Box-Legende über Tauben, Europa-Tournee und Joshua
Tyson zeigt BLICK sein Reich

Er war ganz oben, er war ganz unten. Jetzt hat sich Mike Tyson erholt – und will seine Geschichte erzählen. BLICK hat ihn davor zuhause in den USA besucht.
Publiziert: 09.04.2018 um 23:42 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 01:45 Uhr
Box-Legende Mike Tyson zeigt BLICK sein Reich.
Foto: L.E. Baskow
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Emanuel Gisi, Las Vegas

Wer zu Mike Tyson (51) will, muss auf der Liste stehen. Der Mann mit dem Dynamit in den Fäusten, jüngster Schwergewichts-Champ aller Zeiten, lebt heute in einer geschlossenen Wohnanlage in Henderson, Nevada. 20 Autominuten von Las Vegas entfernt, Aussicht auf den Strip. Wen «Iron Mike» vorher nicht angemeldet hat, der schafft es am Aufpasser am Eingang nicht vorbei. Doch ist das Wachhäuschen einmal passiert, geht es schnell. Zweimal abbiegen, dann taucht links Tysons Haus auf.

«Ich liebe die Wärme hier», schwärmt der New Yorker, weisses T-Shirt, kurze Hose, über seine Wahl-Heimat. Er lehnt sich im weissen Ledersofa zurück. Der Blick geht auf den Swimmingpool vor dem Fenster, rechts an der Wand steht vor dem Cheminée ein gerahmter Handschuh von Box-Legende Joe Louis, auf dem Sims darüber reihen sich die Tennis-Trophäen von Tochter Milan (9).

«Ich habe einen Falken gefangen»

«Ich habe in New York auch noch eine Bleibe. Aber hier bin ich öfter. Ich mag es nicht, wenn es kalt ist, dann tut mir alles weh: Die Knie, die Schultern.» Der Preis für 58 Schwergewichts-Kämpfe als Profi. Ein Trost: Tysons Gegner dürften sich noch mieser fühlen. Der Ex-Boxer grinst: «Da könnten Sie recht haben.»

Tyson hat es an diesem Tag sowieso nicht leicht: Am Vortag musste er, der seinen Widersachern früher das Gebiss per Fausthieb neu richtete, sich einen Zahn ziehen lassen. Unter Vollnarkose, weil er Angst vor dem Zahnarzt hatte. Noch ist er etwas mitgenommen vom Eingriff.

Und dann wollte auch noch jemand seinen Tauben an den Kragen. «Ich habe einen Falken gefangen», erzählt Tyson. Der hatte es auf den Taubenschlag abgesehen, der im Garten der Villa steht. «Drei Tauben hat er getötet, dann ist er in der Falle hängengeblieben. Da habe ich ihn rausgeholt. Dass es ihn nachher zum Abendessen gibt? Das halte ich für ein Gerücht.» Seit Jahrzehnten züchtet Tyson Tauben, sie sind die grosse Konstante in seinem Leben. Für sie legt er sich auch mit den Nachbarn an: Nicht alle hier freuen sich über seine Tiere.

Dabei hat er eigentlich wichtigeres zu tun: In ein paar Tagen geht er auf Europa-Tournee, die ihn am 20. April auch nach Zürich führt. Auf die muss er sich vorbereiten, zusammen mit dem Moderator Pietro Polidori übt er in seiner Villa. «Die Leute sollen mich kennenlernen, herausfinden, was ich für ein Mensch bin», sagt der Mann, der sich früher als «Baddest Man on the Planet» bezeichnete. «Ich bin nämlich ein ganz normaler Typ. Ich will den Leuten zeigen, warum ich so bin, wie ich bin.»

An Material wird es ihm nicht mangeln. Vom Aufwachsen in übelsten Verhältnissen, ohne Vater, geschlagen von der Mutter, über seinen kometenhaften Aufstieg im Boxring, seine Abstürze, Sex-Orgien, drei Jahre im Gefängnis, 300 Millionen verprasste US-Dollar, acht Kinder, drei Ehen, den Ohr-Biss gegen Evander Holyfield und seine Auftritte in den «Hangover»-Filmen – mehr als abendfüllend.

Die Preise für «Hangover» stehen bei den WM-Gürteln

Zuletzt ist die Skandal-Akte nicht mehr länger geworden. Ein Verdienst von Kiki, Tysons dritter Ehefrau, sagen die, die ihn gut kennen. Von Drogen und Alkohol lässt er die Finger, die Finanzen scheinen wieder halbwegs im Lot. Provozieren liess sich der Mann, der mit 12 Jahren bereits 38-mal verhaftet worden war, eine Weile nicht mehr.

Eine Meinung hat er trotzdem. Über seine Nachfolger an der Weltspitze im Schwergewicht etwa. «Sie sind für die heutige Zeit ganz gut», sagt er schelmisch und zeigt auf seinen prall gefüllten Trophäenschrank. Dort liegen WM-Gürtel, Pokale, sein Mantel, in dem er zum Mega-Fight gegen Leon Spinks einlief, ein Foto mit seinem verstorbenen Trainer und Ersatzvater Cus D’Amato – und ein Emmy und ein Golden Globe, die es für «The Hangover» gab. «Haben sonst nicht viele Schwergewichts-Weltmeister im Schrank, oder? Das sind meine Lieblingstrophäen, weil sie nichts mit Boxen zu tun haben.»

Er wird ein bisschen wehmütig, wenn er von früher spricht. «Wir hatten grosse Kämpfe, auch wenn sie oft früh endeten», sagt Tyson, einst bekannt für seine Blitz-Knockouts. «Die Fights heute dauern zu lange. Die Typen sind zu langsam, weil sie so gross und schwer sind. Grosse Jungs sind keine guten Fighter.»

Der Beste im Moment? «Wohl Anthony Joshua, der Junge aus England. Aber seinen letzten Fight fand ich nicht gut, da hat er zuwenig gemacht.» Und sonst? «Tyson Fury mag ich, nicht nur wegen seines Vornamens. Wenn er seinen Kopf wieder in den Griff bekommt, rechne ich mit ihm.» Es wäre noch ein Tyson, der sein Leben wieder im Griff hat.

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