Beben im Welt-Hockey
NHL torpediert IIHF und WM mit World-Cup-Plänen

Es klingt traumhaft. Die weltbesten Spieler treten im Februar 2024 mit ihren Ländern gegeneinander an. Mittendrin auch die Nati mit Josi & Co. Doch das alles hat einen Haken.
Publiziert: 21.09.2022 um 15:31 Uhr
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Aktualisiert: 21.09.2022 um 18:22 Uhr
Stephan Roth

Schon im Juni gab sich NHL-Vize-Chef Bill Daly «sehr optimistisch», dass man im Februar 2024 einen 17-tägigen «World Cup of Hockey» mit mindestens acht Teams ausrichten könne. Man sei seit einigen Monaten mit der Spielervereinigung NHLPA im Gespräch. «Und wir sind uns sehr einig in dem, was wir erreichen wollen.»

Dass NHL und NHLPA grosses Interesse an einem Länderturnier mit allen Top-Stars haben, ist logisch. Schliesslich haben sie beim letzten World Cup im September 2016 nach Blick-Informationen einen Gewinn von rund 60 Millionen Franken erzielt. Damals war die Nati nicht dabei und Roman Josi, Nino Niederreiter, Mark Streit und Luca Sbisa spielten in einem «Team Europa» unter Ex-Nati-Coach Ralph Krueger mit und erreichten den Final.

Terminkollision mit der National League?

Diesmal plant man aber weder mit «Team Europa» noch mit einem «Team Nordamerika» aus Jungstars, sondern mit Nationalteams. In einem Vor-Turnier sollen zuerst die europäischen Teams ausspielen, wer dann in Übersee auf Kanada und die USA trifft. Die NHL hat dafür die Nati-Pause im IIHF-Kalender vom Februar ins Auge gefasst und soll mit dem «Globen» in Stockholm bereits einen Standort kontaktiert haben.

World Cup of Hockey 2016 in Toronto: Der Schweizer Nino Niederreiter vom «Team Europa» checkt den Tschechen Michal Jordan.
Foto: Getty Images
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55-Mio-Stürmer über Traumhochzeit und sein schönstes Tor
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NHL-Star Kevin Fiala:55-Mio-Stürmer über Traumhochzeit und sein schönstes Tor

Für die folgende Endspiel-Woche in Nordamerika würde es dann keine geschützten Daten mehr geben. Bei der NHL geht man offenbar davon aus, dass dann die Teams, die komplett aus NHL-Spielern bestehen, unter sich sind. Und wenn zum Beispiel die Schweiz (10 NHL-Spieler) eine Überraschung schaffen und weiterkommen würde? Man kann jedenfalls nicht davon ausgehen, dass die NL-Klubs ihre Spieler freigeben würden, da die Meisterschaft dann in der heissen Endphase der Quali ist.

Das wäre das Ende der WM – und auch der IIHF?

Der internationale Eishockey-Verband lebt von der Tradition: Immer im Frühling ist Weltmeisterschaft. Immer. Selbst in Olympia-Jahren. Die sportliche Relevanz? Längst im Bodenlosen versenkt. Die Totalverweigerung des Konzepts der Unterhaltung kümmert die IIHF-Funktionäre allerdings wenig, auch wenn Bescheidwisser schon lange zu einem sparsameren Rhythmus raten.

Die IIHF-Vereinsmeier verschanzen sich traditionell hinter Sachzwängen, am liebsten hinter finanziellen: Der Erlös der Weltmeisterschaft füttert alle anderen Turniere durch, und die müssen selbstredend auch im Jahres-Rhythmus stattfinden. Ein hausgemachter Teufelskreis quasi. Finanziert wird diese Ereignisdichte indirekt durch die Grosszügigkeit der NHL, die ihre Stars für die WM freigibt. Ohne NHL-Stars könnte die Weltmeisterschaft heute nicht mehr vermarktet werden.

Nun will die NHL allerdings ihre Träume eines internationalen Turniers realisieren, bei dem die besten Spieler der Welt gegeneinander antreten. Wer sie aufhalten kann? Keiner. Die IIHF hat keine Argumente zur Hand, um die NHL an den Verhandlungstisch zu zwingen. Die IIHF hätte sich spätestens nach der Olympia-Rückkehr der NHL-Stars (1998) um Reformen bemühen müssen, damit die Weltmeisterschaft für die Zukunft gerüstet ist. Aber Funktionäre sind keine Visionäre. Sollte die NHL den World Cup als Frühlings-Event installieren, ist die Weltmeisterschaft erledigt. Und damit wohl auch die IIHF in ihrer aktuellen Form. (dk)

Der internationale Eishockey-Verband lebt von der Tradition: Immer im Frühling ist Weltmeisterschaft. Immer. Selbst in Olympia-Jahren. Die sportliche Relevanz? Längst im Bodenlosen versenkt. Die Totalverweigerung des Konzepts der Unterhaltung kümmert die IIHF-Funktionäre allerdings wenig, auch wenn Bescheidwisser schon lange zu einem sparsameren Rhythmus raten.

