Der Schatten-Sportminister spaltet die Sportschweiz
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FCZ-Canepa zur 1000er-Grenze:«Es fehlen trotzdem beträchtliche Mittel»

Baspo-Chef Remund im Gegenwind
Der Schatten-Sportminister spaltet die Sportschweiz

Trotz des Re-Starts mit Publikum am 1. Oktober: Die Kritik an Matthias Remund, dem Direktor des Bundesamtes für Sport, ist aus Fussballer- und Eishockey-Kreisen gross.
Publiziert: 13.08.2020 um 18:07 Uhr
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Aktualisiert: 13.08.2020 um 20:11 Uhr

«Wir haben mit den Ligen ein Memorandum of Understanding ausgehandelt.» Dies war die Antwort von Baspo-Chef Remund (58) auf die Frage nach der Kritik an ihm und seinem Amt wegen des unmöglichen Hilfspakets an den Profisport. Im Studio von BlickTV schreien zwei Mann auf: FCZ-Präsident Ancillo Canepa und EVZ-CEO Patrick Lengwiler. Canepa: «Aushandeln? Sorry! Wir hatten zehn Minuten Zeit, um einer Absichtserklärung zuzustimmen. Nach meinem Wirtschaftsverständnis ist eine Absichtserklärung der erste Schritt mit noch offenen Fragen, die nachverhandelt werden. Das haben einige Leute in Bern nicht verstanden, weshalb wir nun in dieser unmöglichen Konstellation sind.»

Die Kritik, dass der Team-Profisport nun mit untauglichen Krediten dastehe, von denen kein einziger Klub (!) Gebrauch gemacht hat, zielt vor allem auf den Baspo-Direktor, wofür man im Amt kein Verständnis hat. Remund war nicht erreichbar. Sein Kommunikationschef Christoph Lauener weist darauf hin, was Canepa Mitte Mai gesagt hat: Man habe intensive Gespräche und Verhandlungen mit dem Bund geführt. (…) Die Konditionen seien hart, aber fair. (…) Und er, Canepa, möchte sich an dieser Stelle bei Matthias Remund für dessen grosses Engagement bedanken.

«Mit sachlicher Kritik kann ich gut umgehen»

Auch EVZ-Geschäftsführer Lengwiler hält nicht zurück mit seiner Unzufriedenheit: «Ich kann dieses Paket von A bis Z nicht verstehen. Remund hat gesagt, er habe es zusammen mit den Ligen ausgearbeitet. Aber wir sind vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Ohne Nachverhandlungsmöglichkeit. Wenn kein Klub von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, dann ist vielleicht das Paket falsch. Nein, das Baspo hat auf der ganzen Linie versagt.»

Matthias Remund, Direktor des Bundesamt für Sport, muss viel Kritik einstecken.
Foto: Urs Lindt/freshfocus
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Remund, der von der «Berner Zeitung» vor fünf Jahren als «Sonnenkönig» und «Herrscher auf dem Tempelberg des Sports» bezeichnet worden war, antwortete unlängst im «Tagi» auf die Kritik: «Wer in meiner Position bei Gegenwind gleich umfällt, hat den falschen Job gewählt. Mit sachlicher Kritik kann ich gut umgehen.»

Kein Interessenvertreter von Fussball und Eishockey

Spannend ist: 2015 damals zielte die Kritik darauf, dass er den Spitzen- gegenüber dem Breitensport bevorzuge. Die Corona-Krise hat das Gegenteil aufgezeigt. Das Parlament hat 200 Millionen Franken A-fonds-perdu-Beiträge für den Breitensport gesprochen und bis Ende Jahr folgen weitere 30 Millionen an Rückzahlungen für J&S-Lager, die nicht haben stattfinden können. Und vor allem: Remund, der Langläufer, der den schwedischen Wasalauf als Seelenbalsam vergöttert, als «mythisch» verklärt, dabei in seinen Alterskategorien immer zu den Besten gehört, und der auf dem Rennrad nicht viel mehr Zeit brauche als mit dem Auto, ist weiss Gott kein Interessenvertreter der beiden im Land populärsten Sportarten: Fussball und Eishockey.

So kanzelte er die Profiklubs im Vorfeld der Kreditgespräche mit den Worten ab, sie müssten nun die Hosen runterlassen. Dies just in einer Zeit, in welcher mittlerweile alle Super-League-Klubs alle Zahlen offenlegen müssen und erstmals ein Lohn-Durchschnittswert in der höchsten Schweizer Profiliga publiziert wurde: nicht ganz 14 000 Franken. Und als es um die 20-Prozent-Senkung der Löhne ging - dies auch eine Bedingung für eine Krediterlangung – in einem Kleinklub mit zuvor schon tiefen Löhnen wie Thun, wusste er nur zu sagen: «Ja, da müssen wir dann mit dem FC Thun sprechen.»

«Er hat unsere Bedürfnisse sofort erkannt»

Lengwiler seinerseits rückt auch nach dem Mittwoch nicht von seiner Linie ab. Auch wenn der Profi-Teamsport zumindest eine Perspektive zum Überleben erhalten hat. «Wer die Sportarten nur nach Anzahl der ausführenden Athleten bewertet, hat den Stellenwert des Spitzensportes nicht verstanden. Der Mannschafts-Spitzensport hat eine grosse Vorbildfunktion für dessen Nachwuchs und Breite, ist ein grosser Wirtschaftszweig mit vielen Arbeitsplätzen und ein wichtiger Teil des gesellschaftlichen Lebens. Unsere grosse Nachwuchsorganisation können wir nur durch den Spitzensport querfinanzieren, Mitgliederbeiträge und J&S-Gelder reichen hier bei weitem nicht…»

Und doch gibt es andere Stimmen. Wie zum Beispiel jene von Heinrich Schifferle, dem Präsidenten der Swiss Football League. Er hat letzthin gesagt, Remund sei für die Vertreter der Profiligen die Idealbesetzung auf Bundseite in dieser Corona-Krise. «Er hat unsere Bedürfnisse sofort erkannt und ernst genommen.» Okay, Schifferle war der Verhandlungsführer der Liga bei der Initialisierung des Rohrkrepierer-Hilfspakets…

CC hält sich mit Kritik zurück

Und auch Sion-Präsident Christian Constantin, eigentlich der Polterer par excellence, will Remund nicht allzu sehr tadeln. «Er steht doch zwischen der Sportministerin und den Ligen. Das ist nicht einfach. Zumal die Fussballklubs keinen gemeinsamen Nenner gefunden haben, um in dieser Sache aufzutreten. Und, ganz wichtig: Er hat in Bundesbern nie eine starke Politik-Lobby gehabt. Ihn alleine zum Sündenbock zu machen ist nicht richtig. Da ist das Verschulden der Liga viel höher zu gewichten. Matthias ist ein intelligenter, schnelldenkender Junge.»

Aber, und das betont CC auch, er sei halt doch Langläufer: «Da gibt es viel mehr Gratis-Schweiss als im Fussball... Und diese Philosophie prägt.» Deshalb sei er gegenüber dem Fussball und Eishockey viel strenger.

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