Hier gibt sich Hockey-Badboy Tristan Scherwey ganz weich
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«Hatte Tränen in den Augen»:Hier gibt sich Hockey-Badboy Tristan Scherwey ganz weich

Nati-Stürmer Tristan Scherwey
Sein Göttimeitli rührt ihn zu Tränen

Er steckt ein, teilt aus, zeigt kaum Schwächen. Doch Nati-Star Tristan Scherwey selbst bezeichnet sich als sensibel, sagt: «Manchmal bin ich ein Riesen-Weichei.»
Publiziert: 31.05.2021 um 17:02 Uhr
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Aktualisiert: 31.05.2021 um 17:43 Uhr
Angelo Rocchinotti

Donnerstag, 12 Uhr, Riga: Tristan Scherwey greift zum Handy, wählt die Nummer seines Bruders Cyrille (32). Tristans Göttimeitli wird 6 Jahre jung. Er will gratulieren. Doch Alizée weilt noch im Kindergarten. Scherwey findet danach keine Zeit mehr. Das Spiel gegen die Slowakei steht an. Er schickt eine Videobotschaft.

«Ich hatte Tränen in den Augen», gesteht der 30-Jährige. «Obwohl ich vor dem Spiel extrem motiviert war, wusste ich, dass ich den Tag nicht mit ihr verbringen kann. Ich bin ein stolzer Götti, werde ihren Geburtstag nie vergessen.»

Bruder Cyrille verrät: «Er nennt sie ‹Prinzessin› oder ‹Müüsli›. Treffen sie sich, nimmt er sie immer in den Arm, zeigt Emotionen und hat Tränen. Es dauert immer etwa zwei Minuten, bis er mich begrüsst. Für Alizée würde er alles tun.»

Alizée ist für Tristan Scherwey sein Ein und Alles.
Foto: Zvg
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Smalltalk mit der Corona-Testerin

Eine Seite, die man vom Berner Powerstürmer nicht kennt. Auch wenn Scherwey über sich sagt: «Ich bin weicher und sensibler als andere. Manchmal auch ein Riesen-Weichei.» Bis heute hat sich der gebürtige Fribourger nicht an den Nasenabstrich bei den Corona-Tests gewöhnt, ist froh, stossen sie die Stäbchen in Riga nicht zu weit in die Nase. Bis auf eine Ausnahme.

«Einmal kam eine Frau. Die Jungs vor mir meinten, sie sei grob und tue weh. Ich dachte, wenn ich sie in ein Gespräch verwickle, gehe sie vielleicht etwas sanfter vor. Ich grüsste. Doch zurück kam ein schroffes ‹Hinsetzen!›», erzählt Scherwey. «Als ich sie fragte, ob sie langsam genug hätte, entgegnete sie, ob ich die Tests meine oder die Spieler, die dauernd reden würden? Da wusste ich: Es ist besser, nichts mehr zu sagen.»

«Ich gehe bestimmt vielen auf den Sack»

Keinen Schmerz kennt das Energiebündel auf dem Eis. Den Gegnern fährt er unter die Haut, bewegt sich zuweilen in der Grauzone. «Er gibt immer vollen Einsatz, macht sich Gedanken und kann nach Niederlagen fast nicht einschlafen. Doch er wurde reifer und kann seine Emotionen besser kanalisieren», weiss Bruder Cyrille. Trotzdem scheiden sich am fünffachen Meister bis heute die Geister.

Er selbst sagt: «Wenn dir ein Sportler nicht passt, hast du gar kein Bedürfnis, dich mit ihm auseinanderzusetzen, ihn besser kennenzulernen. Er geht dir auf den Sack. Und ich gehe bestimmt vielen Menschen auf den Sack.» Doch viele würden nur dieses eine Bild sehen. «Sie sehen, wie ich auf dem Eis auftrete. Wie ich auftreten muss, um die Leistung zu bringen.»

Was ihm am Herzen liegt

Oft urteile man vorschnell über andere Menschen. «Ich bin überzeugt, dass mehr Frieden herrschen würde, wenn das nicht so wäre», sagt Scherwey. «Wenn jemand nicht happy ist, mit mir in einem Raum zu stehen, ist es mein Ziel, eine halbe Stunde später mit ihm ein Bier zu trinken. Das liegt mir am Herzen. So wurde ich erzogen.»

Scherwey spricht von Anstand und Respekt. «Manchmal findet man zu Mitmenschen sofort den Draht. Weil sie dir charakterlich ähnlich sind. Manchmal dauert es länger. Das heisst aber nicht, dass sie deshalb schlechte Menschen sind.»

