Über den Boss des SC Bern
Das «System SC Lüthi» ist am Ende

Der SC Bern im freien Fall: Peinlicher Platz 11, Saisonende – sogar die Pre-Playoffs haben die Berner verpasst. Das System von Boss Marc Lüthi funktioniert nicht mehr, schreibt Blick-Chefredaktorin Sport Steffi Buchli.
Publiziert: 17.03.2022 um 00:43 Uhr
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Aktualisiert: 17.03.2022 um 08:41 Uhr
Steffi Buchli

Wenn er in «seiner» Loge Spiele schaut, ist er äusserlich ganz ruhig, der Blick grimmig aufs Eis gerichtet. Marc Lüthi, CEO und Mitbesitzer des SC Bern. Er nimmt auf der Tribüne hin, was seine Spieler ihm vorsetzen, um später anderswo zu poltern oder zu toben. Mal gibts im Büro einen Einzelabrieb, mal eine überhastete Entlassung im Garderobengang über alle beteiligten Köpfe hinweg, mal ein Rundumschlag in den Medien. Es war immer was los.

Lüthi als allein herrschender Commander


So kennt man Lüthi. Der Mister SCB. So hat er sich in der Hauptstadt Respekt verschafft und sich obendrauf als geschickter Sport-Betriebswirtschafter profiliert. Lüthi war der allein herrschende Commander der grössten Hockey-AG Europas. Mit Lüthi gewann der SCB allein in diesem Jahrtausend beeindruckende sechs Titel, sorgte für beste Unterhaltung und ausgeglichene Jahresrechnungen.

Das System funktionierte dank einem Marc Lüthi der rackert, ausruft, antreibt, zerrt, erfindet und entscheidet. Lüthi Vollgas. Es war alles um ihn herum gebaut. Viele Angestellte waren längst auch zudienende Fans und nur selten ernsthafte Herausforderer ihres charismatischen Chefs.

Lüthis neuer Fokus: Die Gesundheit


In Schieflage geriet das System nicht erst diese Saison. Angefangen hat es mit der Ankündigung, dass sich Lüthi künftig aus den sportlichen Entscheidungen raushalten wolle. Normalerweise ist die Erleichterung gross, wenn ein CEO im Sport so etwas ankündigt. Im Falle von Chef Lüthi war es der Anfang vom Ende. Das System baute auf einem Geschäftsführer, der überall mitmischt, auch im Sport. Nimmermüde musste er sein.

Dieses Jahr wurde der Klub vollends destabilisiert. Denn Chef Marc Lüthi musste seinen Fokus verschieben. Er hatte plötzlich andere Probleme, grössere: seine Gesundheit. Das Schicksal hat ihm übel mitgespielt. Hirnblutung, Herzoperation, Zwangspause. Gesundwerden war verständlicherweise plötzlich wichtiger als Punkte holen. Lüthi brauchte die Energie für sich selber und sie scheint seinem Klub an allen Ecken und Enden zu fehlen.

Laut Blick-Sportchefin Steffi Buchli ist es Zeit für einen Systemwechsel beim SCB: «Der Umbruch wird den Klub Jahre beschäftigen.»
Foto: Thomas Meier
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Die Ankündigung seines Rückzugs hängt im Raum


Es wird deutlich: Mit dem geschwächten Lüthi implodiert das System SCB. Die Ankündigung seines Rückzugs hängt im Raum – ein Jahr noch wolle er machen, dann weiterschauen. Das «System SC Lüthi» ist am Ende. Marc Lüthi aber ist immer noch da, immer noch raumfüllend. So ist er, er kann nicht anders. Charisma halbiert sich nicht einfach.

Die Energie aber schon. Die Frage ist: Wie lange macht er noch weiter? Ist er nach dem medizinischen Zwischenfall noch getrieben genug für den kräftezehrenden «Hansdampf in allen Gassen»-CEO-Job? Es ist Zeitenwende beim SC Bern. Ein Umbruch, der den Klub Jahre beschäftigen wird.

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