So läuft ein Transfer ab
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Meistens fliesst gar kein Geld:Der Fussball-Transfermarkt leicht erklärt

Irres Milliarden-Geschäft
Warum es im Fussball immer mehr Transfers gibt

Fussballspieler wechseln für hohe Millionenbeträge die Klubs – und das immer häufiger. Warum dreht das Transferkarussell stets schneller?
Publiziert: 10.08.2023 um 18:08 Uhr
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Aktualisiert: 16.08.2023 um 13:48 Uhr
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Michael Hotz
Handelszeitung

Der englische Mittelfeldspieler Declan Rice wechselt für kolportierte 100 Millionen Pfund von West Ham United zum Londoner Stadtrivalen FC Arsenal. Der saudische Club Al-Hilal bietet offenbar 300 Millionen Ablöse für Kylian Mbappé, doch der französische Superstar schlägt die Offerte aus. Und bereits im vergangenen Sommer wechselte der norwegische Superstar Erling Haaland für die Ablöse von 75 Millionen Euro zum englischen Club Manchester City.

Es sind Transfergerüchte und tatsächlich stattfindende Klubwechsel, die auch in diesem Sommer ins Zentrum des Medieninteresses rücken. Genau dann, wenn der europäische Spitzenfussball ruht. Das Buhlen der Klubs um neue Spieler während des Transferfensters von Anfang Juli bis Ende August ist unter den Fussballfans zu einem immer grösseren Gesprächsthema geworden. Und dieses Bedürfnis bedienen die Medien gerne, geht es doch um Milliardenbeträge und bekannte Namen.

Gleichzeitig nutzen auch die Klubs den Transfermarkt zunehmend als Marketingtool. Sie versuchen, sich über Transfers zu profilieren. Grosse Deals bringen schliesslich auch grosse Aufmerksamkeit mit sich. Und diese befeuern die Vereine, indem sie Neuzugänge in aufwändig produzierten Videos auf Social Media ihren Fans präsentieren – was den Sportmedien zusätzliches Nachrichtenfutter liefert.

Vergangenen Sommer wechselte der norwegische Superstar Erling Haaland für die Ablöse von 75 Millionen Euro zum englischen Club Manchester City.
Foto: DUKAS
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20'000 Profifussballer wechselten 2022 den Club

Überraschend ist, dass ein Grossteil aller Spielerwechsel ohne Ablöse erfolgt. Konstant rund zwei Drittel aller Transfers fanden in den letzten Jahren nach dem Vertragsende eines Spielers statt, sodass dieser ablösefrei wechseln konnte. Nur gerade 13,3 Prozent aller Spielertransfers waren gemäss Fifa im vergangenen Jahr solche, bei denen eine Ablöse floss. 

Es sind aber gerade diese Transfers, die bei Fans und Medien im Fokus stehen, weil es bei ihnen teils um astronomische Summen geht. Das beweist etwa ein Blick nach England in die Premier League: In der mit Abstand finanzkräftigsten Liga der Welt haben bisher über 180 Abgänge und gut 200 Zuzüge stattgefunden. Die irre Transferbilanz aller zwanzig Premier-League-Teams beläuft sich auf Gesamtausgaben von mehr als 1,6 Milliarden Euro, und dies bei Einnahmen von knapp 830 Millionen Euro. 

Artikel aus der «Handelszeitung»

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Die Medien profitieren zudem davon, dass sich das Transferkarussell immer schneller dreht. Sprich: Die Spieler wechseln häufiger den Verein, als dies früher der Fall war. Letztes Jahr schlossen sich laut einer Erhebung des Weltverbands Fifa weltweit über 20'000 Profifussballer einem neuen Verein an. Zehn Jahre zuvor waren es noch gut 12'000 Transfers gewesen.

Dass es immer mehr Transfers gibt, hat verschiedene Gründe. Haupttreiber ist das immer reichlicher fliessende Geld im Fussball. Sprudelnde Sponsoringgelder, äusserst finanzkräftige Besitzer und steigende Einnahmen aus TV-Übertragungsrechten haben die grössten Fussballklubs der Welt zu Unternehmen mit Umsätzen im hohen dreistelligen Millionenbereich und mit Marktwerten in Milliardenhöhe gemacht. Die Topklubs verfügen damit über stärkere Finanzen, um auf dem Transfermarkt oft zuzuschlagen.

