Eishockey-WM in Finnland
Schweizer Nati-Fans trotzen der Kriegsgefahr

Die Schweizer Fans sind trotz der angespannten geopolitischen Lage zahlreich in Finnland vertreten. Auch der geplante Nato-Beitritt des Landes konnte das nicht ändern. Eine Reportage aus Helsinki.
Publiziert: 19.05.2022 um 16:07 Uhr
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Aktualisiert: 19.05.2022 um 16:08 Uhr
Grégory Beaud

Im Hafen von Helsinki gibt es keine singenden Seeleute. Und auch nicht auf dem offenen Meer. Aber wenn man die Augen ein wenig zusammenkneift und etwas Fantasie hat, kann man bis nach Russland sehen. Die Grenze ist weniger als 200 Kilometer entfernt. Also sind auch die Diskussionen und die Spannung in Bezug auf den geplanten Nato-Beitritt des Landes im Norden sehr präsent.

«Wenn du nach Finnland kommst und von Warnungen über russische Drohungen gegen Finnland erfährst, macht dich das schon nachdenklich», sagt ein Luzerner Nati-Fan. «Gleichzeitig konnte ich mir nicht vorstellen, die Reise im letzten Moment abzusagen.» Ein anderer Fan, den er während des Spiels Schweiz – Dänemark am Sonntag kennengelernt hatte, war am Freitag an der Nordsee gelandet und wollte sechs Tage bleiben.

Hartwall Arena im Besitz russischer Oligarchen

Die russische Invasion in der Ukraine hat Auswirkungen auf die Weltmeisterschaft 2022 in Finnland. Zunächst wurden Russland und Belarus vom Turnier ausgeschlossen. Dann wurde die Veranstaltung «ausgelagert»: Von der glamourösen Hartwall Arena wurden die Spiele der Gruppe B in die Ice Hall in derselben Stadt verlegt. Eine weniger prunkvolle Arena, die jedoch den Vorteil hat, dass sie nicht im Besitz russischer Oligarchen ist.

Schweizer Fans sind seit Beginn des Turniers zahlreich vertreten
Foto: Urs Lindt/freshfocus
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Und dann ist da auch noch der Wunsch Finnlands, der Nato beizutreten. Und der anschliessenden Drohung von Wladimir Putin. Am Mittwoch wurden finnische Reservisten in den Osten des Landes geschickt, Finnland hat 1800 Kilometer gemeinsame Grenze mit Russland.

«Wir haben schon mehr gesehen»

Vor der Eishalle schiesst eine Gruppe von Fans aus der Romandie Fotos. Alle haben einen Schweizer Hut auf. Die acht Freunde hatten die Reise schon lange geplant. Man muss bemerken, dass Baptiste und seine Freunde Stammgäste sind, wie die «Gedenkkleidung» mit den verschiedenen besuchten Städten beweist. «Wir hatten schon vor vielen Monaten gebucht», erklärt der Organisator der Finnland-Reise. Wir hatten uns bei der Anreise nicht wirklich Gedanken darüber gemacht. Und wir haben schon einiges erlebt.» Zu ihren Heldentaten gehörten auch eine stürmische Ausreise aus Belarus ohne Visum und ein Verhör durch die örtlichen Zollbehörden. Die acht Freunde blieben während des gesamten ersten Wochenendes der Veranstaltung und sind bereits wieder sicher in der Heimat angekommen.

Grosse Unterstützung für das Schweizer Team

Auch in den Gängen der Eishalle in Helsinki sind die Schweizer zahlreich vertreten. Es ist eine bunte, bestens gelaunte und stimmgewaltige Gruppe. Ein Gottéron-Fan, der aktuell noch in der Heimat ist, packt gerade die Koffer. Seine Ankunft ist für Donnerstagabend geplant. Abflug um 19 Uhr von Genf. Die Mehrheit der Schweizer Fans wird für die Spiele am Samstag und Sonntag gegen Kanada und Frankreich erwartet. «Die Situation ändert nichts daran, dass ich mich darauf freue, zum ersten Mal seit 2019 wieder bei einer Weltmeisterschaft dabei sein zu können», sagt er, der sowohl in Kopenhagen als auch in Bratislava dabei war, den letzten Weltmeisterschaften vor der Pandemie.

Der Gottéron-Fan geht noch einen Schritt weiter. «Ich mache mir keine Sorgen, im Gegenteil. Ich sehe den Nato-Beitritt sogar positiv, da Finnland eine lange gemeinsame Grenze mit Russland hat. Man darf auch nicht vergessen, dass Finnland ein sicheres und politisch sehr stabiles Land ist.» Eine Meinung, die einhellig vertreten wird. Obwohl Russland nur einen Steinwurf entfernt ist.


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