«Fussballer verdienen in der Schweiz zu viel»
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Nationalrat Matthias Aebischer:«Die Präsidenten bekämpfen die Lohnkürzungen nicht!»

Steuergelder für den Spitzensport?
Nationalrat Matthias Aebischer: «Profisport braucht diese Beiträge»

Nationalrat Matthias Aebischer gehört als ehemaliger Sportmoderator und Präsident der parlamentarischen Sportkommission zu den kompetentesten Sportfachleuten unter der Bundeshauskuppel. Er erklärt er, warum der Sport 115 Millionen Steuergelder braucht.
Publiziert: 29.11.2020 um 21:07 Uhr
|
Aktualisiert: 01.04.2021 um 08:55 Uhr
Felix Bingesser und Stephan Roth

BLICK: Matthias Aebischer, wie viel verdient ein Nationalrat?
Matthias Aebischer:
Brutto 120'000 Franken im Jahr. Für ein Pensum, das im Durchschnitt 70 Prozent beträgt.

Dann wäre das, hochgerechnet auf 100 Prozent, ein Lohn von 14’000 Franken im Monat.
Genau. Und wenn man jetzt die zwei, drei Spitzenverdiener ausklammert, dann ist das der Durchschnittslohn, der in der Schweiz beim Fussball in der höchsten Liga bezahlt wird. Diese Zahlen sind ja nun auf dem Tisch. Und diese Zahlen widersprechen klar dem Klischee der Millionäre in kurzen Hosen.

Jetzt kommt das 115-Millionen-Paket des Bundesrates ins Parlament. Findet es eine Mehrheit?
In den vorberatenden Kommissionen waren wir uns einig, dass der Profisport diese A-fonds-perdu-Beiträge braucht. Und ich glaube, dass dies auch in den Räten eine Mehrheit finden wird. Es gibt Hunderttausende von Menschen, für die ihr Lieblingsklub ein Stück Heimat ist, für manche gar so etwas wie Familienersatz. Hätte man im Frühling über A-fonds-perdu-Beiträge für den Profisport gesprochen, dann hätte es wohl einen Aufstand gegeben. Aber mittlerweile hat sich die Situation derart verschärft, dass das Verständnis bei den Leuten da ist. Zu den 115 Millionen A-fonds-perdu stehen im Übrigen auch noch 235 Millionen Kredite bereit.

Seit 2011 ist Matthias Aebischer für die SP im Nationalrat. Er ist Präsident der parlamentarischen Sportkommission.
Foto: keystone-sda.ch
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Dann befürchten sie keine Neiddebatte über Millionensaläre?
Klar, es wird auch kritische Voten geben. Aber, der Schaden ist mit den Geisterspielen nun offensichtlich. Die Kultur erhält A-fonds-perdu-Beiträge, den KMUs hilft man mit Kurzarbeit und Krediten. Dann darf man auch dem Sport helfen. Und es ist gut, dass die Sportlerlöhne einmal auf den Tisch kommen und es eine gewisse Transparenz gibt. Das klärt auch viele Missverständnisse.

Der Bundesrat möchte alle Löhne über 148'200 Franken kürzen. Eine Vorgabe, die schon arbeitsrechtlich nicht durchsetzbar ist.
Dieses Problem sieht die Kommission, welche den Sport behandelt, auch so. Wir haben der Sportministerin mitgeteilt, dass es hier noch Anpassungen braucht. Solche Anpassungen gehören zu unseren Aufgaben. Ähnlich wie bei den Krediten, bei denen das Parlament die Solidarhaftung der Vereine gekippt hat. Darum wird es darauf hinauslaufen, dass man in den nächsten fünf Jahren wohl die Summe aller Spitzenlöhne um 20 Prozent reduzieren muss und nicht jeden einzelnen. Und wie eingangs erwähnt, viele Profifussballer aber auch Eishockeyspieler in der Schweiz haben keine exorbitanten Löhne.

Was sagen die Klubvertreter dazu?
Die scheinen nichts gegen die Lohnkürzung zu haben! Diesen Eindruck habe ich jedenfalls gewonnen. Sie können so die Kosten im Griff behalten. Und der Bund überwacht das. Mit einem reinen freiwilligen Gentlemen's Agreement bringt man so etwas nicht zustande.

Was gibt es sonst noch für Hürden?
Einige Fragen sind schon noch zu klären. Man will ja den Klubs zwei Drittel der Zuschauereinnahmen der Saison 2018/19 erstatten. Aber wie berechnet man das bei den Auf- und Absteigern? Ein Erstligist, der nun in der Challenge League spielt, hatte ja in der letzten Saison praktisch keine Zuschauereinnahmen. Der würde ja leer ausgehen. Der Absteiger aus der Super League hingegen erhält viel Geld. Hier muss man noch Lösungen finden. Die Investitionen in die Frauen- und Juniorenmannschaften und auch das Dividendenverbot begrüssen alle.

Wann fliesst das Geld?
Nicht mehr in diesem Jahr. Aber wenn die Klubs jetzt in Liquiditätsprobleme kommen, können sie ab dem 1. Dezember bereits zinslosen Darlehen beanspruchen. Im 2021 kommen die A-fonds-perdu-Beiträge dazu. Einige Klubs werden wohl mit diesem Geld dann die Kredite zurückzahlen.

In der Kommissionssitzung waren Marc Lüthi und Christian Constantin dabei. Ist Constantin da der richtige Ansprechpartner?
Warum nicht? Er hat sehr clever argumentiert, er hat ein gutes Gespür für politische Prozesse. Ich habe ihn als guten Interessenvertreter für den Profisport erlebt. Marc Lüthi übrigens auch.

