Intimer Blick in die Hockey-Garderobe
«Dann zündeten wir seine Ausrüstung an»

Roger Federer in der SCB-Garderobe, eine Schlägerei in Lugano, eine verbrannte Ausrüstung in Davos und Streiche in Rapperswil. Ehemalige Spieler plaudern aus dem Nähkästchen.
Publiziert: 12.04.2021 um 10:07 Uhr
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Aktualisiert: 13.04.2021 um 11:24 Uhr
Angelo Rocchinotti (Umfrage) und Igor Kravarik (illustration)

Renato Tosio (56): «Gilligan schmetterte die Flasche mit voller Wucht zu Boden»

«Nach einem schlechten Drittel sassen wir konzentriert in der Garderobe. Auf dem Tisch vor uns stand eine Flasche mit 15 oder 20 Litern isotonischem Getränk. Trainer Bill Gilligan, eigentlich ein ruhiger, besonnener Mann, war dermassen ausser sich, nahm die Flasche und schmetterte sie mit voller Wucht zu Boden. In der Garderobe herrschte eine riesige Sauerei. Wenn ein Trainer ständig tobt, bewirkt das irgendwann nichts mehr. So aber waren alle hellwach. Wie wir anschliessend weitergespielt haben, weiss ich allerdings nicht mehr.»

Marco Bührer (41): «Ich weiss nicht, ob man ihn absichtlich gewässert hat»

«In Ambri sass ich immer mit dem Rücken zur Heizung, weil es so kalt war. Und in Langnau musste man aufpassen, dass man nicht mit den Socken auf den Boden stand. Dort war vor dem Umbau immer der Boden nass. Ich weiss nicht, ob man ihn absichtlich gewässert hat, bevor wir kamen.»

Beat Equilino (49): «Dann zündeten wir seine Ausrüstung an»

«Blick hat die Geschichte damals aufgedeckt. Nach dem letzten Viertelfinalspiel gegen Lugano verbrannten wir 1999 in Davos in der Kabine die Ausrüstung von Kai Nurminen. Eigentlich ein super Spieler, aber ein Egoist. Er konnte mitten in den Playoffs nach Mailand fahren, um shoppen zu gehen. Ich gehörte damals zu den Drahtziehern. Wir warfen erst seine Autogrammkarten in die Dusche. Dann zündeten wir die Ausrüstung an.»

Renato Tosio: «Gilligan nahm die Flasche und schmetterte sie mit voller Wucht zu Boden.»
Foto: PIUS KOLLER
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Timo Helbling (39): «St. Louis wurde stocksauer»

«Als ich bei Tampa Bay in der NHL spielte, gab es Isolierband für alle. Man musste es sich also nicht wie hierzulande selbst kaufen. Einmal griff ich nach dem Isolierband, das an Martin St. Louis’ Platz lag, um meinen Stock zu tapen. St. Louis wurde stocksauer, hat sogleich alle seine Stöcke abisoliert. Es war schlicht nicht erlaubt, sein Isolierband zu berühren.»

Marcel Jenni (47): «Wir warfen uns gegenseitig durch die Garderobe»

«Mit Mark Astley lieferte ich mir in Lugano eine Schlägerei. Astley war für die Bussen zuständig, trieb bei jedem Spieler, der zu spät kam, Geld ein. Selbst wenn es sich um zehn Sekunden handelte. Irgendwann wurde es mir zu bunt. Es artete aus. Wir warfen uns gegenseitig durch die Garderobe. Eingreifen konnte keiner. Die Teamkollegen machten sich alle aus dem Staub. Hinterher lachten wir über die Szene. In Lugano kam es in der Saison nach dem Meistertitel 1999 zu Gruppenbildungen. Es herrschten schwierige Machtverhältnisse. Die Kanadier schauten für sich. Zudem gab es Reibungen zwischen Welschen und Deutschschweizern. Wir waren keine Einheit. Man misstraute einander, und eigene Leute konnten dir in den Rücken fallen. Es war ganz anders als Jahre später in Kloten. Dort waren wir eine Familie.»

