Huttwil-Captain Sven Nägeli zur Faszination Cup
«Der Bierkonsum ist massiv eingebrochen»

Sven Nägeli (28) stand in allen sechs Cup-Jahren auf dem Eis, schoss zwei Tore. Der Huttwil-Captain über die Faszination Cup, den mühsamsten Gegner und Alkohol in der Kabine.
Publiziert: 03.10.2020 um 19:50 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2020 um 12:25 Uhr
Angelo Rocchinotti

BLICK: Sven Nägeli, wie fiel Ihre Reaktion aus, als Sie hörten, dass der Cup beerdigt wird?
Sven Nägeli: Natürlich herrschte Enttäuschung. Für uns kleinen Teams ist es schade. Jedes Jahr war ein Erlebnis. Egal, gegen wen wir spielten.

Sie standen in allen sechs Saisons im Einsatz. Worin lag die Faszination?
Im ersten Jahr trafen wir auf Langenthal. Das war schon speziell. Noch spezieller war dann aber, als nach vier Jahren mit dem SCB erstmals ein Klub aus der National League kam. Die meisten Gegenspieler kannten wir nur aus dem Fernsehen. Einzig mit Gaëtan Haas spielte ich mit 13 Jahren in einer Kantonalauswahl. Wir tauschten uns vor dem Match kurz aus.

Haas gibt heute zu, als Teenager etwas trainingsfaul gewesen zu sein.
Das wäre mir damals nicht aufgefallen. Ich erinnere mich aber, dass er nie Deutsch reden wollte und stets mit seinen Kollegen aus Biel zusammen sass. Unser Französisch war damals allerdings auch nicht so gut.

Sven Nägeli stand in allen sechs Cup-Jahren im Einsatz.
Foto: PIUS KOLLER
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Wer war der mühsamste Gegenspieler?
Das waren wohl jene, die durch ihren Spielstil Schmerzen verursachten. Ich denke da an Luganos Alessandro Chiesa. Er verschonte uns nicht, ging zwei- dreimal ran, wie er es gegen NL-Spieler tut. Das war aber auch gut. So sah man, dass sie das Spiel ernst nahmen.

Huttwil will den Tigers die Zähne zeigen

Hockey Huttwil – SCL Tigers, 4. Oktober, 17.15 Uhr, Eishalle Campus Huttwil

Zum vierten Mal in Folge trifft Huttwil auf einen Klub aus der National League. Nach Bern (2:9), Lugano (1:8) und Biel (1:4) kommen nun die SCL Tigers. Im Vorjahr ging Huttwil durch Captain Sven Nägeli nach 29 Sekunden in Führung. Und hielt das Spiel beim Stand von 1:2 bis 16 Minuten vor Schluss offen. Die SCL Tigers scheiterten in den letzten vier Jahren dreimal im Viertelfinal und 2018 im Halbfinal an den SCRJ Lakers.

Hockey Huttwil – SCL Tigers, 4. Oktober, 17.15 Uhr, Eishalle Campus Huttwil

Zum vierten Mal in Folge trifft Huttwil auf einen Klub aus der National League. Nach Bern (2:9), Lugano (1:8) und Biel (1:4) kommen nun die SCL Tigers. Im Vorjahr ging Huttwil durch Captain Sven Nägeli nach 29 Sekunden in Führung. Und hielt das Spiel beim Stand von 1:2 bis 16 Minuten vor Schluss offen. Die SCL Tigers scheiterten in den letzten vier Jahren dreimal im Viertelfinal und 2018 im Halbfinal an den SCRJ Lakers.

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Gab es jemanden, über den Sie sich ärgerten?
Es war so toll, da hätte wohl jeder kommen können. Wir hätten alles Negative ausgeblendet. Die Teams traten meist in Bestbesetzung an. Dass kurz vor dem Saisonstart Leonardo Genoni oder Jonas Hiller nicht im Tor standen, darauf konnte man niemandem böse sein.

Und Thomas Rüfenacht, ein Meister des Trash-Talks, verhielt sich auch anständig?
Ja. Man sah den Klassenunterschied. Sie hatten es nicht nötig, hochnäsig aufzutreten. Bern zog bis zuletzt durch und schoss neun Tore.

