhr
Georg Nopper

Jemand ist tatsächlich verstorben. Doch es ist nicht Ulrich Frey (74) aus Winterthur ZH. Trotzdem: Beim pensionierten Koch und gelernten Käser bleibt im vergangenen Oktober und November plötzlich die AHV-Rente aus.

Frey greift zum Hörer, erkundigt sich bei der Sozialversicherungsanstalt (SVA) des Kantons Zürich nach dem Verbleib des Geldes. «Dort hiess es, ich sei ein Abgang», sagt der Rentner zu Blick. «Ich wollte natürlich wissen, was das bedeutet. Der Mitarbeiter sagte mir, das bedeute, dass ich verstorben sei.»

Folgenschwere Verwechslung

Der Bescheid ist ein Schock für Frey. Der Rentner leidet an einer chronischen Lungenkrankheit und muss künstlich mit Sauerstoff versorgt werden. Ansonsten fühle er sich jedoch gesund, gehe mehrmals am Tag mit seiner Hündin Kira (13) spazieren. «Weshalb sollte ich tot sein? Ich sagte dem SVA-Mitarbeiter, ich sei ja schliesslich am Telefon und riefe nicht aus dem Jenseits an.»

Im vergangenen November bemerkt Ulrich Frey, dass seine AHV-Rente nicht mehr überwiesen wird. Bei der Sozialversicherungsanstalt (SVA) des Kantons Zürich heisst es, er gelte als verstorben.
Foto: Siggi Bucher
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Nur knapp dem Tod entronnen sei er allerdings einst im Oktober 1979, als er ein Flugzeugunglück überlebt habe, erzählt Frey. «Ich sass in der Douglas DC-8 der Swissair, die damals bei der Landung in Athen über die Landebahn hinausrollte und in Brand geriet.» Bei dem Unfall kamen 14 Menschen ums Leben. Frey wurde schwer verletzt.

Wie der «Landbote» berichtet, ist eine folgenschwere Verwechslung der Grund für das Ausbleiben von Freys AHV-Rente. Laut der SVA ist der Fehler zwar nicht bei der Änderung von Personendaten erfolgt, Frey sei insofern also nicht für tot erklärt worden. Doch nach dem Tod einer anderen Person sei aus Versehen die falsche Rentenauszahlung gestoppt worden.

Verstorbene war seine Ex-Frau

Wie konnte das passieren? Bei der verstorbenen Person handelt es sich um Freys Ex-Frau. Die beiden liessen sich vor rund 40 Jahren scheiden und waren längst nicht mehr miteinander in Kontakt. AHV-Dossiers von Eheleuten bleiben im System jedoch auch dann verknüpft, wenn die Ehe geschieden ist. Hier passierte der Fehler: Die zuständige Mitarbeiterin stoppte fälschlicherweise die Rente von Frey anstatt jene seiner Ex-Frau.

Laut der SVA handelt es sich um einen Einzelfall. Es komme eigentlich nie vor, dass Personen fälschlicherweise für tot erklärt würden. Mediensprecherin Daniela Aloisi: «Mir ist kein anderer solcher Fall bekannt, und ich bin jetzt doch schon 20 Jahre bei der SVA Zürich.» Das Versehen sei rasch korrigiert worden, man habe sich zudem entschuldigt.

Tatsächlich wird Frey die Rente nach seinem Anruf bei der SVA wieder überwiesen. «Ich habe auch einen Brief bekommen. Darin war von einem Systemfehler die Rede», sagt der Winterthurer. «Das kann doch nicht sein, Computer machen keine Fehler!» Für Frey ist klar: Das ist eine Ausrede, keine Entschuldigung. «Schon mit dem Wort ‹Abgang› hatte ich Mühe – und jetzt das.» Der Rentner meldet sich erneut bei der SVA und bekommt schliesslich einen zweiten Brief, in dem steht, es habe sich um einen «menschlichen Fehler» gehandelt.

Sie wohnte gleich gegenüber – und er bemerkte nichts

Für Frey kommt durch die Verwechslung auch ein Stück Familiengeschichte zum Vorschein: «Den Kontakt zu unseren beiden gemeinsamen Söhnen habe ich leider verloren.» Dies habe er immer bedauert, sagt der Rentner. Aufgrund der Trennung von seiner Ex-Frau, die nicht im Guten erfolgt sei, sei es für ihn jedoch schwierig gewesen, seine Kinder weiterhin zu sehen. «Irgendwann habe ich es aufgegeben», sagt Frey.

Nachdem er vom Tod seiner Ex-Frau erfahren hatte, fand er in der Zeitung ihre Konkursmeldung – die beiden Söhne hatten das Erbe ausgeschlagen, weil die Verstorbene verschuldet war. In der Konkursmeldung stand auch die Wohnadresse von Freys Ex-Frau. «Sie wohnte zuletzt in einer Pflegewohngruppe gleich schräg gegenüber, keine 200 Meter von meiner Wohnung entfernt.» Es sei schon verrückt, wenn man bedenke, dass er nichts davon bemerkt habe, sagt Frey. «Wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich problemlos rüber.»

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