Delegierter schiesst zurück
Präsi-Rücktritt beim Boxverband schlägt hohe Wellen

Weil Swiss Boxing dem Verband IBA erneut beigetreten ist, erklärte der langjährige Präsident Andreas Anderegg den Rücktritt. Jetzt wehrt sich ein Delegierter gegen die Vorwürfe und schiesst scharf. Der neue Präsident erklärt Blick derweil seine Ziele.
Publiziert: 22.08.2023 um 22:05 Uhr
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Aktualisiert: 23.08.2023 um 06:33 Uhr
Björn Lindroos

Wie Blick am Sonntag berichtete, trat Andreas Anderegg (66) nach 17 Jahren als Präsident von Swiss Boxing zurück. Dies, weil an der Delegiertenversammlung des Verbandes beschlossen wurde, dass man in die von russischen Entscheidungsträgern geführte International Boxing Association (IBA) zurückkehrt. Für Anderegg aufgrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ethisch nicht vertretbar.

Daraufhin meldeten sich Delegierte von Swiss Boxing. Ein Präsident eines Schweizer Boxklubs und somit auch Delegierter bei Swiss Boxing erklärt die Situation nun aus der anderen Perspektive. Zu seinem Schutz will der Klubpräsident namentlich nicht genannt werden.

Bewusster Entscheid oder Kommunikationsfehler?

«Der Verbandsrat hat über die Köpfe der Delegierten entschieden», sagt er im Gespräch mit Blick zum «völlig überhasteten» Entschluss im Juni, die IBA zu verlassen. Diese hätte zuerst auch noch eine Statutenänderung zufolge gehabt. Bei der dann eingeforderten Versammlung habe sich nun gezeigt: «Rund 70 Prozent der Delegierten haben für eine Rückkehr in die IBA abgestimmt.»

Boxklub-Präsident schiesst zurück: Den Rückzug aus der IBA hätte man über den Kopf der Delegierten hinweg entschieden. (Symboldbild)
Foto: freshfocus
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Blick konfrontiert den zurückgetretenen Präsidenten Andreas Anderegg mit den Anschuldigungen: «Das war eine Kommunikationspanne», sagt er dazu. «Wir haben uns dafür bereits mehrmals auf allen Kanälen entschuldigt.» Dass ein solcher Austritt nur von der Delegiertenversammlung beschlossen werden kann, wisse auch Anderegg. Dies zeige laut ihm auch die damals publizierte Mitteilung des Verbandsrats – «unter der Bedingung der nachträglichen Genehmigung durch die Delegiertenversammlung.»

Schweizer Boxer brauchen internationalen Vergleich

Doch warum wollen die Boxklubs überhaupt zurück in die von Russen geführte IBA? Der Delegierte erklärt: «Nationen wie Deutschland, Frankreich oder Italien befinden sich ebenfalls weiter in der IBA. Und seit dem Austritt im Juni wurden Schweizer Boxer von sämtlichen internationalen Turnieren der IBA ausgeschlossen.» Ein internationaler Vergleich, den die Schweizer Boxer aber dringend benötigen würden.

«Der Entscheid war rein politisch orientiert und nicht sportlich», erzählt der Delegierte weiter. «Für uns steht immer der Sport im Vordergrund, deshalb haben wir so entschieden.» Generell seien die Delegierten strikt gegen jegliche Art von Krieg und Diskriminierung. Auch den russischen Angriffskrieg würde man natürlich nicht gutheissen, jedoch sei dies zum aktuellen Zeitpunkt aus sportlicher Sicht für die Boxklubs und ihre Athleten der einzig sinnvolle Entscheid.

Nur alle vier Jahre eine GV

Und der Delegierte holt noch weiter aus. Bei Swiss Boxing laufe nämlich schon seit einigen Jahren einiges falsch. «Obwohl die Boxklubs jedes Jahr ihre Mitgliederbeiträge zahlen müssen, dürfen sie nur alle vier Jahre abstimmen.» Jedoch bräuchte man eine Generalversammlung jedes Jahr, meint er.

Ein Affront, der Anderegg überrascht: «Es gab zwar auch schon Anträge für eine jährliche DV, die wurden von den Delegierten aber klar abgelehnt, zuletzt 2021.» In den Statuten von Swiss Boxing stehe zudem, dass eine Delegiertenversammlung alle vier Jahre stattfindet. 

Neuer Präsident will engeren Dialog

Verbessern soll sich die Kommunikation unter dem neuen Präsidenten, Amir Orfia. Der ehemalige Amateur-Boxer sagt gegenüber Blick, er wolle zu allen Mitgliedern einen engeren Dialog etablieren, um die Bindung zu stärken. Er sehe seinen Ansatz aber als ergänzend an. Denn Anderegg habe «17 Jahre lang wesentlich zum Verband beigetragen».

Brisant: Bisher arbeitete Orfia als Projektmanager ausgerechnet bei der IBA. Diesen Job hat er jetzt aber gekündigt: «Ich habe meine Position bei der IBA umgehend verlassen, um jeglichen Interessenkonflikt zu vermeiden.» Dass sein bisheriger Arbeitgeber von russischen Entscheidungsträgern geführt wurde, habe Orfia nie gestört: «Während meiner Amtszeit bei der IBA war es mein Hauptziel, der Boxgemeinschaft zu dienen, unabhängig von politischen Zugehörigkeiten.» 

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