Dinos Check
Schwalbe von Hölzenbein – der totale Frust

Grosse Momente der Sportgeschichte – da weiss heute noch jeder, wo er damals war und wer dabei war. Oder etwa nicht?
Publiziert: 09.03.2021 um 14:38 Uhr
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Aktualisiert: 14.04.2021 um 18:30 Uhr
Dino Kessler

Wann immer Sportfanatiker ins Schwärmen geraten (möglicherweise spätabends, wenn gerade nicht Pandemie ist), werden irgendwann die ganz grossen Geschichten ausgebreitet. Ereignisse, die sich einen festen Platz im Gedächtnis gesichert haben: Man wird nie vergessen, wo man in diesem Moment war und wer mit dabei war.

Als die Schweiz bei der Fussball-WM 1994 gegen die USA 1:1 spielt, flimmern bald Bilder von O.J. Simpsons Flucht im weissen Ford Bronco über den Bildschirm. 60 Streifenwagen hinterher, wir in Trimmis bei Thomas Locher im Vorgarten beim Grillfest (den Hintergrund der Verfolgungsjagd kannten wir damals nicht, wir amüsierten uns über die Streifenwagen).

Ulrike Meyfahrt gewinnt bei Olympia 1972 in München Gold im Hochsprung (mitverfolgt im Wohnzimmer meiner Grosseltern, Opa raucht Stumpen). Johan Cruyff scheitert bei der Fussball-WM 1974 mit Holland im Final gegen Deutschland (Wohnzimmer der Eltern, braunes Ledersofa, Schwalbe von Bernd Hölzenbein, totaler Frust).

Erinnerung noch frisch? Alain Sutter gratuliert Georges Bregy nach dem Freistosstor zum 1:0 gegen die USA.
Foto: Keystone
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Das «Miracle on Ice». Die Amerikaner stellen 1980 in Lake Placid die Weltordnung auf den Kopf und schlagen die unschlagbaren Sowjets. In der Glotze schimmert das Eis in seltsamen Blautönen, vielleicht weil der Vater eine Zigarette nach der anderen raucht. Als das Spiel zu Ende ist, passiert: nichts. Mattscheibe. Das war 1980. Kein Internet, keine Sportsender, keine Endlosschleifen, kein Handy, keine Diskussion. Nur Tagesschau.

Das Spiel wird am nächsten Tag im Hinterhof mit Stock und Tennisball nachexerziert, wer Amerikaner sein darf, wird ausgeknobelt. Das Wunder wird ein paar Monate später wenigstens ansatzweise greifbar, als der kürzlich verstorbene Mark Pavelich, John Harrington (beide Lugano), Buzz Schneider (SCB) und Trainer Herb Brooks (HCD) in die Schweiz kommen. Hier wurde damals aber anscheinend unfassbar gutes Eishockey gespielt, richtig tiefe Spuren hat keiner von denen hinterlassen. Habe ich aber vielleicht auch nur vergessen.

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