Dadurch nimmt aber auch die Marktkonzentration zu. Es sind die grossen Klubs aus den Topligen Europas, deren Finanzkraft besonders stark ansteigt. Das Wettbieten dieser Powerhäuser um die rar gesäten Superstars treibt zum einen die Transferpreise nach oben. Zum andern löst die Akkumulation der besten Spieler der Welt bei den reichsten Klubs einen Dominoeffekt aus: Kleinere Vereine verlieren ihre besten Akteure regelmässig an die vermögendere Konkurrenz, wodurch sich jene wiederum bei noch schwächer gestellten Klubs bedienen.

Das Ergebnis: Kleinere Ligen verlieren in puncto Attraktivität und finanzieller Möglichkeiten immer mehr den Anschluss an die grossen Ligen aus Deutschland, England oder Spanien und verkommen zu Ausbildungsligen von Bundesliga, Premier League und La Liga.

Diese Entwicklung spüren auch die Klubs in der Super League. Bei praktisch allen gilt als wesentlicher Teil ihrer Strategie, dass sie junge Talente aus dem eigenen Nachwuchs oder jene, die sie von anderen Klubs hinzugekauft haben, weiter ausbilden wollen, um sie dann teuer ins Ausland zu veräussern. Dem FC Basel ist es in diesem Sommer beispielsweise gelungen, die Teamstützen Zeki Amdouni und Andy Diouf für zusammengenommen 32,6 Millionen Euro zu verkaufen.

Die Debatte um die Spielerberater

Ein wichtiger Akteur im florierenden Transfermarkt sind die Spieleragenten. Sie nehmen gewissermassen die Rolle eines Headhunters ein, indem sie Kontakt zu den Verantwortlichen der Klubs aufnehmen und aufbauen. Steht ein möglicher Wechsel im Raum, vermitteln die Spielerberater zwischen den zwei involvierten Klubs und dem eigenen Kunden, also dem Spieler.

Denn nur wenn alle beteiligten Stakeholder zufrieden sind, kann ein Transfer gelingen – eine sehr diffizile Aufgabe, wie Spielervermittler Christoph Graf findet. «Jeder Transfer ist eigentlich etwas fast Unmögliches. Es spielen so viele verschiedene Faktoren in einen Wechsel rein», so der Präsident der Schweizer Spieleragentenvereinigung Swiss Football Agents Association (SFAA). Deshalb würden sich Transfers in der Regel über Monate hinziehen.

Kommt ein Spielerwechsel zustande, fliessen teilweise Prämien an die Spielerberater – in gewissen Fällen sogar in Millionenhöhe. Das wohl imposanteste Beispiel ist jenes des mittlerweile verstorbenen Mino Raiola. Der Italiener, der in seiner Gilde zu den mächtigsten Spielervermittlern gehörte, soll beim Transfer Paul Pogbas von Juventus Turin zu Manchester United 50 Millionen Euro verdient haben. 

Der im April 2022 verstorbene Spieleragent Mino Raiola soll beim Wechsel von Paul Pogba zu Manchester United 50 Millionen Euro eingestrichen haben.
Foto: imago/NurPhoto

Solche Pauschalprovisionen an Spielervermittler sind der Fifa ein Dorn im Auge. Der Weltverband sieht einen falschen Anreiz darin, dass ein Spieler so oft wie möglich zwischen Clubs transferiert wird, nur damit sein Spielerberater Geld verdient. Die SFAA widerspricht jedoch dieser Ansicht. «Die grossen Transfersummen sind nur ein winziger Teil im globalen Fussball», sagt Präsident Graf. In der Regel seien die Provisionen der Spielerberater an die Löhne der vermittelten Spieler gekoppelt.

