Frischgebackene Väter dürften Kinder eigentlich wieder besuchen
Unispital Zürich tanzt aus der Reihe

Seit dem 30. Mai ist das Besuchsverbot in Spitälern nicht mehr gültig. Doch frischgebackene Väter stehen beim Universitätsspital Zürich vor fast verschlossenen Türen. Das Spital will kein Risiko eingehen.
Publiziert: 04.06.2020 um 11:57 Uhr
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Aktualisiert: 02.03.2021 um 10:09 Uhr
Am 30. Mai hob die Gesundheitsdirektion das Besuchsverbot in den Spitälern auf. Endlich dürfen Väter Frau und Neugeborenes nach der Geburt wieder besuchen.
Foto: keystone-sda.ch
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Carla De-Vizzi

Die Coronakrise war nicht leicht für werdende Eltern. Die Väter durften ihren Frauen zwar während der Geburt die Hand halten, mussten das Spital aufgrund der strikten Corona-Massnahmen jedoch nach wenigen Stunden wieder verlassen.

Am 30. Mai hob die Zürcher Gesundheitsdirektion das Besuchsverbot auf. Trotzdem hält man beim Universitätsspital Zürich noch an den Regeln fest. «Ich darf den Vater meines Kindes immer noch nicht zu den Untersuchungen mitnehmen», sagt die hochschwangere Rita S.* (38) zu BLICK. In wenigen Tagen wird sie ihr Kind auf die Welt bringen.

Besuch nur gegen schriftliche Bewilligung

Bei der Geburt dürfe ihr Freund dabei sein, müsse das Spital jedoch – sobald das Kind da sei – verlassen. «Er darf nicht einmal ins Zimmer mitkommen», sagt die Zürcherin enttäuscht. Auch die Chancen auf Besuche danach stünden schlecht: «Für einen Besuch benötigt mein Freund eine schriftliche Bewilligung. Und auch dann darf er nur eine Stunde kommen.»

Die Massnahmen machen für die Schwangere keinen Sinn: «Ich verstehe es einfach nicht. Die Neuinfektionen sind tief, man kann wieder in Restaurants, Demonstrationen werden nicht aufgelöst, aber ein Vater darf sein Neugeborenes nicht sehen?»

Lockereres Regime in anderen Spitälern

Besonders wütend macht es Rita S., dass in anderen Zürcher Spitälern die Väter Frau und Baby besuchen dürfen. So im Stadtspital Triemli und Waid sowie im Spital Zollikerberg. «Im Zollikerberg dürfen die Väter ihre Frauen jeden Tag besuchen.» Wie der Website des Spitals zu entnehmen ist, darf gar eine zweite Person die Frau besuchen.

Als Rita S. sich beim USZ nach den Gründen für die strikten Besuchsregelungen erkundigt, fällt die Antwort mager aus. «Sie konnten es nicht begründen. Das hat mich genervt.»

Generelles Besuchsverbot aufgehoben

Roland Zimmermann (62), Direktor der Klinik für Geburtshilfe am USZ wehrt sich: «Es gelten seitens der Behörden noch immer Regelungen, die Besuche einschränken», sagt er auf Anfrage von BLICK.

Marcel Odermatt (51), Kommunikationsverantwortlicher der Zürcher Gesundheitsdirektion, betont: «Das generelle Besuchsverbot in den Spitälern ist per 30. Mai aufgehoben und in eine Besuchsregelung überführt worden.»

«Die Schleusen komplett zu öffnen, ist sinnlos»

Für Zimmermann steht fest: Spitäler, die weniger restriktive Besuchsregelungen haben, hätten die Sachlage nicht begriffen. «Jetzt die Schleusen komplett zu öffnen, ist nicht Sinn der Sache. Wir wollen schliesslich nicht, dass unsere Wöchnerinnen und Mitarbeitenden krank werden.»

Der Klinikdirektor präzisiert zudem die Regelung für die Besuche gegen schriftliche Einwilligung: «Jede Schwangere erhält beim Eintritt einen Schein, mit dem der Vater oder eine andere ausgewählte Person sie im Wochenbett einmal für eine Stunde besuchen kann.» Ausnahmen seien möglich. «Frauen, die länger als vier Tage bleiben müssen, darf man alle vier Tage besuchen.»

«Schutz der Wöchnerinnen im Zentrum»

Die restriktiven Besuchsregelungen am Unispital begründet Claudio Jörg (48), USZ-Kommunikationsbeauftrager, wie folgt: «Die Besucherregelung stellt den Schutz der Patienten sowie der Wöchnerinnen ins Zentrum.» Hinzukäme, dass das USZ mit über 10'000 Mitarbeitenden und knapp 1000 Betten sehr gross sei. «Je mehr Menschen vor Ort sind, desto schwieriger ist es, die Abstandsregeln und Nachvollziehbarkeit von Kontakten sicherzustellen.»

Rita S. ist enttäuscht. Ihr Kind nächste Woche in einem anderen Spital zu gebären, sei für sie aber keine Option. «Ich habe mich ursprünglich bewusst für das Unispital Zürich entschieden, da ich es eine gute Adresse finde.»

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