Seit Jahren «Klima der Angst»
Missbrauchsvorwürfe an der Tanzakademie Zürich

An der staatlichen Ballettschule in Zürich sollen Schülerinnen und Schüler über Jahre von Lehrern erniedrigt und gedemütigt worden sein. Auch körperliche Gewalt sei angewandt worden, heisst es in einem Bericht. Die Schule hat eine Administrativuntersuchung eingeleitet.
Publiziert: 01.06.2022 um 17:07 Uhr
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Aktualisiert: 03.06.2022 um 16:35 Uhr

An der Tanzakademie in Zürich (taZ) herrscht ein Klima der Angst. Das berichtet «Die Zeit». Die Akademie gilt als eine der renommiertesten staatlichen Ballettschulen der Welt. Nun würden aber mehrere Schülerinnen und Schüler berichten, dass sie täglich von unterschiedlichen Lehrpersonen erniedrigt und gedemütigt worden seien. Auch seien mit extremen Gewichtsvorgaben und Bodyshaming bei den Kindern und Jugendlichen Essstörungen provoziert worden. Teilweise sei sogar körperliche Gewalt angewendet worden.

Weiter hätten die Recherchen ergeben, dass zahlreiche angehende Tänzerinnen und Tänzer, die an der Tanzakademie unterrichtet wurden, an Depressionen, Angstzuständen, Mager- und Brechsucht sowie Suizidgedanken litten und dies teilweise nach wie vor tun.

Schule hat Administrativuntersuchung eingeleitet

Die Zeitung hat laut eigenen Angaben in den vergangenen fünf Monaten mit 13 ehemaligen Schülerinnen und Schülern gesprochen, die zwischen 2007 und 2021 die Akademie besuchten.

An der staatlichen Ballettschule in Zürich sollen Schülerinnen und Schüler seit Jahren missbraucht worden sein.
Foto: keystone-sda.ch
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Die Ballettschule ist der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) angegliedert. Die Schule hat auf die Vorwürfe reagiert und lässt die Ballettausbildung untersuchen, wie sie in einer Mitteilung schreibt. Rektor Thomas D. Maier beschloss am 31. Mai, eine Administrativuntersuchung einzuleiten. Mit dieser solle der Sachverhalt durch externe Fachleute vertieft abgeklärt werden. Man erhoffe sich eine lückenlose Aufklärung bis Ende 2022. Vor Abschluss der Untersuchung würden keine weiteren Informationen gegeben.

Wie die «Zeit» schreibt, seien bisher keine personalrechtlichen Massnahmen gegen das Schulleitungsteam ergriffen worden. Die Schule hat eine entsprechende Blick-Anfrage bisher nicht beantwortet.

«Demütigendes, diskriminierendes oder rassistisches Verhalten wird nicht geduldet»

Zudem behauptet «Die Zeit», die Leitung der ZHdK habe seit mehreren Jahren Kenntnis davon, dass Schülerinnen und Schüler an ihrer Hochschule nicht korrekt behandelt werden. Marijke Hoogenboom, Departementsleiterin Darstellende Künste & Film an der ZHdK wird zitiert, ihr seien «die Vorkommnisse an der taZ bekannt, bei denen sich Dozierende gegenüber Schüler:innen in Wortwahl, Ton oder Unterrichtspraxis unangemessen verhalten haben.»

Deshalb habe man «Massnahmen, Regularien und transparente Prozesse zur Qualitätssicherung eingeführt.» Die ZHdK und die taZ duldeten «kein demütigendes, diskriminierendes oder rassistisches Verhalten.» Ihr Reglement definiere die Prozesse, die «allen Angehörigen der Hochschule zur Verfügung stehen, die sich von einem solchen Verhalten betroffen fühlen.»

Die Zeit schreibt allerdings, dass gemäss ihrer Recherchen die Misshandlungen der Kinder und Jugendlichen bis mindestens 2021 angedauert hätten. (vof)

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