«Es wird kein einfacher Weg»
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Achermann über Final-Chancen:«Es wird kein einfacher Weg»

Die aussergewöhnliche Geschichte des Oliver Achermann
Als Junior abgeschoben, nun Tormaschine

Über viele Jahre führt Oliver Achermann (29) ein unauffälliges Leben als Hockeyspieler. Doch zuletzt ist er sehr auffällig geworden. Der Spätzünder ist der Goalgetter der Swiss League.
Publiziert: 05.02.2023 um 11:03 Uhr
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Marcel AllemannReporter Eishockey

Es ist die Geschichte eines Jungen aus dem Kanton Uri, der sich nicht davon abbringen lässt, seinen Lebenstraum zu verwirklichen – obschon er immer wieder durch das Raster fällt, viele Steine aus dem Weg räumen muss. Es ist auch eine Geschichte, die aufzeigen soll, dass es sich durchaus lohnen kann, bei Widerständen nicht aufzugeben. Es ist die Geschichte von Oliver Achermann. Einem «Spätzünder», wie er selber sagt. Der sein Motto «Hard work beats talent» (harte Arbeit schlägt Talent) umgesetzt hat.

Heute ist Achermann als Stürmer des HC La Chaux-de-Fonds die Tormaschine der Swiss League. 33 Tore in 37 Spielen hat der 29-Jährige erzielt. Zum Vergleich: Jonathan Ang, der in dieser Saison bei Kloten in der National League alle entzückt, kam letzte Saison in Diensten von Thurgau in 50 Spielen auf gerade mal 27 Treffer.

In Davos abgeschoben

Achermanns Geschichte beginnt in Sisikon am Urnersee. Dort wächst er auf, schnürt als Bub seine Schlittschuhe für den EHC Seewen und hat nur einen Berufswunsch: «Hockeyprofi werden!» Seine Eltern – der Vater Schweizer, die Mutter Österreicherin – sichern ihm ihre Unterstützung zu. Einzige Bedingung: parallel dazu eine gute Ausbildung. Um dem gerecht zu werden, verlässt er mit 14 Sisikon, besucht in Davos das Sportgymi, spielt für die Junioren des HCD.

Die Pucks machen derzeit, was Oliver Achermann will.
Foto: BENJAMIN SOLAND
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Doch Spuren kann Achermann nicht hinterlassen. Immer wieder wird er weitergereicht. Zum EHC Arosa. Zum HC Prättigau. Zum EHC Chur. Von einer grossen Hockey-Karriere scheint er etwa gleich weit entfernt zu sein, wie ein Urner Bergbauer von der Wallstreet. Aber anstatt sich seinem Schicksal zu ergeben und hinzuschmeissen, sucht er nach einer neuen Lösung.

Lehrjahre in Schweden und Österreich

Mit dem geforderten Schulabschluss in der Tasche wechselt er für sein letztes Juniorenjahr mit 19 nach Schweden. Lässt sich in der U20 beim Asplöven HC weiterbilden. Und kommt sogar zu drei Einsätzen im Fanionteam, das in der zweithöchsten schwedischen Liga spielt. Es ist ein Silberstreifen am Horizont.

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Achermann über Final-Chancen:«Es wird kein einfacher Weg»

Beim Dornbirner EC in Österreich unterschreibt der Doppelbürger seinen ersten Profivertrag. Doch einen wesentlichen Teil der Saison verbringt Achermann beim zweitklassigen Partnerteam EHC Bregenzerwald. So geht das drei Jahre lang. Dann strebt er nach einer neuen Herausforderung. Die nächsten drei Jahre verbringt der Urner in Visp. Dort entwickelt er sich zu einem zuverlässigen Durchschnittsstürmer, der in der Swiss League jeweils rund 20 Skorerpunkte pro Saison bucht.

