Der verblüffende Ländle-Underdog
Das steckt hinter dem Vaduz-Erfolg!

Trotz starker Budgetreduktion, Strategiewechsel und Platz neun (!) im September hat der FC Vaduz den Grasshoppers im Barrage-Rennen den (Rekord-)Meister gezeigt! Jetzt soll der Coup gegen Thun gelingen.
Publiziert: 06.08.2020 um 15:05 Uhr
Marco Pescio

Als sich der FC Vaduz 2017 mit dem Abstieg nach drei Jahren wieder aus der Super League verabschiedet, deutet anfänglich wenig darauf hin, dass der Klub so schnell wieder ins Oberhaus zurückkehrt. Die Liechtensteiner müssen finanziell zurückschrauben, setzen gleichzeitig auf eine neue Strategie. Mehr Verankerung in der gesamten Region ist die Absicht – heisst: nicht nur Talente aus dem Fürstentum einbauen, sondern vermehrt auch jene aus dem benachbarten Rheintal, aus Graubünden, aus Glarus. Die bescheidene Zielsetzung lautet vorerst: ein Platz in der oberen Tabellenhälfte.

Es dauert zwei Jahre, bis der FCV ein Team aufgebaut hat, das finanziell verkraftbar und für die vordersten Plätze auch richtig konkurrenzfähig ist. Trotzdem: Vor der Saison ist das Team aus dem Ländle im Vergleich mit Lausanne-Sport und GC der klare Underdog. Selbst Aarau mit seinen vielen Routiniers wird mehr zugetraut.

Erst das Frankfurt-Highlight, dann der Absturz

Dass die Vaduzer am Ende den Barrage-Platz belegen würden, zeichnet sich auch in dieser Spielzeit lange nicht ab. Klar: Die sensationellen Auftritte in der Europa-League-Quali, wo der FCV erst in der dritten Runde an Eintracht Frankfurt scheitert, lassen erahnen: Da könnte ein Team mit viel Potenzial zusammengewachsen sein. Doch nach dem europäischen Abenteuer folgt erst einmal der Absturz in der Liga. Sechs Pünktchen nach acht Runden! Ende September liegt Vaduz auf Platz neun…

Vaduz-Präsident Patrick Burgmeier (r.), hier mit FCSG-Boss Matthias Hüppi, sieht in der Ruhe des Vereins den Schlüssel zum Erfolg.
Foto: EDDY RISCH
1/7

Das Team, das im Sommer davor Stützen wie Ex-FCL-Abwehrchef Tomislav Puljic oder den langjährigen Leader Philipp Muntwiler verloren hat, taumelt. Im Umfeld wird Kritik laut. «Ich denke, in jener Zeit haben wir es geschafft, den Grundstein für den heutigen Erfolg zu legen», blickt Vaduz-Präsident Patrick Burgmeier (40) zurück: «Wir sind ruhig geblieben, haben Trainer Mario Frick und dem Team das Vertrauen geschenkt. Wir wussten, dass hier eigentlich alle einen guten Job machen.» In die Bresche springen müssen in jenen schwierigen Wochen andere Akteure. Ex-YB-Spielmacher Milan Gajic etwa, die Stürmer Manuel Sutter (elf Saisontore) und Tunahan Cicek (zwölf) oder später, nach seiner Verletzung, auch der Liechtensteiner Internationale Sandro Wieser.

«Grosse Genugtuung»

Die Vaduzer starten eine fulminante Aufholjagd. In der Rückrunde gibts in 18 Partien nur zwei Pleiten. Und als GC am Ende noch einmal schwächelt, schlagen die Liechtensteiner eiskalt zu, krallen sich Platz zwei. Gar ein 1:2 zum Abschluss in Kriens können sie sich leisten, weil die Hoppers im Duell mit Winti ins 0:6-Debakel schlittern. «Früher in dieser Saison hätte niemand gedacht, dass wir es noch schaffen können. Ein solches Ziel wäre für uns damals auch vermessen gewesen», so Patrick Burgmeier: «Jetzt zu sehen, wo wir stehen, ist aber schon eine grosse Genugtuung.» Sein Bruder Franz (38), früher selbst Spieler im Rheinpark-Stadion und jetzt Sportchef, sieht den Grund für den Erfolg im «grossen Hunger» der Mannschaft: «Wir haben viele Spieler im Kader, die noch nicht auf höchstem Niveau gespielt haben.»

Patrick Burgmeier glaubt an den Coup gegen Thun: «Wir wissen die Ausgangslage schon realistisch einzuschätzen: Die Hürde ist gross, mit Thun wartet ein Team, das einen unglaublichen Rückrunden-Lauf hat und das vor allem mit einem starken Kollektiv überzeugt. Trotzdem werden wir in diesen beiden Partien alles raushauen, was geht!»

Wie man ein Offensivfeuerwerkt zündet, wissen die Vaduzer. In der abgelaufenen regulären Saison feierten sie satte 78 Torerfolge, nur Direktaufsteiger Lausanne hat mehr gejubelt (84). Ob das auch in der Super League so bleiben würde? Schon jetzt ist klar: Der FCV wird bei einem allfälligen Aufstieg das mit Abstand kleinste Budget aller Teams aufweisen (wohl um die sechs Mio. Franken).

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Challenge League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Thun
FC Thun
6
8
14
2
FC Schaffhausen
FC Schaffhausen
7
3
11
3
FC Etoile Carouge
FC Etoile Carouge
7
2
11
4
Neuchatel Xamax FCS
Neuchatel Xamax FCS
7
-1
10
5
FC Wil
FC Wil
7
1
8
6
AC Bellinzona
AC Bellinzona
6
-2
8
6
FC Vaduz
FC Vaduz
6
-2
8
8
FC Stade Nyonnais
FC Stade Nyonnais
7
-4
8
9
FC Stade-Lausanne-Ouchy
FC Stade-Lausanne-Ouchy
7
-1
6
10
FC Aarau
FC Aarau
6
-4
5
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?