Die IIHF-Vereinsmeier verschanzen sich traditionell hinter Sachzwängen, am liebsten hinter finanziellen: Der Erlös der Weltmeisterschaft füttert alle anderen Turniere durch, und die müssen selbstredend auch im Jahres-Rhythmus stattfinden. Ein hausgemachter Teufelskreis quasi. Finanziert wird diese Ereignisdichte indirekt durch die Grosszügigkeit der NHL, die ihre Stars für die WM freigibt. Ohne NHL-Stars könnte die Weltmeisterschaft heute nicht mehr vermarktet werden.

Nun will die NHL allerdings ihre Träume eines internationalen Turniers realisieren, bei dem die besten Spieler der Welt gegeneinander antreten. Wer sie aufhalten kann? Keiner. Die IIHF hat keine Argumente zur Hand, um die NHL an den Verhandlungstisch zu zwingen. Die IIHF hätte sich spätestens nach der Olympia-Rückkehr der NHL-Stars (1998) um Reformen bemühen müssen, damit die Weltmeisterschaft für die Zukunft gerüstet ist. Aber Funktionäre sind keine Visionäre. Sollte die NHL den World Cup als Frühlings-Event installieren, ist die Weltmeisterschaft erledigt. Und damit wohl auch die IIHF in ihrer aktuellen Form. (dk)

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Der World Cup ist eine Konkurrenz für die IIHF-WM

Doch das ist längst nicht der grösste Problempunkt. Denn die Gespräche zwischen NHL und NHLPA auf der einen Seite und dem internationalen Verband IIHF kamen bisher auf keinen grünen Zweig. Warum? Die NHL prescht mit ihrem Projekt ziemlich rücksichtslos vor. Und die IIHF hat nicht wirklich Interesse an einem Super-Turnier im Februar, das die alljährliche WM im Mai konkurrenziert, die ihre Haupteinnahmequelle ist.

«Wenn ein World Cup organisiert wird, sollte dies in enger Kooperation mit allen relevanten Interessengruppen und klaren langfristigen Zielen, um das Eishockey wachsen zu lassen, gemacht werden», liess IIHF-Präsident Luc Tardif unlängst verlauten.

Derweil versucht die NHL, einen Keil zwischen die Europäer zu treiben. So wurde auch der Schweizer Verband direkt kontaktiert. Dort blieb man aber loyal und verwies auf die IIHF.

Das sind die Parteien im Eishockey-Machtkampf

National Hockey League: Die in den USA und Kanada beheimatete Profi-Liga besteht aus 32 Teams und hat die besten Spieler der Welt unter Vertrag. Die NHL ist unabhängig. Die Klubbesitzer und ihr Commissioner Gary Bettman bestimmen den Kurs.

NHLPA: Die Gewerkschaft der NHL-Spieler unter der Leitung von Donald Fehr ist Vertragspartner der NHL. Die Verteilung der Einnahmen regelt ein Gesamtarbeitsvertrag (CBA).

IIHF: Der internationale Verband besteht aus 82 Mitgliedsverbänden. Präsidiert wird sie seit einem Jahr von Luc Tardif (Fr/Ka), der den Schweizer René Fasel ablöste. Die IIHF finanziert sich mit der jährlich stattfindenden WM sowie den U20-Weltmeisterschaften. Nicht unter ihrer Herrschaft steht die NHL.

Champions Hockey League: Der 2014 wieder ins Leben gerufene europäische Klubwettbewerb kämpft um seinen Platz im Kalender. Aktionäre sind zu 63 Prozent die 26 Top-Klubs (aus der Schweiz Zug, ZSC Lions, Fribourg und Bern), zu 25 % die sechs grössten Ligen und nur zu 12 % die IIHF. Neuer CHL-Präsident ist der Schwede Jörgen Lindgren, der auf ZSC-CEO Peter Zahner folgt.

European Hockey Clubs: Die von SCB-Boss Marc Lüthi präsidierte Vereinigung vertritt die Interessen der europäischen Klubs – auch gegenüber der IIHF.

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IIHF: Der internationale Verband besteht aus 82 Mitgliedsverbänden. Präsidiert wird sie seit einem Jahr von Luc Tardif (Fr/Ka), der den Schweizer René Fasel ablöste. Die IIHF finanziert sich mit der jährlich stattfindenden WM sowie den U20-Weltmeisterschaften. Nicht unter ihrer Herrschaft steht die NHL.

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Es tobt ein Kampf um die Eishockey-Weltherrschaft. Dabei dürfte die NHL am längeren Hebel sein. Sie hat die besten Spieler der Welt und könnte ihren Stars nach Olympia auch die WM verbieten, was das jährlich wiederkehrende IIHF-Turnier noch weiter entwerten würde.

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