Ein Bier mit EVZ-Fans am Eidgenössischen

Der WM-Silberheld von 2018 erinnert sich an eine Situation während den letzten Playoffs. «Als wir uns vor dem Stadion aufwärmten, hörte ich EVZ-Anhänger verbal über mich herziehen. Im selben Moment kam mir eine Begegnung mit Zuger Fans am Eidgenössischen Schwingfest 2019 in den Sinn. Da trank ich ein Bier mit ihnen.»

Auch er mache dumme Sprüche, gibt Scherwey zu. «Ich bin weit davon entfernt, ein Engel zu sein. Doch ich versuche, alle wertzuschätzen.» So sei er schon in jungen Jahren gewesen. Auch wenn er damals Flausen im Kopf hatte.

«I hätt no viu blöder ta»

Für die Schule konnte Scherwey nie dieselbe Motivation aufbringen wie für den Sport. Die Hausaufgaben erledigte er selten, warf auch mal Gegenstände durchs Klassenzimmer und malte dem Lehrer die Hosen an. Wegen schlechter Noten musste der Teenager jeden Montag bei SCB-CEO Marc Lüthi antraben. Würde er rückblickend etwas anders machen? «Ja», sagt Scherwey. «I hätt no viu blöder ta.»

Eine Anlehnung an einen Titel des Mundartrockers Gölä, dessen Songs Scherwey rauf- und runterhört. «Ich bin ein Kind geblieben», sagt der Stürmer. «Heute wäre ich ein grösserer Schlingel, ohne aber jemandem was Schlechtes zu tun. Es waren Kleinigkeiten, die ich anstellte. Dinge, die nicht erlaubt, aber auch nicht tragisch waren. So wurde ich auf der Abschlussreise der neunten Klasse nach Hause geschickt, weil ich mit der Wasserpfeife erwischt wurde.»

Die grösste Kartbahn der Welt

Wenn Scherwey sagt, das Leben mache Spass, sind das keine leeren Worte. Er strahlt diese Freude aus, trägt stets ein spitzbübisches Lächeln im Gesicht. «Läuft es, ist alles super. Sonst alles schlecht. Damit kann ich nichts anfangen. Ich habe eine andere Lebenseinstellung, glaube, dass die kleinen Dinge glücklich machen. Ich vertraue dem Lebensweg und finde es schön, wenn man sein kann, wie man ist.»

Scherweys Vertrag beim SCB läuft bis 2027. Trotzdem hat er sich bereits Gedanken über die Karriere hinaus gemacht. Der 30-Jährige begann mit ersten Trainerkursen und schwärmt von zwei Hotelbesitzern in Saas-Fee VS. «Alles ist so familiär und herzlich. Ich würde auch gerne etwas besitzen, was den Leuten Freude bereitet. Ein kleines Fitnesscenter samt einer Wellness-Oase vielleicht», sagt er. Oder – jetzt kommt wieder das Kind in ihm durch – eine Kartbahn. «Ich habe immer gesagt, falls ich eines Tages Millionär wäre, würde ich die grösste Kartbahn der Welt bauen.»

Länger als geplant

Das ist Zukunft. Die kurzfristigen Ziele liegen in Riga. «Es ist noch vieles möglich», sagt Scherwey mit Blick auf den weiteren WM-Verlauf. Dann denkt er wieder an Alizée, will einen Glücksbringer zeigen, hält aber inne. «Karma», sagt der 30-Jährige. «Ich zeige ihn erst nach der WM.»

Eine halbe Stunde wurde für das Gespräch eingeplant. Nach 50 Minuten bedankt sich Scherwey bei SonntagsBlick, dass man sich so viel Zeit genommen hat.

National League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
HC Fribourg-Gottéron
HC Fribourg-Gottéron
1
3
3
2
SC Bern
SC Bern
1
2
3
2
ZSC Lions
ZSC Lions
1
2
3
4
EV Zug
EV Zug
1
1
3
4
Lausanne HC
Lausanne HC
1
1
3
6
HC Lugano
HC Lugano
2
1
3
7
EHC Kloten
EHC Kloten
1
1
2
7
SC Rapperswil-Jona Lakers
SC Rapperswil-Jona Lakers
1
1
2
9
HC Ambri-Piotta
HC Ambri-Piotta
1
-1
1
10
HC Davos
HC Davos
2
-3
1
11
Genève-Servette HC
Genève-Servette HC
1
-1
0
12
EHC Biel
EHC Biel
1
-2
0
12
SCL Tigers
SCL Tigers
1
-2
0
14
HC Ajoie
HC Ajoie
1
-3
0
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