Das surreale WM-Aufgebot

So ist das auch noch im ersten Jahr, nachdem er 2020 von Visp nach La Chaux-de-Fonds weitergezogen ist. Doch letzten Winter geschieht Ungeheuerliches – Achermann explodiert. Mit 25 Toren und 20 Assists verdoppelt er seine Werte. «Im November 2021 wurde ich erstmals für die österreichische Nati aufgeboten. Das hat mich beflügelt und diesen höheren Rhythmus konnte ich mitnehmen», nennt er als einen wesentlichen Faktor.

Zum Saisonende folgt das nächste Highlight: Achermann darf mit zur WM. «Als Kind habe ich im TV immer WM geschaut. Und plötzlich stehe ich da selbst mittendrin und spiele gegen NHL-Stars, die für mich unerreichbar erschienen. Das war irgendwie surreal.»

Im Sommer ist sich Achermann bewusst, dass es anspruchsvoll wird, die gestiegenen Erwartungen zu bestätigen. Und was macht er? Er wird nochmals besser, schiesst Tor um Tor. «Ich profitiere auch von starken Mitspielern, oft muss ich nur noch den Stock hinhalten», erklärt er mit viel Demut. Was bei seiner Biografie nicht erstaunen kann.

Die besten Torschützen der Swiss League

1. Oliver Achermann (La Chaux-de-Fonds) 33
2. Jakob Stukel (Basel) 28
3. Sean Collins (Olten) 27
4. Arnaud Montandon (Sierre) 25
5. Léandro Fuhrer (La Chaux-de-Fonds) 22
6. Steven Whitney (Langenthal) und Lukas Lhotak (Olten) je 20
8. Felix Scheel (Visp) 18
9. Toms Andersons (La Chaux-de-Fonds), Stanislav Horansky (Olten), Jarno Kärki (GCK Lions) und Dominic Hobi (Thurgau) je 17

1. Oliver Achermann (La Chaux-de-Fonds) 33
2. Jakob Stukel (Basel) 28
3. Sean Collins (Olten) 27
4. Arnaud Montandon (Sierre) 25
5. Léandro Fuhrer (La Chaux-de-Fonds) 22
6. Steven Whitney (Langenthal) und Lukas Lhotak (Olten) je 20
8. Felix Scheel (Visp) 18
9. Toms Andersons (La Chaux-de-Fonds), Stanislav Horansky (Olten), Jarno Kärki (GCK Lions) und Dominic Hobi (Thurgau) je 17

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Zu spät für die National League?

Der nächste logische Schritt wäre nun die National League. Der Sportdirektor von La Chaux-de-Fonds, Loïc Burkhalter, sagt: «Wenn er es versuchen will, dann lassen wir ihn gehen.» Dass Achermann schon 29 ist und in der National League seit dieser Saison sechs Ausländer spielen können, ist indes keine günstige Kombination für ihn. «Das macht es nicht einfacher», weiss er selbst und verrät: «Es gab zwar lose Gespräche mit Vereinen, aber etwas Konkretes hat sich daraus bis jetzt nicht entwickelt.»

Die National League bleibt dennoch sein Ziel. Und dass er nicht gewillt ist, von Zielen abzurücken, sollte inzwischen jeder wissen. Vielleicht erreicht er es ja auch, indem er mit La Chaux-de-Fonds aufsteigt – übernächste Woche starten die Playoffs. Es würde zur aussergewöhnlichen Geschichte des Oliver Achermann passen.

Swiss League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
HC La Chaux-de-Fonds
HC La Chaux-de-Fonds
3
11
9
2
EHC Basel
EHC Basel
3
-1
6
3
HC Sierre
HC Sierre
3
2
6
4
HC Thurgau
HC Thurgau
3
2
6
5
EHC Winterthur
EHC Winterthur
3
1
5
6
EHC Visp
EHC Visp
3
1
4
7
EHC Olten
EHC Olten
2
1
3
8
EHC Chur
EHC Chur
3
-4
3
9
GCK Lions
GCK Lions
2
-6
0
10
Bellinzona Snakes
Bellinzona Snakes
3
-7
0
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