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Blick über die Bande
Selbstjustiz, Faustrecht und Verrohung der Sitten

Zu oft haben Rächer in dieser Saison in der National League einen Freipass.
Publiziert: 08.01.2019 um 19:30 Uhr
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Aktualisiert: 03.03.2021 um 10:45 Uhr
Massenschlägerei im Spiel Biel gegen Lugano
1:11
Hier geht es gleich richtig zur Sache:Massenschlägerei im Spiel Biel gegen Lugano

Eishockey ist kein Sport für Zartbesaitete. Härte gehört zu diesem Spiel und macht auch einen Teil seines Reizes aus.

Auch dass ein Spieler, der die Gesundheit seines Gegners zu wenig respektiert, noch auf dem Eis mit einer Tracht Prügel zur Rechenschaft gezogen wird, gehört zum Kodex dieser Sportart.

Doch in der National League hat die Selbstjustiz auf dem Eis überhand genommen. Regelmässig wird ein Spieler nach einer harten Charge gleich von mehreren Rächern attackiert. Da wird oft unkontrolliert und rücksichtslos draufgehauen.

Aggressor wird oft nicht entsprechend bestraft

Und dieses Problem wird dadurch verstärkt, dass die Schiedsrichter nicht selten bei den Keilereien den Überblick verlieren und die Strafen pauschal verteilen.

Wenn einer ein Foul macht, muss er dafür bestraft werden. Wenn dann ein Gegner auf ihn losgeht, muss er ebenfalls bestraft werden. Dann kann es auch nicht sein, dass der Rächer für die Schlägerei die gleiche Anzahl Strafminuten bekommt, wie sein Gegner, der dazu gezwungen wird, sich zu verteidigen.

Leider haben die Schiedsrichter, die es im Getümmel bestimmt nicht einfach haben, den Überblick zu bewahren, mit ihrem Strafmass oft die Selbstjustiz begünstigt.

Hier eine kleine Auswahl an Beispielen ohne den geringsten Anspruch auf Vollständigkeit:

19. Oktober 2018: Biel – Lugano (3:2)

Nach einem Foul an der Bande gegen Elia Riva stürzen sich mehrere Tessiner auf Übeltäter Julian Schmutz. Allen voran der damalige Topskorer Jani Lajunen, der den Biel-Stürmer mehrfach in den Nackenbereich prügelt. Der Finne bleibt gar ohne Strafe. Schmutz verbüsst neben 2 plus 10 für seinen Bandencheck auch noch 2 Minuten wegen übertriebener Härte…

22. Dezember 2018: Lausanne – ZSC Lions (4:3)

Lions-Verteidiger Maxim Noreau checkt Ronalds Kenins hart. Die Schiedsrichter stufen die Szene nicht als regelwidrig. Der Lette wartet dies aber gar nicht ab und geht auf den Kanadier los, um sich mit Faustschlägen zu rächen. Noreau wehrt sich und kassiert wie Kenins eine 5-Minuten-Strafe. Der Rächer wird zudem frühzeitig unter die Dusche geschickt, was aber keinen Einfluss auf den Bestand auf dem Eis hat.

22. Dezember 2018: Fribourg – Davos (2:3)

Nach einem Foul gegen Anton Rödin, für das er 5 Minuten plus eine Spieldauerdisziplinarstrafe erhält, wird Sebastian Schilt von HCD-Captain Andres Ambühl mit Faustschlägen zur Rechenschaft gezogen. Der Fribourg-Verteidiger wehrt sich und wird dafür ebenso wie Ambühl mit 2 Minuten bestraft.

5. Januar 2019: Bern – ZSC Lions (3:0)

Nach einem Konter, bei dem ihm Pius Suter im letzten Moment den Stock hebt und den Puck wegschnappt, prallt SCB-Stürmer Daniele Grassi in Goalie Lukas Flüeler und wird gleich von zwei Zürchern (Phil Baltisberger und Kevin Klein) angegangen. Der Tessiner wird neben 2 Minuten für Torhüter-Behinderung mit 2 Minuten für die Schlägerei mit den Zürchern mit 2 weiteren bestraft. Beim ZSC bekommt nur Klein 2 Strafminuten. Im folgenden ZSC-Powerplay kommt es dann zur Szene, in der Justin Krueger den Zürcher Pius Suter rüde attackiert. Auch da geht dann die Rechnung nicht auf.

Schon besser machten es da die Schiedsrichter am letzten Sonntag. Davos-Stürmer Marc Wieser kassierte für sein übles Foul an Servettes Eric Martinsson (Hirnerschütterung) einen Restausschluss und darauf eine vorsorglich Sperre – sowie Prügel von Noah Rod. Der Genfer Captain wurde aber auch entsprechend bestraft: 2 plus 10 Strafminuten. So stimmte die Rechnung.

Liga und Schiedsrichter in der Verantwortung

Man kann von Faustkämpfen halten, was man will. Auch in Zeiten, in denen man sich langsam möglicher Langzeitfolgen von Kopfverletzungen bewusst ist, werden sie noch als Teil der Hockey-Kultur akzeptiert. Dass aber fehlbare oder vermeintliche fehlbare Gegner ohne Konsequenzen im Racherausch mit Faustschlägen attackiert werden können, geht nicht.

Liga und Schiedsrichter müssen ihre Verantwortung nachkommen. Sonst nehmen Verrohung, Faustrecht und Selbstjustiz auf Schweizer Eis weiter zu.

National League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
HC Fribourg-Gottéron
HC Fribourg-Gottéron
1
3
3
2
SC Bern
SC Bern
1
2
3
2
ZSC Lions
ZSC Lions
1
2
3
4
EV Zug
EV Zug
1
1
3
4
Lausanne HC
Lausanne HC
1
1
3
6
HC Lugano
HC Lugano
2
1
3
7
EHC Kloten
EHC Kloten
1
1
2
7
SC Rapperswil-Jona Lakers
SC Rapperswil-Jona Lakers
1
1
2
9
HC Ambri-Piotta
HC Ambri-Piotta
1
-1
1
10
HC Davos
HC Davos
2
-3
1
11
Genève-Servette HC
Genève-Servette HC
1
-1
0
12
EHC Biel
EHC Biel
1
-2
0
12
SCL Tigers
SCL Tigers
1
-2
0
14
HC Ajoie
HC Ajoie
1
-3
0
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