Neues Fifa-Reglement unter Beschuss

Nichtsdestotrotz will die Fifa mit einem neuen Reglement die Spielervermittler künftig dem Fifa-Recht unterstellen. Damit sollen die Spieleragentenprovisionen fix an den Lohn der Spielerinnen und Spieler gekoppelt werden. Und auch die Höhe der Prämien wird gedeckelt. Konkret soll ein Spielervermittler in Zukunft nur noch 3 Prozent vom Lohn des Klienten oder der Klientin erhalten. Bei Jahreslöhnen unter 200'000 Dollar sind es 5 Prozent.

Gegen dieses Reglement, das im Oktober in Kraft treten soll, begehren die Spielervermittler auf – auch in der Schweiz. Die Vereinigung SFAA hat bei der Wettbewerbskommission Klage eingereicht. Sie sieht durch die neuen Fifa-Regeln die Kartellrechte verletzt. Die Weko ist auf die Klage bisher noch nicht eingetreten, für SFAA-Präsident Graf ist der Fall aber klar: «Die neuen Fifa-Regeln sind ein rechtswidriger Eingriff in den Markt durch den Monopolisten.»

Im vergangenen Jahr erlösten Spielerberater 622 Millionen Dollar aus internationalen Transfergeschäften – eine Summe, die aus Sicht der Fifa zu hoch ist. Heruntergebrochen auf die insgesamt weltweit tätigen 20'000 Spielervermittler, entspricht die Zahl aber nur noch einem Durchschnittslohn von gut 30'000 Dollar im Jahr, wie Graf anmerkt. Und: «Die Fifa wird mit ihrem Reglement die kleineren Spieleragenten aus dem Markt verdrängen.»

Denn auch bei den Spielervermittlern hat ein starker Konzentrationsprozess stattgefunden. Bei grossen Deals mit einträglichen Prämien sind die wenigen mächtigen Spielerberater wie der Portugiese Jorge Mendes oder der israelische Altmeister Pini Zahavi die Strippenzieher. Zudem gewinnen grosse Berateragenturen zunehmend an Marktmacht. Im vergangenen Sommer fusionierten CAA-Base und ICM Stellar Sports zu einem Mega-Player, dessen Portfolio mehrere hundert Spieler mit einem Marktwert in Milliardenhöhe umfasst.

So gilt bei der Spielerberaterbranche, was im Fussballbusiness generell gilt: Die grossen Player machen das grosse Geld, den Kleineren bleiben die übrig gebliebenen Krümmel.

Champions League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Bayern München
Bayern München
1
7
3
2
Celtic Glasgow
Celtic Glasgow
1
4
3
3
Bayer Leverkusen
Bayer Leverkusen
1
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3
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Aston Villa
Aston Villa
1
3
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Borussia Dortmund
Borussia Dortmund
1
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6
AC Sparta Prag
AC Sparta Prag
1
3
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Liverpool FC
Liverpool FC
1
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8
Juventus Turin
Juventus Turin
1
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8
Real Madrid
Real Madrid
1
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10
Sporting Lissabon
Sporting Lissabon
1
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SL Benfica
SL Benfica
1
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12
AS Monaco
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1
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12
Atlético Madrid
Atlético Madrid
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1
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12
Stade Brestois 29
Stade Brestois 29
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15
Paris Saint-Germain
Paris Saint-Germain
1
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16
Arsenal FC
Arsenal FC
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16
Atalanta BC
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1
0
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16
Bologna FC
Bologna FC
1
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16
FC Shakhtar Donetsk
FC Shakhtar Donetsk
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16
Inter Mailand
Inter Mailand
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Manchester City
Manchester City
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FC Barcelona
FC Barcelona
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RB Leipzig
RB Leipzig
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SK Sturm Graz
SK Sturm Graz
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FK Roter Stern Belgrad
FK Roter Stern Belgrad
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FC Girona
FC Girona
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PSV Eindhoven
PSV Eindhoven
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VfB Stuttgart
VfB Stuttgart
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AC Mailand
AC Mailand
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OSC Lille
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FC Brügge
FC Brügge
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FC Salzburg
FC Salzburg
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BSC Young Boys
BSC Young Boys
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-3
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SK Slovan Bratislava
SK Slovan Bratislava
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Feyenoord Rotterdam
Feyenoord Rotterdam
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GNK Dinamo Zagreb
GNK Dinamo Zagreb
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