Was ist Ihnen bei den Diskussionen mit den Klubvertretern in den letzten Monaten sonst noch aufgefallen?
Der Sport funktioniert anders als die Politik. Viele Vereine werden nach wie vor sehr patriarchalisch geführt. Da ist meistens einer – Betonung auf einer –, der hinsteht und sagt, was Sache ist. Ob der nun Ancillo Canepa, Marc Lüthi oder Christian Constantin heisst. Die Politik funktioniert nicht so.

Langsamer und komplizierter?
Vielleicht, ja. Man könnte auch positiv formulieren und sagen besonnener. In der Corona-Zeit ist das Tempo hingegen sehr hoch. Normalerweise braucht man für ein neues Gesetz zehn Jahre. Jetzt hat man im Frühling eines innert zwei Wochen entworfen. Klar muss man da nachbessern. Allein bis zum Sommer haben wir das COVID-19-Gesetz 42-mal abgeändert. Gerade auch im Sportbereich. Man hat in Bern noch nie so viel über den Sport und seine Rolle in der Gesellschaft diskutiert. Die Politik hat gelernt, wie der Sport funktioniert. Und die Sportvertreter haben gelernt, wie die Politik funktioniert.

Der Profisport war in Bern immer nur ein Thema, wenn es Erfolge zu feiern gab.
Das ist nicht von der Hand zu weisen. Siege von Federer und den Nationalmannschaften werden gerne vertwittert. Doch das Ganze ist auch im Wandel. Als ich vor neun Jahren in den Nationalrat kam, da war primär der Breitensport im Fokus. Das begrüsse ich natürlich. Die Vorbehalte gegenüber dem Profisport waren jedoch enorm. Das hat sich jetzt aufgeweicht, das Verständnis wird grösser. Der Profisport hat mittlerweile eine gute Lobby in Bern.

Endlich!
Ja, das ist so. Man anerkennt den Wert des Spitzensports. Ohne Dario Cologna gäbe es nicht diese Langlaufbewegung, ohne Roger Federer und Martina Hingis nicht so viele junge Menschen, die Tennis spielen würden. Ich kenne das aus meiner Jugend. Auf dem Pausenplatz war ich der Paolo Rossi.

Es besteht Einigkeit darüber, dass die Spitzensaläre runter müssen. Verliert da der Schweizer Klubfussball international nicht seine Wettbewerbsfähigkeit?
Das glaube ich nicht. Diskussionen wie bei uns werden doch in jedem Land geführt. Und überall wird man den Gürtel enger schnallen müssen. Auch in anderen vergleichbaren europäischen Ligen werden die Gehälter sinken. Und mit den Topligen, die ja vorwiegend von horrenden TV-Geldern leben, können wir schon lange nicht mehr mithalten. Aber auch von dort habe ich zuletzt wenig von unmoralischen Millionentransfers gelesen. Auch dort wird sich die Sache wohl etwas abkühlen.

Matthias Aebischer persönlich

Matthias Aebischer ist am 18. Oktober 1967 geboren und wuchs in Schwarzenburg BE auf. Seine berufliche Laufbahn begann er als Lehrer, danach arbeitete er bei Radio Förderband, Radio DRS und von 1994 bis 2001 beim SRF, wo er erst Sport-Moderator war und dann bei der Tagesschau, dem Kassensturz und dem Club tätig. Als er sich 2011 für die SP als Nationalrat aufstellen liess, musste er seinen Job beim Fernsehen aufgeben. Seit 2011 ist er für den Kanton Bern im Nationalrat aktiv, wo er Mitglied der für den Sport zuständigen Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur, der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen und der Gerichtskommission ist. Aebischer ist Präsident der parlamentarischen Gruppe Sport, des Lauf-Events Grand-Prix von Bern, Pro Velo Schweiz, Cinésuisse, des Verbands für Weiterbildung SVEB, der Musikinstrumentenbauer IG MIB,
und der Stiftung Stockalperturm. Er lebt in einer Patchworkfamilie mit den Töchtern Laura (21), Gianna (18), Ida (11) aus erster Ehe und Lotta (1), dem gemeinsamen Baby mit der Zürcher GLP-Nationalrätin Tiana Angelina Moser.

Matthias Aebischer ist am 18. Oktober 1967 geboren und wuchs in Schwarzenburg BE auf. Seine berufliche Laufbahn begann er als Lehrer, danach arbeitete er bei Radio Förderband, Radio DRS und von 1994 bis 2001 beim SRF, wo er erst Sport-Moderator war und dann bei der Tagesschau, dem Kassensturz und dem Club tätig. Als er sich 2011 für die SP als Nationalrat aufstellen liess, musste er seinen Job beim Fernsehen aufgeben. Seit 2011 ist er für den Kanton Bern im Nationalrat aktiv, wo er Mitglied der für den Sport zuständigen Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur, der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen und der Gerichtskommission ist. Aebischer ist Präsident der parlamentarischen Gruppe Sport, des Lauf-Events Grand-Prix von Bern, Pro Velo Schweiz, Cinésuisse, des Verbands für Weiterbildung SVEB, der Musikinstrumentenbauer IG MIB,
und der Stiftung Stockalperturm. Er lebt in einer Patchworkfamilie mit den Töchtern Laura (21), Gianna (18), Ida (11) aus erster Ehe und Lotta (1), dem gemeinsamen Baby mit der Zürcher GLP-Nationalrätin Tiana Angelina Moser.

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