Sven Helfenstein (38): «Mir wurde eine Augenbraue abrasiert»

«Als ich in Kloten in die erste Mannschaft kam, wurde mir eine Augenbraue abrasiert.
Man hat mir eingeredet, die Haare würden nie wieder nachwachsen. In Tat und Wahrheit dauerte es zwei Monate. Wochenlang trug ich mein Cap etwas tiefer. Ausserdem machten meine Freundin und die Mutter vor einem Anlass mit Schminke Striche, damit das Ganze nicht auffiel. Aber so war das damals: Einigen Teamkollegen wurden die Kopfhaare, anderen jene etwas unterhalb der Gürtellinie entfernt. Letzteres wäre heute wohl keine Strafe mehr.»

Sven Lindemann (42): «Ich versteckte mich mal im Materialwagen»

«Fabian Maier hatte viele Ticks. Vor den Spielen breitete er seine Ausrüstung auf dem Boden aus und machte einen sogenannten Energiehaufen daraus. Corsin Casutt und ich machten uns einen Spass daraus, den Haufen umzustossen oder zu verschieben, sobald Maier mal den Raum verliess. Das führte dazu, dass er irgendwann stur an seinem Platz sitzen blieb. Doch auch ich wurde reingelegt. Einmal versteckte ich mich unter einem Wäschehaufen im Materialwagen und wollte herausspringen, sobald der Materialwart mit dem Wagen durch die Garderobe marschierte. Die Idee kam von Antonio Rizzello. Er meinte, er würde mir dann ein Zeichen geben. Doch das kam einfach nicht. Plötzlich hörte ich es klopfen. Da sprang ich heraus und fand mich mitten im Trainerbüro wieder. Ich dachte: Scheisse. Doch Trainer Jeff Tomlinson lachte nur.»

Daniel Steiner (40): «Er schmetterte die TV-Bedienung wutentbrannt zu Boden»

«In meiner Anfangszeit wurden Spielsituationen noch auf VHS-Kassetten festgehalten. Mein damaliger Trainer, seinen Namen lassen wir jetzt lieber mal weg, war eine Autoritätsperson, aber technisch nicht wirklich versiert. Wir versammelten uns für das Videostudium im Halbkreis vor dem Fernsehgerät. Der Coach stand mit der Fernbedienung immer rund fünf Zentimeter vor dem Videorekorder. Diese Distanz war zu kurz, um zur nächsten Sequenz zu wechseln. Das Gerät reagierte nicht auf die Fernbedienung. Der Trainer wurde immer wütender, machte seinen Assistenten, der die Szenen zusammengeschnitten hatte, verantwortlich. Irgendwann schmetterte er wutentbrannt die TV-Bedienung zu Boden. Sie zerbrach in tausend Stücke und flog uns um die Ohren. Als er mit einer neuen Fernbedienung erschien, setzten wir Spieler uns in der ersten Reihe die Helme auf.»

Marc Reichert (39): «Der Geruch hat sich in den letzten 20 Jahren verändert»

«Nach einem Qualifikationsspiel kam Roger Federer als Gratulant vorbei, schüttelte jedem Spieler die Hand. Ein unglaubliches Gefühl. Da denkst du, du wärst ein einigermassen erfolgreicher Sportler. Und plötzlich steht Roger Federer, der grösste Tennisspieler aller Zeiten, vor dir. Man kommt sich vor wie ein Schulbub. Wir erstarrten vor Ehrfurcht. Einmal schickte er uns vor den Playoffs sogar ein Motivationsvideo. Übrigens: Der Geruch hat sich in den letzten 20 Jahren verändert. Das Material machte eine riesige Entwicklung durch.
Es gibt moderne Lüftungssysteme. Handschuhe werden schon in den Drittelspausen getrocknet. Gleichzeitig sind die Kabinen nicht mehr so feucht, wodurch das Material den Geruch nicht so schnell annimmt. Doch man merkt gar nicht, wie geimpft man ist. Ich nehme den Geruch erst jetzt wieder wahr, wenn ich mal an einer Garderobe vorbeikomme.»

