Nati-Trainer Fischer über die Niederlage im WM-Final
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«Wut, Enttäuschung und Leere»:Nati-Trainer Fischer über die Niederlage im WM-Final

Mut, Enthusiasmus, Edelmetall
Fischer ist der erfolgreichste Nati-Trainer der Geschichte

Vor der WM gab es Fragen, Kontroversen und eine Ausstiegsklausel im neuen Vertrag des Nati-Trainers Patrick Fischer. An der WM gab es Edelmetall.
Publiziert: 28.05.2024 um 00:04 Uhr
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Aktualisiert: 28.05.2024 um 07:11 Uhr
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Dino KesslerLeiter Eishockey-Ressort

In der kurzen Zeitspanne zwischen der Entscheidung in der nationalen Meisterschaft und dem Beginn der Weltmeisterschaft dominierte ein Name die Schlagzeilen: Lian Bichsel (20).

Der 20-jährige Erstrunden-Draftpick der Dallas Stars wurde von der Führung wegen Insubordination bis und mit Weltmeisterschaft 2026 im eigenen Land aus dem Kader der Nationalmannschaft gestrichen, nachdem er zwei Aufgebote für Junioren-Nationalteams hatte sausen lassen. Lian Bichsel feierte am 18. Mai seinen 20. Geburtstag, zeitgleich feierte die Nati in Prag ein 8:0 gegen Dänemark. Die Entscheidung des Führungsstabs der Nationalmannschaft darf man auch jetzt noch als unnötige Härte bezeichnen, aber das Thema Bichsel ist zumindest für die nächsten Monde vom Tisch. Weil Erfolg im professionellen Sport fast alle Mittel heiligt.

Der streitbare Bichsel hat das gleiche Schicksal erfahren wie andere Spieler vor ihm: Wer sich dem Programm der Nationalmannschaften nicht bedingungslos verschreibt, bekommt eine Denkpause. Mit dieser Linie macht sich Nati-Trainer Patrick Fischer (48) nicht nur Freunde, aber sie wird von den Spielern mitgetragen, ansonsten wäre dieses Konzept längst in der Mottenkiste verschwunden.

Assistent Marcel Jenni zeigt es an: Der da ist es.
Foto: Getty Images
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Linientreue, Mut und Spielfreude

Linientreue ist ein ständiger Begleiter des Nati-Trainers. Vor seiner ersten WM 2016 in Moskau forderte er Mut, Enthusiasmus und Spielfreude und verpasste den Viertelfinal. Das Credo, einen eigenen Stil zu entwickeln und diesem treu zu bleiben, egal ob der Gegner Schweden, Kanada, Österreich oder Kasachstan heisst, blieb trotzdem stehen. Vor den olympischen Spielen 2018 in Südkorea träumte Fischer von einer Medaille, die aber erst Monate später an der WM in Dänemark Realität wurde. Nach dem verpassten Viertelfinal von Pyeongchang (der Vor-Viertelfinal gegen Deutschland ging verloren) war Fischer in die Kritik geraten, blieb aber auch damals seiner Linie treu: «Wenn ich nicht von einer Medaille träumen würde, wäre ich fehl am Platz.»

Damit wäre er auch bei den NHL-Stars nicht durchgekommen. Die sind nicht nur Vorbilder, sie werden auch in einem angriffslustigen Umfeld mit höchsten Ansprüchen an Kreativität, Technik, Mobilität und vor allem Widerstandskraft kultiviert. Wären unsere NHL-Stars etwa scharf auf eine Weltmeisterschaft mit dem Ziel, den Viertelfinal zu erreichen?

Viertelfinal durch Halbfinal ersetzt

Dieses Ziel hatte Fischer im November 2021 aus dem Vokabular gestrichen und durch den Halbfinal ersetzt: «Ein scheinheiliges Ziel. Schon als ich noch Spieler war, ging es nur immer um das Erreichen des Viertelfinals, 25 Jahre wurde nun schon darüber diskutiert.» Das war seine Reaktion auf den verlorenen Viertelfinal gegen Deutschland im Frühling zuvor. Angriff statt Rolle rückwärts. Auch in Manöverkritiken bleibt er seinem Stil treu und verzichtet auf Ausreden und Floskeln. Mut und Enthusiasmus verlangt er nicht nur von den Spielern, sondern vor allem von sich selbst.

Drache ist erlegt

Vor der Weltmeisterschaft in Tschechien wurde sein Vertrag bis 2026 verlängert – mit einer Ausstiegsklausel für den Verband. Ein Misstrauensvotum. Diese Option ist nun hinfällig, weil Fischer das gelang, was ihm seit Olympia 2018 stets verwehrt blieb: Ein Sieg gegen Deutschland in einem Spiel, bei dem es um alles geht. Der Drache ist erlegt, das Trauma überwunden. Mit zwei Silbermedaillen als Cheftrainer (2013 war er als Assistent dabei) ist er nun der erfolgreichste Schweizer Nati-Trainer der Geschichte. Das muss ihm erstmal einer nachmachen.

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