Der Bart als Tabuthema
Schiris sollen unauffällig pfeifen und aussehen

Rekordbart-Hockeyaner Eliot Antonietti möchte Schiri werden. Aber Vollbärte gibt es bei Refs nicht. Warum eigentlich?
Publiziert: 09.01.2024 um 12:52 Uhr
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Aktualisiert: 09.01.2024 um 14:30 Uhr
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Marcel AllemannReporter Eishockey

Es ist fast schon ein herzzerreissendes Bild. Eliot Antonietti (30) im Schiri-Dress und mit Pfeife im Mund inmitten von Kids. Der aktuelle Olten-Verteidiger, der früher auch in der National League bei Servette, den SCRJ Lakers und Lugano unter Vertrag stand, ist eine Ikone. Dies, weil er den längsten Bart im Schweizer Profieishockey trägt. Gegenüber der «Solothurner Zeitung» hat der Genfer unlängst verraten, dass er nach seiner Aktivkarriere in einigen Jahren eine Karriere als Schiedsrichter starten möchte. Aktuell bestreitet er parallel zur Spielerkarriere die ersten Gehversuche auf unteren Juniorenstufen.

Ob Antonietti dereinst, wenn es als Schiri ernst wird, auch in dieser Branche als Mann mit dem langen Bart auffallen wird, ist jedoch fraglich. Bärte sind zwar im Alltagsleben unserer Gesellschaft trendy, aber für Schiedsrichter im Leistungssport traditionell tabu. Der Ex-Schiri und heutige MySports-Experte Nadir Mandioni (49) erinnert sich noch an seinen Anfangszeiten in den 90er-Jahren zurück: «Da war es Pflicht, dass man glatt rasiert, mit Anzug und Krawatte sowie dem Aktenkoffer mit dem Regelbuch drin an die Spiele anreist.»

Das ungeschriebene Gesetz

Im Wandel der Zeit wurde dies zwar aufgeweicht. Und es gibt diverse Schiedsrichter, die mittlerweile auch ein sanftes, kleines Bärtchen tragen, das über den Status eines Dreitagebarts hinausgeht – mehr aber nicht. Schiedsrichter sollen unauffällig sein – mit ihrer Leistung auf dem Eis und mit ihrem optischen Auftreten. Da passt ein Vollbart genauso wenig ins traditionelle Bild wie Tattoos am Hals, ein Nasenpiercing oder lange Haare.

Eliot Antonietti pfeift ein Eishockey-Spiel von Junioren – mit Vollbart.
Foto: Patrick Lüthy
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Und was sagt der heutige Schiri-Direktor Andreas Fischer (57) zur Bart-Frage? «Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass man als Schiedsrichter auf Leistungsebene keinen auffälligen Bart trägt. Genauso wie es im Eishockey auch andere ungeschriebene Gesetze gibt», sagt er dazu. Er findet auch: «Die Show gehört den Spielern. Sie sollen in den Playoffs ihre traditionellen Bärte tragen, nicht wir Schiedsrichter.»

Im Basketball hat Schiri geklagt

Allerdings würde Fischer heutzutage die rechtliche Basis fehlen, um seine Schiedsrichter zum Barbier zu schicken, denn diese besitzen alle einen Arbeitsvertrag, und das Arbeitsrecht würde dies verbieten. Aber fördernd für die Karriere wäre ein auffälliger Bart nicht – schon gar nicht bei internationalen Ambitionen. Denn Danny Kurmann (57), Officiating Manager bei der IIHF, sagt klar: «Ich gebe den Schiedsrichtern vor grossen Turnieren auf Toplevel immer mit auf den Weg, dass bei uns frisch rasiert gepfiffen wird. Was wir auf keinen Fall wollen, sind Dreitagebärte.» Sollte jemand aber, beispielsweise aus religiösen oder auch anderen Gründen, auf seinen Bart bestehen, würde man sicher eine Ausnahme machen.

Im internationalen Basketball gab es einen Fall, der für Aufsehen sorgte. So wurde der deutsche Schiedsrichter Benjamin Barth (45) nicht mehr für die Spiele der Euroleague eingeladen, weil er sich weigerte, seinen Bart, der bei ihm nur schon wegen seines Namens Programm ist, abzurasieren. Barth machte dies öffentlich und ging wegen Diskriminierung juristisch dagegen vor. Er erreichte damit eine Entschuldigung und die Zusicherung, dass in Zukunft faire Massstäbe angesetzt werden.

Bis Eliot Antonietti als Schiedsrichter auf Stufe Leistungssport ankommt, wird es noch mindestens fünf Jahre dauern. Daher bleibt ihm noch viel Zeit, sich zu überlegen, was aus seinem Bart werden soll. Rasieren musste er ihn auch schon mal als Spieler – weil es sein damaliger Trainer Craig Woodcroft (54) 2017 bei Servette verlangte – mit der Androhung, dass er sonst keine Sekunde mehr spiele. Aber vielleicht werden bis 2030 ja auch die ungeschriebenen Schiri-Gesetze einem modernen Zeitgeist angepasst.

National League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
HC Fribourg-Gottéron
HC Fribourg-Gottéron
1
3
3
2
SC Bern
SC Bern
1
2
3
2
ZSC Lions
ZSC Lions
1
2
3
4
EV Zug
EV Zug
1
1
3
4
Lausanne HC
Lausanne HC
1
1
3
6
EHC Kloten
EHC Kloten
1
1
2
6
SC Rapperswil-Jona Lakers
SC Rapperswil-Jona Lakers
1
1
2
8
HC Davos
HC Davos
2
-1
2
9
HC Ambri-Piotta
HC Ambri-Piotta
1
-1
1
10
HC Lugano
HC Lugano
2
-1
1
11
Genève-Servette HC
Genève-Servette HC
1
-1
0
12
EHC Biel
EHC Biel
1
-2
0
12
SCL Tigers
SCL Tigers
1
-2
0
14
HC Ajoie
HC Ajoie
1
-3
0
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