Wegen zu wenig Kindern?
Zürcher Scientology-Kita Schlümpfli geschlossen

Sektenmitglieder betrieben eine Kinderkrippe in Zürich – mit Bewilligung der Stadt. Jetzt wurde die Kita geschlossen. Die Hintergründe sind unklar.
Publiziert: 26.04.2024 um 11:07 Uhr
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Aktualisiert: 27.04.2024 um 13:40 Uhr
Auf der Website der Kita wurde die Kinderkrippe als «ein Ort voller Lachen, Abenteuer und Fantasie» beschrieben.
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Johannes HilligRedaktor News

Die Kita Schlümpfli ist nicht mehr. Die Kinderkrippe, die in einem unscheinbaren Bürogebäude in Zürich-Altstetten untergebracht war, wurde geschlossen. Wie das Sozialdepartement der Stadt Zürich bestätigt, hat der Trägerverein der Kita Schlümpfli im März dieses Jahres den Betrieb eingestellt, wie das «SRF Regionaljournal» berichtet. 

Recherchen von Blick hatten aufgedeckt, dass hinter der Kita Anhänger der Scientology-Sekte standen. Die Kinder sollten nicht nur spielen, singen und malen, sondern auch im Geist der Ideologie von Scientology erzogen werden. 

Laufen der Sekte die Anhänger weg?

Die Krippe hatte sogar eine Bewilligung der Stadt. «Die Kita hat eine Betriebsbewilligung, erhält aber keine städtischen Subventionsgelder», sagte Debora Komso, Sprecherin des Zürcher Sozialdepartements, damals zu Blick.

Jetzt werden die Kinder anderweitig betreut. Die genauen Hintergründe für die Schliessung der Kita sind unklar. 

Sektenexperte Georg Schmid, Leiter der evangelischen Informationsstelle Relinfo, vermutet im «Regionaljournal», dass es einfach zu wenig Kinder in der Kita Schlümpfli gab und man deswegen keine Bewilligung mehr braucht. Diese ist ab sieben Kindern vorgeschrieben. Schmid vermutet, dass der Sekte die Anhänger weglaufen. 

Dass weniger Eltern ihre Kinder in die Kita Schlümpfli schicken wollten, bestätigt der Elternverein Schlümpfli nicht. Die Bedürfnisse der Betreuung hätten sich geändert. 

Pädagogik in der Kritik

Scientology sieht sich international seit Jahren mit heftigen Vorwürfen konfrontiert. Die Sekte sei totalitär, antidemokratisch und wer einmal Mitglied ist, finde nur noch schwer hinaus. Die Scientology-Bewegung streitet das ab.

Besonders in der Kritik steht die Pädagogik des mittlerweile verstorbenen Sektengründers L. Ron Hubbard, auf die sich im Handelsregister auch die Zürcher Schlümpfli-Kita berief. «Es ist möglich, ein Kind jeder Altersstufe, nachdem es sprechen gelernt hat, zu auditieren», schrieb Hubbard 1951. Auditing – so nennen die Scientologen eine Art Selbstanalyse unter Anleitung. In oft stundenlangen Psycho-Gesprächen werden Kindern persönliche Fragen gestellt. Beim Auditing erlitten Kinder gelegentlich heftige Schmerzen, so Hubbard. «Sie befreien sich in solchen Fällen von alten Geschehnissen und Bestrafungen.»

Scientology-Sprecher Jürg Stettler will von einem Mitgliederschwund nichts wissen. «Alleine in den letzten Monaten eröffneten 4 grosse Scientology-Zentren weltweit, zuletzt in Paris», so Stettler zu Blick. Die Pädagogik von L. Ron Hubbard sei «sehr kindbezogen».

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