Deshalb lassen sich immer mehr Jugendliche zu Landwirten ausbilden
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Über 3700 pro Jahr:Deshalb machen immer mehr Junge die Landwirt-Lehre

Gerangel um Bauernhöfe
Zu viele Bauern, zu wenig Betriebe

Mehr und mehr Junge möchten Landwirt werden, doch die Anzahl Bauernhöfe nimmt laufend ab. Das führt zu Problemen.
Publiziert: 31.10.2021 um 13:32 Uhr
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Aktualisiert: 01.11.2021 um 05:51 Uhr
Camilla Alabor

Jedes Jahr hören ein paar Hundert Bauern in der Schweiz auf: Sie verkaufen ihre Kühe, verpachten ihre Felder, trennen sich von ihren Traktoren. Zählte die Schweiz im Jahr 2000 noch rund 70'600 Bauernhöfe, waren es im vergangenen Jahr nur noch 49'400.

Dieser Wandel hin zu weniger, dafür grösseren Betrieben, ist von der Politik gewollt. Gleichzeitig nimmt die Anzahl Lernender, die eine Landwirtschaftsausbildung machen, zu. Das Resultat: Jene, die nicht den Hof ihrer Eltern übernehmen können, haben nach der Ausbildung oft Schwierigkeiten, einen passenden Betrieb zu finden.

Sei es, weil die Jungbäuerinnen nicht über das nötige Kleingeld verfügen – für viele Bauern ist der Verkauf des Hofs ein wichtiger Beitrag an ihre Altersvorsorge –, weil die abtretende Familie auf dem Hof wohnen bleiben möchte und die Jungbauern mit dem angrenzenden Dorf Vorlieb nehmen müssten, oder weil das Angebot und die Nachfrage nicht übereinstimmen.

Die Arbeit mit Tieren und der Natur gefällt: Die Anzahl Lernende, die Landwirt werden möchten, nimmt zu.
Foto: Thomas Meier
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Denn es ist nicht unbedingt so, dass es zu wenige Höfe gibt. Vielmehr gibt es zu wenige Höfe an attraktiven Lagen. So haben insbesondere Bauern im hintersten Bergtal Schwierigkeiten, einen Nachfolger zu finden: die harte Handarbeit am Hang schreckt frisch diplomierte Landwirte eher ab. Gleichzeitig gibt es einen Run auf jene Betriebe, die sich an guter Lage befinden.

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Für Quereinsteiger fast unmöglich, einen Hof zu kaufen

Der Grünen-Nationalrat Kilian Baumann (40) möchte das Bauernhof-Sterben aufhalten. «Meiner Meinung nach ist es problematisch, dass immer mehr Betriebe verschwinden», sagt der Berner, der als Landwirt tätig ist. Diese Entwicklung führe dazu, dass ein paar wenige Bauern immer mehr Land bewirtschafteten. Für Quereinsteiger sei es dagegen fast unmöglich, einen Hof zu kaufen.

Er werde deshalb einen Vorstoss einreichen, damit sich die Rahmenbedingungen für Quereinsteiger verbesserten und die Direktzahlungen ab 75'000 Franken progressiv abgestuft würden, so Baumann. «Das heisst: Grossbetriebe würden weniger Steuergelder erhalten. Die Gelder, die damit frei werden, sollen stattdessen kleinen Betrieben zugutekommen.»

Baumann hofft auf Support auch von der anderen Seite des politischen Spektrums, schliesslich beschäftigt der Strukturwandel Landwirte von links bis rechts.

Tatsächlich macht sich auch SVP-Nationalrat Erich von Siebenthal (62) Sorgen angesichts des stetigen Rückgangs der Betriebe. «Das führt in Richtung einer Industrialisierung der Landwirtschaft», kritisiert der Bergbauer. Den Vorschlag, die Direktzahlungen ab 75'000 Franken progressiv zu kürzen, findet er dennoch falsch.

Es gebe auch kleine Betriebe, die über dieser Schwelle lägen, sagt von Siebenthal. Sein Lösungsansatz ist ein anderer: «Meiner Meinung nach müsste es bei den Direktzahlungen eine Abstufung nach Einkommen und Vermögen geben: Riesige, vermögende Betriebe sollen nicht die vollen Beiträge erhalten.» Das freigespielte Geld will auch er an kleinere Höfe verteilen.

Bei der Problemanalyse herrscht also politische Einigkeit – bei der Suche nach Lösungen noch nicht so ganz.

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