Sternstunden des Kult-Klubs
In Winti lebt der Fussball

Der Klub und die Stadt sind eins. Zusammen haben sie grosse Hindernisse überwunden. Dies hat vor allem der FCB zu spüren gekriegt.
Publiziert: 04.04.2017 um 20:41 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 15:57 Uhr
1975: Winti-Eisenfuss Bollmann und Goalie Küng wollen FCB-Hitzfeld stoppen – der FCW verliert 1:2.
Foto: Key/STR
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Michael Schifferle

Der FC Winterthur ist Bier- und Sirupkurve. Kult-Klub mit einem punk­rockenden Geschäftsführer – Andreas Mösli. Einem regelmässig speakenden Stadtrat – Nicolas Galladé (SP). Und Fans, die ihrem Klub in ewiger Treue verbunden sind. 30'000 Tickets könnte Winti für den Cup-Halbfinal verkaufen.

In der Liga kommen im Schnitt über 3000 Fans ins Stadion Schützenwiese – auch wenn Winti Letzter ist. Trainer Umberto Romano: «Du spürst den Klub überall in der Stadt.»

Abseits des Rasens ist Winti spitze. Sportliche Sternstunden gibt es auch, nur sind sie rar. Winti gewinnt drei Meistertitel, 1906, 1908 und 1917 – landesweit Notiz nimmt man vom FCW jedoch erst wieder 1968. René Hüssy heisst der Trainer, Timo Konietzka der Fussball-Gott – NLB-Klub Winti stürmt in den Cup­final.

10'000 Fans lassen das Berner Wankdorf erbeben, ihr FCW unterliegt NLA-Leader Lugano. «Glückhafter 2:1-Sieg Luganos über erstaunliches Winterthur», schreibt der «Sport». Ende Saison steigt Winti in die Nati A auf, bleibt dort bis 1977.

Unvorstellbar, dass einer wie Konietzka heute in die Schweiz käme! 1963 schiesst er das erste Bundesliga-Tor überhaupt, danach kickt er für 1860 München, schlägt einem Schiri die Pfeife aus dem Mund – und wird sechs Monate gesperrt. Winti-Präsi Hans Wellauer packt die Chance.

Jubel, bis die Bande bricht

Als Konietzkas Frau vom Anruf aus Winterthur hört, sagt sie nur: «Wir sind doch schon versichert!» Bei 1860 verdient er 30'000, in Winti 100'000 im Jahr – dank einem Gönner.

Ohne Timo, dafür mit Trainer-Legende Willy Sommer erreicht der FCW 1975 nochmals den Cupfinal – 1:2 gegen den FCB.

Trüb ist das Wetter, trüb das Spiel. Basler Siege gegen Winti sind aber selten zwischen 1968 und 1975, vor allem auf der Schützenwiese, wo die unerbittlichen Winterthurer den grossen FCB niederwalzen – Rolf Bollmann etwa, später Nati-Spieler.

Karli Odermatt gesteht, Spiele in Winti gehasst zu haben. «Nie haben wir da gewonnen.» Oder fast nie – einmal in sieben Jahren.

Max Meili spielt als Einziger beide Cupfinals. Später führt das Stadtoriginal einen Bierladen, der unter ihm den Umsatz verdoppelt! Trainer Sommer ist der erfolgreichste Trainer – und jener mit der höchsten Stimme. Am Telefon glaubten viele, sie sprächen mit Frau Sommer.

1985 steigt Winti letztmals ab, ist aber zweimal Cup-Halbfinalist. 2006 gibts daheim ein 0:1 gegen Sion. 2012 ein 1:2 gegen den FCB. Zuvor wirft Winti YB und St. Gallen raus. Die «Schützi» tobt – die Bande vor der Bierkurve bricht.

Nicht auszuschliessen, dass dies bei einem Winti-Sieg auch morgen passiert.

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