Sie trafen gegen den SCB und schossen Huttwil im letzten Jahr gegen Biel bereits nach 29 Sekunden in Führung. Mussten Sie danach eine Runde ausgeben?
(lacht) Nein, wir haben keine solchen Regeln aufgestellt, wollten einfach unser Bestes geben und ein oder zwei Tore erzielen. Das haben wir geschafft. Ich werde die Tore sicher nie vergessen.

Apropos: Besteht der Reiz des Amateurhockeys auch darin, es zwischendurch etwas unseriöser angehen zu lassen?
Das könnte ich über uns definitiv nicht mehr sagen. Wenn ich sehe, was im Kühlschrank steht, was konsumiert wird und wie die Jungen auftreten... Das ist weit weg von unseriös.

Ich weiss aber, dass in Huttwil vor drei Jahren noch Bier im Kühlschrank stand.
Das ist auch heute noch so. Das Bier wurde nicht verbannt. Aber der Konsum ist massiv eingebrochen. Die Liga ist besser geworden. Es liegt nicht mehr drin, nach den Trainings drei Biere zu trinken. Früher nahmen die Jungen das Getränk mit Handkuss. Heute wollen sie es nicht mehr. Sie wissen, dass sie jedes Bier, das sie zu viel trinken, im nächsten Spiel spüren werden. Die Ambitionen sind gestiegen. Das sieht man im Kühlschrank.

War das zu Ihren Anfangszeiten anders?
Als ich vor elf Jahren bei Hasle-Rüegsau begann, spielten wir in der 1. Liga und nicht wie heute in der nationalen MySports League. Auch wir wollten damals gewinnen, aber vielleicht nicht so bedingungslos. Früher ging man nach Feierabend ein Bier trinken. Der Ausgang wurde weniger.

Hatten Sie keine Ambitionen, es in den Profibereich zu schaffen?
Jeder Junge träumt davon, Profi zu werden. Es wäre gelogen, würde ich das Gegenteil behaupten. Doch ich habe mich nie gefragt, weshalb es nicht gereicht hat, weil es nie ein Problem für mich war. Meistens schaffen die talentiertesten Spieler den Sprung. Ich gehörte bestimmt nicht zu ihnen.

Sie hadern nicht?
Ui, nein! Vielleicht würde ich mit 20 anders reden. Aber heute bin ich zufrieden und möchte nicht tauschen.

Sie haben in einem Altersheim Koch gelernt. Wie kam es dazu?
Ich habe eine KV-Schnupperlehre auf der Gemeinde absolviert, schaute mir den Job als Landschaftsgärtner an und schnupperte in einer Bäckerei. Ich habe mich immer für Lebensmittel interessiert und zuhause oft gekocht und gebacken.

Trotzdem sind Sie heute nicht mehr als Koch tätig.
Ich habe kürzlich mein Studium in Lebensmittelwissenschaften abgeschlossen, bin derzeit als Abteilungsassistent an der Berner Fachhochschule angestellt und habe mit dem Master in Berufsbildung begonnen. Ich dürfte als Berufsschullehrer bereits in Teilzeit unterrichten.

Für Ihre Ausbildung haben Sie gar die Saison abgebrochen.
2019 absolvierte ich ein Auslandsemester im italienischen Padova, lebte dort bei einer Familie. Ich habe fast ein Jahr vorher unseren CEO gefragt, ob man mich deswegen zum Teufel jagen würde. Doch der Klub wollte mir die Chance nicht nehmen. Und so musste ich mitten in den Playoffs nach der Halbfinal-Qualifikation die Koffer packen. Natürlich stinkte mir das, doch ich würde es wieder tun.

Sie sind Captain. Das Team schied in der Folge aus. Plagten Sie Schuldgefühle?
Nein. Ich habe klar kommuniziert und die Mannschaft zweieinhalb Monate vorher informiert. Letztlich sind wir trotz allem Amateure. Ich kann nicht vom Hockey leben.

Sie treffen nun im letzten Cup auf die SCL Tigers, spielten einst in Langnaus Nachwuchs.
Als Kind besuchte ich mit meinem Vater die Spiele in Langnau. Ich fieberte mit, auch wenn ich nie in einem Trikot auf der Tribüne sass. Dafür hing ich ab und zu nach dem Spiel am Plexiglas und fragte nach Stöcken. Diese brauchten mein ein Jahr jüngerer Bruder und ich, um zuhause mit den Nachbarskindern stundenlang auf dem Parkplatz Hockey zu spielen.

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