Zürcher IT-Manager wegen Haussklavinnen vor Gericht
Der Sex-Sadist gibt alles zu – aber findet Vorwürfe übertrieben

Ein Schweizer Sex-Sadist hat Frauen mit der Aussicht auf einen Job nach Andelfingen ZH gelockt und danach als Haussklavinnen eingekerkert – zu seinem sexuellen Vergnügen, wie ihm die Anklage vorwirft. Ab heute stehen der IT-Manager und seine Ehefrau vor Gericht.
Publiziert: 17.09.2024 um 07:10 Uhr
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Aktualisiert: 19.09.2024 um 08:20 Uhr
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Daniel JungRedaktor News

Am «Haussklavinnen»-Prozess am Bezirksgericht in Andelfingen ZH muss sich ein Ehepaar unter anderem wegen Freiheitsberaubung von zwei Frauen verantworten. 

In ihrem Haus in der Region Winterthur spielte sich ab Juli 2019 jeden Tag das Gleiche ab: Das Ehepaar liess eine damals 22-jährige Frau aus einem Käfig und wies sie an, das Haus zu putzen. Um 15 Uhr musste die «Sklavin» wieder in den Käfig, um Hotelfach-Stoff zu büffeln.

Danach habe sie für das Paar kochen müssen und sei wieder in den Käfig gesperrt und an Armen, Beinen und am Hals gefesselt worden – das während zehn Monaten. War der Schweizer Mann (46) nicht im Haus, wurde sie von der philippinischen Ehefrau (32) eingeschlossen.

Ein Zürcher Ehepaar aus dem Bezirk Andelfingen ZH muss sich vor Gericht verantworten.

«Sie hat mich kontrolliert, er hat mich dann bestraft»

Ihre «Nachfolgerin», eine damals 30-jährige Frau, erlebte kurz darauf Ähnliches. Sie sagte am Dienstag vor Gericht: «Sie hat mich kontrolliert, er hat mich dann bestraft». Das zweite Opfer blieb nur knapp einen Monat im Haus – bis die Polizei kam. 

Die mitangeklagte Ehefrau hatte zuvor ausgesagt, dass der Mann sie manipuliert habe. Sie habe wirklich selber gedacht, dass das zur Ausbildung von Angestellten gehöre. «Alle denken, ich hätte es merken müssen», sagte sie unter Tränen. Damals sei sie jedoch selbst neu in der Schweiz gewesen.

Sie sei vom Mann finanziell und mental abhängig gewesen. «Ich habe meinem Mann vertraut», betonte sie. Die Staatsanwaltschaft verlangt für die Filipina eine bedingte Freiheitsstrafe von 10 Monaten und einen Landesverweis von 5 Jahren.

Der Ehemann, der mit den zwei nacheinander angestellten «Haussklavinnen» seine ausgeprägte Neigung zur sexuellen Dominanz ausleben wollte, räumte ein, dass er seine Ehefrau manipuliert habe. «Ich habe ihre Naivität ausgenutzt.» 

Er kritisierte, dass sein «Setting» vor Gericht klinge, als habe er ein «Nazi-Regime» aufgezogen, was übertrieben sei. Der Schweizer mit einer narzisstischen Störung hatte die zwei jungen Ausländerinnen mit falschen Versprechungen auf eine Ausbildung in der Schweiz rekrutiert. Er ist unter anderem wegen Menschenhandels und Freiheitsberaubung angeklagt.

Urteil folgt nächste Woche

Der Prozess gegen ihn wird im abgekürzten Verfahren geführt. Erhebt das Gericht den Vorschlag der Staatsanwaltschaft zum Urteil, erhält der Mann eine teilbedingte Freiheitsstrafe von 36 Monaten, wobei er nur 9 Monate absitzen soll. Davon verbüsste er bereits fünf Monate in Untersuchungshaft.

Die Verhandlung wird am Mittwoch fortgesetzt. 

18.09.2024, 15:07 Uhr

Anwalt der Ehefrau fordert Freispruch

Am zweiten Prozesstag im «Haussklavinnen-Prozess» von Andelfingen ZH hat der Anwalt der Ehefrau einen vollen Freispruch gefordert. Sie habe keinesfalls eine «Gefängniswärter-Funktion» gehabt, wie es ihr die Anklage vorwerfe.

Seine Mandantin gebe zu, dass sie «gelegentlich geholfen habe, die Fesseln anzulegen», sagte der Anwalt. Aber nur, wenn ihr Mann nicht da gewesen sei. «Sie tat, was ihr Göttergatte ihr sagte.» Der Anwalt forderte für die Filipina deshalb einen vollen Freispruch.

Urteil wird nächste Woche verkündet

Die Staatsanwaltschaft beantragt wegen mehrfacher Gehilfenschaft zur Freiheitsberaubung eine bedingte Freiheitsstrafe von 10 Monaten, dazu solle sie für fünf Jahre des Landes verwiesen werden.

