Transfers trotz Staatshilfe
Viele Fans verstehen die Klubs nicht mehr!

Für die NL-Klubs sind Transfers zu einem Ritt auf de Rasierklinge geworden. Einerseits will man kritische Fans nicht brüskieren. Andererseits steht man im sportlichen Wettbewerb.
Publiziert: 07.02.2021 um 16:12 Uhr
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Aktualisiert: 23.02.2021 um 11:18 Uhr
Stephan Roth, Angelo Rocchinotti und Nicole Vandenbrouck

Justin Abdelkader ist nur das jüngste Beispiel. Als ihn der EVZ als fünften Ausländer verpflichtete, warf das bei den Fans in sozialen Medien und Foren hohe Wellen. Vielen erscheint es derzeit nicht als legitim, Geld für sportliche Verstärkungen auszugeben.

Kritik gab es bereits, als Lausanne Nati-Stürmer Denis Malgin oder mit Charles Hudon und Vladimir Roth die Ausländer fünf und sechs, die SCL Tigers den Schweden Marcus Nilsson, Biel den Österreicher Konstantin Komarek oder die ZSC Lions den Amerikaner Ryan Lasch als fünften Ausländer unter Vertrag nahmen. Und auch als der SCB für den bisherigen HCD-Sportchef Raeto Raffainer die neue (Kosten-)Stelle Chief Sport Officer schuf, gab es Kopfschütteln.

Der Wind hat umgeschlagen. Anfangs war die Solidarität noch riesig. Die Fans kauften, trotz Ungewissheit, ob und wie viele Zuschauer überhaupt in die Stadien dürfen, Saisonkarten. Später, als der Bund Geisterspiele verfügte, erklärten sich viele bereit, auf Rückforderungen zu verzichten. Dazu akzeptierten Mitarbeiter auf und neben dem Eis Lohnkürzungen.

NHL-Veteran Justin Abdelkader (links, ex Detroit) kommt als fünfter Ausländer nach Zug.
Foto: Keystone
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11 von 12 NL-Klubs beantragten A-fonds-perdu-Hilfe

Auch vom Bund gab es Unterstützung: Erst in Form von zinslosen Darlehen. Dann bewilligte das Parlament vor Weihnachten gar A-fonds-perdu-Beiträge, was Monate davor noch undenkbar gewesen wäre. Inzwischen haben elf von zwölf NL-Klubs diese beantragt. Einzig Lausanne verzichtet darauf. Viele Klubs haben die Anträge in der Hoffnung gestellt, dass die Bedingungen noch angepasst werden. Wenn sie sonst die Auflagen (Lohnreduktion von 20 % bei Löhnen über 148’200 Franken pro Jahr für die nächsten 5 Saisons) nicht einhalten können, müssten sie die Entschädigungen zurückzahlen.

Mitten im Krisen-Modus peitschen das Gros der NL-Klubs gegen den Willen von Fans, Spielern und Verband auch die Ligareform durch und entschieden, die Ausländer-Zahl ab 2022/23 von vier auf sieben (inklusive Lizenz-Schweizer ab 22 Jahren) zu erhöhen.

Transfernews werden in Watte gepackt

So ist das Verständnis für Transfers, gelinde gesagt, gering. Viele Fans vermissen in der Krise das Fingerspitzengefühl und den Sinn für die Wirkung einer Verpflichtung von neuem Personal.

Deshalb packen die Klubs ihre Transfermeldungen derzeit in Watte und versuchen, mit Erklärungen und Transparenz die Aufregung im Zaun zu halten. Doch dass Abdelkader den EVZ nur 5000 Franken im Monat kostet und dies durch die Ausleihe von Jesse Zgraggen nach Davos gedeckt ist, oder Nick Shore (ebenfalls Zug) und Lasch mit Versicherungsgeldern für verletzte Spieler finanziert werden, beruhigt nicht alle. Man hätte das Geld ja einfach sparen können, lautet der Tenor.

So ist diese Saison für die Klubs längst zu einem Ritt auf der Rasierklinge geworden. Man will die Fans nicht weiter brüskieren. Andererseits wird auf dem Eis um Punkte, Playoff-Plätze, den Meistertitel und ein letztes Mal um den Cup gespielt.

«Wir sehen uns auch zu einer Leistung verpflichtet»

«Wir haben so viel Support der Zuschauer und Sponsoren erhalten. Die Solidarität ist unglaublich. Wir sehen uns auch zu einer Leistung verpflichtet», sagte Tigers-Präsident Peter Jakob. «Die Zuschauer wollen trotz allem gute Spiele sehen. Wenn wir sportlich einigermassen gut abschneiden, hat das zudem auch einen Einfluss auf die Sponsoringverträge.»

Und Zugs CEO Patrick Lengwiler sagt: «Wir befinden uns auch in einem sportlichen Wettbewerb und haben Ziele, an denen wir festhalten.»

Selbst in einer Saison ohne Zuschauer haben die Resultate finanzielle Auswirkungen. Da es für jedes Heimspiel ohne Zuschauer A-fonds-perdu-Gelder – je nach Klub schätzungsweise zwischen 60’000 und 200’000 Franken – vom Bund gibt, kann es sich immer noch lohnen, ein Team zu verstärken und so zum einen oder anderen Playoff-Spiel mehr zu kommen.

Noch bis zum 15. Februar können nationale und bis zum 1.März internationale Transfers getätigt werden. Der nächste Aufschrei ist garantiert. Abdelkader wird nicht der letzte Zuzug gewesen sein. So schauen sich beispielsweise die Lions bereits wieder auf dem Ausländer-Markt um, nachdem Roe und Krüger verletzt ausfielen und die GCK-Stürmer Rautiainen und Hayes höheren Ansprüchen nicht genügen. Schliesslich steht bald der Cupfinal gegen Bern oder Servette an. Die Differenz zwischen Cupsieg und Finalniederlage? 100’000 Franken.

National League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
HC Fribourg-Gottéron
HC Fribourg-Gottéron
1
3
3
2
SC Bern
SC Bern
1
2
3
2
ZSC Lions
ZSC Lions
1
2
3
4
EV Zug
EV Zug
1
1
3
4
Lausanne HC
Lausanne HC
1
1
3
6
HC Lugano
HC Lugano
2
1
3
7
EHC Kloten
EHC Kloten
1
1
2
7
SC Rapperswil-Jona Lakers
SC Rapperswil-Jona Lakers
1
1
2
9
HC Ambri-Piotta
HC Ambri-Piotta
1
-1
1
10
HC Davos
HC Davos
2
-3
1
11
Genève-Servette HC
Genève-Servette HC
1
-1
0
12
EHC Biel
EHC Biel
1
-2
0
12
SCL Tigers
SCL Tigers
1
-2
0
14
HC Ajoie
HC Ajoie
1
-3
0
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