Übrigens – die SonntagsBlick-Kolumne
Das Ei des Kolumbus

Der Super Bowl in Las Vegas vor Wochenfrist hat gezeigt, in welche Richtung sich der Sport bewegt. Die Kolumne von Reporter Felix Bingesser.
Publiziert: 18.02.2024 um 19:06 Uhr
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Aktualisiert: 18.02.2024 um 20:16 Uhr

Entdecker Christoph Kolumbus wird nach seiner Rückkehr aus Amerika im Jahr 1493 bei seinem Empfang vorgehalten, es sei ein Leichtes gewesen, die Neue Welt zu entdecken, das hätte jeder gekonnt. Daraufhin verlangt Kolumbus von den anwesenden Personen, ein gekochtes Ei auf der Spitze aufzustellen. 

Es werden viele Versuche unternommen, aber niemand schafft es, diese Aufgabe zu erfüllen. Man ist davon überzeugt, dass es eine unlösbare Aufgabe ist, und Kolumbus wird gebeten, es selbst zu versuchen. Daraufhin schlägt er sein Ei mit der Spitze auf den Tisch, sodass sie leicht eingedrückt wird und das Ei stehen bleibt. Als die Anwesenden protestieren, dass sie das auch gekonnt hätten, antwortete Kolumbus: «Der Unterschied ist, meine Herren, dass Sie es hätten tun können, ich hingegen habe es getan!»

Von Football und dem eierförmigen Spielgerät hat Kolumbus noch nichts geahnt. Jetzt ist am letzten Sonntag das Ei beim 58. Super Bowl aus den Händen von Quarterback Patrick Mahomes derart magistral durch die Luft gesegelt, dass die ganze Welt den Atem angehalten hat. In Las Vegas, dem Epizentrum der Spass- und Unterhaltungsbranche. In diesem gigantischen künstlichen Spielerparadies, das wie ein Silikon-Busen in der Wüste klebt. 

Das Spektakel rund um den Super Bowl symbolisiert die Kommerzialisierung im Sport, meint Blick-Reporter Felix Bingesser.
Foto: Thomas Meier
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Die Amerikaner haben in einer pathetisch-patriotisch-emotionalen fünfstündigen Inszenierung das Big Business Sport erneut in neue Dimensionen katapultiert. Fünf Stunden Show für geschätzte zehn Minuten reine Spielzeit und einen Umsatz im zweistelligen Milliardenbereich. Stars und Sternchen, grosse Gefühle und Tränen, Glitzer und Glamour. Die Dichte an Prominenten im Stadion ist grösser als die Dichte von aufrechten Eidgenossen bei der Albisgüetli-Tagung der SVP. 

Wer die Kommerzialisierung des Sports greifbar machen möchte, der schaue den Super Bowl an. Marketing und Big Business sind Erfindungen der Amerikaner.

Und sie überlassen den weltweiten Sport nicht nur den Chinesen, den Oligarchen und den Ölscheichs. Sie verstehen den Sport längst als universelles Marketinginstrument, vielleicht auch ein wenig als geopolitisches Vehikel. Und sie sind derzeit daran, auch in der kleinen Schweiz Fuss zu fassen.

Die Grasshoppers, der FC Lugano, aber auch Yverdon sind in amerikanischen Händen. Und Vorboten davon, dass die Big Player im Sport ihre Fühler in alle Ecken und Enden dieser Welt ausstrecken. Was genau sie mittel- und langfristig bei GC, in Lugano oder in Yverdon planen, das ist nach wie vor auch etwas rätselhaft. Zwischen einem Heimspiel im Stade Municipal in Yverdon und dem Super Bowl in Las Vegas klafft ja doch eine ordentliche Lücke.

Aber was die Amis unter Sport verstehen, hat die Sause in Las Vegas eindrücklich gezeigt. Man mag das mögen oder nicht. Aber so sieht die Zukunft des Sports aus. Und wenn die Amerikaner im Schweizer Sport investieren, ist das durchdachter, systematischer und nachhaltiger als das Engagement von Geldwäschern und Scharlatanen, die es in den letzten Jahrzehnten im Schweizer Fussball auch gegeben hat. 

Bei aller Globalisierung bleibt: Der Super Bowl ist das Mass der Dinge.

Und Football ist das Ei des Kolumbus.

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