Zunächst hatte es geheissen, dass das Urteil bereits heute kommen könnte. Jetzt ist klar: Die Urteilseröffnung findet voraussichtlich kommende Woche statt.

17.09.2024, 19:12 Uhr

Verhandlung für heute beendet

Die Befragung des zweiten Opfers ist nun beendet. Gerichtspräsident Thomas Keller vertagt den Rest der Verhandlung auf Mittwoch. Es folgen dann die Plädoyers der Staatsanwaltschaft, der Verteidiger und der Vertreter der Opfer. Ob das Urteil schon morgen eröffnet werden kann, ist noch offen. 

17.09.2024, 19:03 Uhr

«Ich bin jemand, der Regeln befolgt»

In der Befragung hatte die Frau erklärt, dass die erste Woche im Haushalt «Horror» gewesen sei. Heute sagte die Frau, dass das Ehepaar in der ersten Woche nett gewesen sei. «Wie erklären Sie diesen Widerspruch?», fragt eine Opferanwältin. Die Frau sagt: «In der ersten Woche wurden alle Regeln aufgestellt. Das war wahnsinnig viel.» Sie sei aber noch nicht bestraft worden. «Ich bin jemand, der Regeln befolgt», sagt die Frau. Sie habe damals lernen wollen. 

17.09.2024, 18:58 Uhr

Auch weitere Personen wussten Bescheid

«Wussten neben den beiden Eheleuten noch weitere Personen von Ihrem Eingeschlossensein und dem Ertragen der Sanktionen?», fragt der Verteidiger. «Ja», sagt die Frau. Die Eltern des Mannes, zwei oder drei seiner Freunde, eine Nachbarin und eine andere junge Frau hätten davon gewusst, erklärt das Opfer.

«Haben diese Leute nichts dagegen unternommen?», fragt der Anwalt. Die Frau sagt: «Das hat mit der Beziehung des Mannes mit seinen Freunden zu tun.» Viele seiner Freunde seien Schweizer mit Ehefrauen aus den Philippinen. 

17.09.2024, 18:47 Uhr

Interesse an Studium in St. Gallen

Bereits zuvor, im Jahr 2018, hatte sich die Frau für ein Studium in St. Gallen interessiert. Damals kam es zu einem Vorgespräch in einem Kaffeehaus in St. Gallen. 

17.09.2024, 18:45 Uhr

Vor Ankunft Fotos des Hauses gesehen

Nun kommen noch Ergänzungsfragen an das zweite Opfer. Zuerst geht es um die Frage, ob die Frau vor ihrer Ankunft im Zürcher Weinland per Videotelefonie den Käfig gesehen habe. «Der Mann hat mir Fotos des Hauses geschickt – nur Fotos, keine Videos», antwortet die Frau. 

17.09.2024, 18:32 Uhr

Kurze Unterbrechung

Nochmals wird die Verhandlung für zehn Minuten unterbrochen, damit die Verteidiger sich mit den Beschuldigten wegen allfälliger Ergänzungsfragen an das zweite Opfer absprechen können. 

17.09.2024, 18:28 Uhr

Mit den Eltern des Beschuldigten am Tisch

In ihrer Heimat habe sie eine gute Ausbildung absolviert, erklärt die Frau. Zweimal habe die Frau auch mit den Eltern des beschuldigten Mannes im Haus im Zürcher Weinland gegessen. Dort habe sie der Vater über ihre Herkunft ausgefragt. 

17.09.2024, 18:22 Uhr

Richter: «Ich kann das nicht nachvollziehen»

Richter Keller fragt nochmals, wieso die Frau im Haushalt blieb, obwohl sie über genügend Geld für einen Rückflug in ihr Heimatland verfügt habe. «Ich kann das nicht nachvollziehen», so der Richter. «Ich war damals zwar schon 30 Jahre alt, aber ich hatte zuvor noch nie eine Beziehung», sagt die Frau. Sie sei sehr religiös und von ihren Eltern und der Gemeinde streng kontrolliert aufgewachsen. Das Angebot des Mannes aus dem Zürcher Weinland habe sie deshalb stark interessiert – etwas zu lernen und selber Geld zu verdienen. 

17.09.2024, 18:18 Uhr

«Du wusstest es ja»

Bei der ersten Ankunft im Zürcher Weinland musste die damals 30-jährige Frau die Kleider wechseln. Im Badezimmer war die Ehefrau dabei, als sie sich umzog. Sie habe im Haushalt bestimmte Kleider tragen müssen, sagt die Frau. Zunächst habe sie nicht in den Käfig gehen wollen. Die Ehefrau habe dazu gesagt: «Du wusstest es ja.»

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