Übrigens – die SonntagsBlick-Kolumne
Das Verbrechen an Billy Collins

Vor 40 Jahren erlebte der Boxsport eine seiner schwärzesten Stunden. Die Kolumne von Reporter Felix Bingesser.
Publiziert: 16.06.2023 um 10:27 Uhr
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Felix BingesserReporter Sport

In wenigen Tagen jährt sich zum 40. Mal eines der schändlichsten und niederträchtigsten Verbrechen in der Geschichte des Sports.

Madison Square Garden in New York, das Mekka des Boxsports. Es ist der 16. Juni 1983. Der 22-jährige aufstrebende Billy Collins jr. trifft auf den erfahrenen, in Puerto Rico geborenen Luis Resto. Man erwartet ein Spektakel und will vor allem diesen talentierten Collins sehen. Im Publikum sitzen Legenden wie Muhammad Ali und Floyd Patterson. 20'000 Leute sind da.

Billy Collins kommt aus Nashville. Er wird von seinem Vater trainiert und hat alle seine bisherigen vierzehn Profikämpfe gewonnen, elf durch Knock-out. Er ist ein Versprechen für den Boxsport. «Die irische Goldmine» nennen sie den Mann, der sich in kurzer Zeit von ganz unten nach ganz oben geboxt hat. Jetzt kann er sich gegen Resto für einen WM-Kampf qualifizieren. Eine lösbare Aufgabe.

Billy Collins jr. (links) kassiert harte Schläge von Luis Resto. Dieser hat betrogen mit manipulierten Handschuhen und Gipsbandagen.
Foto: Zvg
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Es kommt anders. Schon nach der ersten Runde ist Collins schwer gezeichnet. «Dad, er ist viel stärker, als ich dachte», sagt er in der Ringecke. Sein besorgter Vater will das Handtuch werfen. Der Kämpfer Billy schüttelt den Kopf.

Polsterung aus Handschuh entfernt

Das Drama nimmt seinen Lauf. Mit jeder Runde werden die Verletzungen von Collins schlimmer. «Dad, es fühlt sich an, als habe er Steine in den Handschuhen», klagt Billy. Wieder will der Vater das Handtuch werfen. Wieder schüttelt Billy den Kopf.

In der letzten Runde schlägt Resto weiter zu. Collins ist stehend k. o., fällt aber nicht. Sein Gesicht sieht aus wie eine geplatzte Melone, er sieht kaum mehr etwas. Und er sagt später, dass er sich an das Ende des Kampfs nicht mehr erinnern könne.

Nach Kampfende geht Resto in die Ringecke von Collins. Papa Collins greift an den Handschuh von Resto. Er ist steinhart. «Inspektor, Inspektor, die Polsterung ist aus den verdammten Handschuhen raus», schreit er.

Schockierendes Verbrechen entlarvt

Die Funktionäre gehen mit Resto und seinem Trainer Carlos «Panama» Lewis, der zusammen mit der Wettmafia viel Geld auf einen Sieg seines Schützlings Resto gesetzt hat, in die Kabine. Billy Collins wird ins Krankenhaus gefahren. Dort stellen die Ärzte eine unheilbare Schädigung des Sehnervs fest. Es wird im prophezeit, dass er auf einem Auge erblinden werde und nie wieder boxen könne.

In den Katakomben des Madison Square Garden wird das schockierende Verbrechen entlarvt. Die Hälfte der Polsterung von Restos Boxhandschuhen ist entfernt worden. Die Bandagen an den Händen sind vor dem Kampf mit Gips präpariert worden. Es hat sich nicht nur angefühlt wie Schläge mit Steinen, es waren Schläge mit Steinen. Luis Resto und sein Trainer werden lebenslang gesperrt.

Collins' Leben nahm ein tragisches Ende

Billy Collins jr. hilft das nicht. Sein Leben ist zerstört. Sein Vater macht sich schwere Vorwürfe, Billy flüchtet sich in den Alkohol. Am 6. März 1984, kein Jahr nach dem Kampf, steuert der alkoholisierte und von Depressionen geplagte Collins sein Auto in ein Flussbett. Und nimmt sich das Leben.

Bei der Beerdigung hält seine Schwester unter Tränen die Abschiedsrede. «Selbst wenn man ihn bricht und misshandelt, wird er niemals als Verlierer gehen», sagt sie.

Auf dem Grabstein steht: «Irish Billy Collins. A great fighter.»

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