Garderoben-Schutzkonzepte in Corona-Zeiten

Um überhaupt noch Eishockey spielen zu dürfen, mussten die Klubs auf diese Saison hin Schutzkonzepte erarbeiten und die Kabinen umgestalten. Es herrscht ein striktes Masken-Obligatorium. Und nur jeder zweite Garderobenplatz darf verwendet werden.

So benutzt Quali-Sieger EV Zug in dieser Saison sowohl im Trainingszentrum OYM als in der Bossard Arena zwei komplette Garderoben, die konsequent getrennt bleiben. Einzig für kurze Team-Meetings oder bei einer Pausenansprache von Trainer Dan Tangnes kommen alle Spieler zusammen in eine Kabine.

Da nicht alle Klubs über komfortable Platzverhältnisse verfügen, um in den Kabinen den Mindestabstand von eineinhalb Metern zwischen den Spielerspinden zu ermöglichen, musste an einigen Orten Hand angelegt werden. Im Zürcher Hallenstadion zum Beispiel wurde ein mobiles Garderobenelement mit Platz für vier Spieler in die Mitte des Raumes platziert. Trotzdem hat es so nur Platz für 19 Spieler. Deshalb wurden in einem separaten Raum vier weitere Spielerplätze eingerichtet.

In der Gästegarderobe können gar nur 15 Spieler untergebracht werden, sodass acht Plätze in zwei weiteren Räumen eingerichtet wurden. Bei den Lakers mussten die Plätze für einige Spieler gar im Gang platziert werden. Im modernisierten Davoser Eisstadion sind die Spieler nun auf drei Kabinen verteilt: eine Hauptgarderobe für 15 sowie zwei Nebengarderoben à fünf Plätzen.

Um überhaupt noch Eishockey spielen zu dürfen, mussten die Klubs auf diese Saison hin Schutzkonzepte erarbeiten und die Kabinen umgestalten. Es herrscht ein striktes Masken-Obligatorium. Und nur jeder zweite Garderobenplatz darf verwendet werden.

So benutzt Quali-Sieger EV Zug in dieser Saison sowohl im Trainingszentrum OYM als in der Bossard Arena zwei komplette Garderoben, die konsequent getrennt bleiben. Einzig für kurze Team-Meetings oder bei einer Pausenansprache von Trainer Dan Tangnes kommen alle Spieler zusammen in eine Kabine.

Da nicht alle Klubs über komfortable Platzverhältnisse verfügen, um in den Kabinen den Mindestabstand von eineinhalb Metern zwischen den Spielerspinden zu ermöglichen, musste an einigen Orten Hand angelegt werden. Im Zürcher Hallenstadion zum Beispiel wurde ein mobiles Garderobenelement mit Platz für vier Spieler in die Mitte des Raumes platziert. Trotzdem hat es so nur Platz für 19 Spieler. Deshalb wurden in einem separaten Raum vier weitere Spielerplätze eingerichtet.

In der Gästegarderobe können gar nur 15 Spieler untergebracht werden, sodass acht Plätze in zwei weiteren Räumen eingerichtet wurden. Bei den Lakers mussten die Plätze für einige Spieler gar im Gang platziert werden. Im modernisierten Davoser Eisstadion sind die Spieler nun auf drei Kabinen verteilt: eine Hauptgarderobe für 15 sowie zwei Nebengarderoben à fünf Plätzen.

Mehr
National League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
HC Fribourg-Gottéron
HC Fribourg-Gottéron
1
3
3
2
SC Bern
SC Bern
1
2
3
2
ZSC Lions
ZSC Lions
1
2
3
4
EV Zug
EV Zug
1
1
3
4
Lausanne HC
Lausanne HC
1
1
3
6
HC Lugano
HC Lugano
2
1
3
7
EHC Kloten
EHC Kloten
1
1
2
7
SC Rapperswil-Jona Lakers
SC Rapperswil-Jona Lakers
1
1
2
9
HC Ambri-Piotta
HC Ambri-Piotta
1
-1
1
10
HC Davos
HC Davos
2
-3
1
11
Genève-Servette HC
Genève-Servette HC
1
-1
0
12
EHC Biel
EHC Biel
1
-2
0
12
SCL Tigers
SCL Tigers
1
-2
0
14
HC Ajoie
HC Ajoie
1
-3
0
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