Schwedischer Trainer will Olympia-Boykott
Schwedischer Star-Trainer fordert Olympia-Boykott

Frölunda-Trainer Roger Rönnberg will seine Spieler nicht nach Peking reisen lassen – aber kann er das überhaupt? Und wer könnte denn Eishockey bei Olympia verhindern?
Publiziert: 29.12.2021 um 10:19 Uhr
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Aktualisiert: 29.12.2021 um 11:46 Uhr
Dino Kessler, Nicole Vandenbrouck und Stephan Roth

Der Schwede Roger Rönnberg (50) ist Trainer bei Frölunda, ein Fachmann, der bewundert und respektiert wird, nationale und internationale Titel zieren seinen Palmarès. Nun sagt er zu «Göteborgs-Posten»: «Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um Spieler nicht zu den Olympischen Spielen gehen zu lassen, wenn die NHL ihre Spieler nicht gehen lässt.»

Schwedens Topliga macht keine Olympia-Pause

Eine Aussage, die verblüfft. Dazu muss man wissen, dass die schwedische Topliga während Olympia nicht wie die National League eine Pause einschaltet. Man hatte angenommen, dass Schwedens Auswahl ausnahmslos mit NHL-Spielern (aktuell 84 Feldspieler und 6 Goalies) bestückt würde. Frölunda bestreitet während Olympia neun Liga-Spiele, Rönnberg müsste während der Endphase der Quali auf Spieler verzichten, ausserdem droht das Szenario, dass Spieler nach einer Corona-Infektion und Quarantäne länger ausfallen könnten. «Wenn die NHL keine Spieler schickt, warum sollten wir es dann tun?»

Die NHL begründet die Absage mit wirtschaftlichen Interessen

Eine Frage, die einfach beantwortet werden kann: Die NHL ist eine autonome Liga und kein nationaler Teilverband, der den Regeln und Verträgen der IIHF (und somit des IOC) Folge leisten muss. Die NHL benötigte für ihre Olympia-Absage ausserdem das Einverständnis der Spieler, die sich das Recht auf eine Olympia-Teilnahme in den Tarifvertrag (der Gesamtarbeitsvertrag zwischen Klubbesitzern und der Spielergewerkschaft) notieren liessen. Die NHL begründete die Absage dann in erster Linie mit wirtschaftlichen Interessen aufgrund der Pandemie (bisher mussten 70 Spiele verschoben werden).

Rönnberg ist seit 2013 Cheftrainer bei Frölunda Göteborg.
Foto: Martin Meienberger/freshfocus
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Teilnahme nur verhindern, wenn China die Spiele absagt

In Europa kann kein Klub, keine Liga und auch kein Verband eine Olympia-Teilnahme absagen oder verhindern. Das könnten theoretisch nur die Spieler. Raeto Raffainer, Direktor Eishockey beim SCB und IIHF-Council-Member: «Die IIHF und ihre nationalen Verbände haben sich verpflichtet, bei Olympia dabei zu sein.» Was in einer pandemiefreien Zeit übrigens nie eine Pflicht, sondern stets ein Privileg ist. Wer könnte jetzt eine Teilnahme noch verhindern? «Das wäre nur möglich, wenn China die Spiele absagen oder verschieben würde», sagt Raffainer.

Peking: Eine der sichersten Blasen

Und die Spieler? Theoretisch kann jeder Profi jederzeit ein Aufgebot ausschlagen, aber er kann von seinem Klub nicht dazu gezwungen werden. Sagt einer ab, rückt der nächste nach. Nati-Direktor Lars Weibel: «Unser Eindruck ist, dass das Commitment der Spieler riesig ist, uns sind keine Bedenken bekannt. Nach der Absage der NHL ergibt sich für viele eine neue Chance.» Und die Lage in China? «Die Fabelzahlen – man sprach ja von drei oder fünf Wochen, die ein positiv getesteter Spieler in Quarantäne hätte bleiben müssen – wurden inzwischen relativiert. Spätestens nach zehn Tagen würde ein immer noch Infizierter von einem Experten-Team getestet und könnte reisen, wenn die Virenlast abnimmt.» Und fügt hinzu: «Ich glaube, dass wir in Peking in einer der sichersten Blasen sein werden. In der Schweiz ist die Durchmischung um ein Vielfaches grösser.» Spieler, die einem Olympia-Aufgebot nicht Folge leisten würden, hätten übrigens nichts zu befürchten. Die übliche Regelung des Trainerstabs, Dissidenten für eine bestimmte Zeit zu sperren, wird in diesem Fall ausgesetzt.

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