Ex-Nati-Trainer Roy Hodgson zurück am Uhrencup
«Habe keine Ahnung, was bei GC passiert ist»

Er weckte ab 1992 unsere Nati aus dem Dornröschenschlaf. Hinter King Roy Hodgson stand das ganze Land. Jetzt kehrt er in die Schweiz zurück. Mit Crystal Palace spielt er am Uhren-Cup.
Publiziert: 09.07.2019 um 01:38 Uhr
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Aktualisiert: 09.07.2019 um 09:43 Uhr
54 Jahre im Geschäft: Bei Crystal Palace begann 1965 Roy Hodgsons Karriere, nun ist der Londoner Trainer seiner Eagles.
Foto: Keystone
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Max Kern

Roy, Sie sind mit bald 72 der älteste Trainer der Premier League. Stolz?
Roy Hodgson:
Das ist kein grosser Verdienst. Diese Marke gehörte bisher Bobby Robson, dem ehemaligen Coach von Newcastle. Er war mein Mentor, deshalb bin ich schon ein wenig stolz, ihn überholt zu haben.

Trotzdem stehen Sie hier in Yverdon bei brütender Hitze im Training 90 Minuten auf dem Platz. Genauso engagiert wie vor bald 30 Jahren bei der Schweizer Nati.Ich überlasse bei Crystal Palace viel den Assistenztrainern, mein erster Assistent ist zehn Jahre jünger als ich. Ich konzentriere mich auf den taktischen und den technischen Teil.

Wollen Sie noch lange weitermachen?
Das weiss ich noch nicht. Ich setze mir in dieser Hinsicht keine Ziele. Ich bin jetzt sehr glücklich. Ich stehe jeden Tag noch mit Freude auf dem Platz.

Und Ihre Gattin Sheila wird wohl auch glücklich sein, wenn Sie sich nicht zu Hause langweilen.
Ja, sie ist froh, wenn ich jeden Morgen aufstehe und zur Arbeit gehe. Aber ich kann nicht garantieren, wie lange das noch so sein wird. Ich hatte 2017 einen Zweijahresvertrag unterschrieben, der ist jetzt noch ein Jahr verlängert worden. Sheila drängt mich nicht aufzuhören. Darüber bin ich sehr glücklich. Nicht viele Leute stehen im Leben vor so vielen Prüfungen wie wir Sportler. Da brauchst du jemanden, der dich versteht und der hinter dir steht. Wir haben es fantastisch zusammen. Wir konnten dank meines Berufs viele schöne Länder kennenlernen.

Unter anderem auch die schöne Schweiz. Wie fühlen Sie sich hier im Trainingscamp in Yverdon-les-Bains?Wunderbar. Es war wie Heimkommen. Vor allem in dieser Region in der Nähe von Neuenburg. In diesem Hotel waren wir damals mit Xamax auch oft. In meiner Zeit bei Xamax und der Nati lebten wir sechs Jahre in dieser Region. Ich erinnere mich noch gut, wie ich 1990 in der Villa Facchinetti verhandelte.

Später haben Sie die Schweizer Nati wachgeküsst und 1994 zum ersten Mal an ein grosses Turnier gebracht. Was war das Geheimnis hinter Ihrem Erfolg?
Kein Geheimnis. Arbeit. Nur: Es arbeiten viele Teams hart. Die Frage ist, ob du es schaffst, dein Team zu überzeugen, dass alle wirklich ihr Bestes geben. Die Stimmung in der Schweiz war 1992 in Sachen Nati sehr pessimistisch. Niemand hat wirklich geglaubt, dass es fähige Spieler im Land gibt. Und dann wurden uns bei der WM-Auslosung Italien, Portugal und die Schotten, die damals sehr stark waren, zugeteilt. Niemand im Land hatte daran geglaubt, dass wir uns für die WM qualifizieren. Aber wenn eine Gruppe von Spielern immer wieder hören muss, dass sie zu nichts zu gebrauchen ist, motiviert das. Sie dachten: Wir sind gute Spieler! Und gaben sich damit als Gruppe Vertrauen.

Der Start unter Ihnen war aber nicht besonders gut.
Ja, nach einem Sieg gegen die Emirate verloren wir in Irland durch einen Elfer kurz vor Schluss. Und zu Hause auch den Test gegen Bulgarien, die später an der WM im kleinen Final standen. Da kam das Spiel gegen Michel Platinis Frankreich. Wir lagen in Lausanne 0:1 hinten. Die Stimmung war schon vor diesem Spiel sehr schlecht. Doch dann hat Christophe Bonvin zweimal getroffen. Das war wohl unser Schlüsselerlebnis.

Zum ersten WM-Qualifikationsspiel mussten Sie im August 1992 nach Estland.
Ja, weder die Italiener noch die Portugiesen wollten so früh im Sommer spielen. Wir sagten unter einer Bedingung zu: dass wir auch das letzte Spiel gegen Estland haben. Das wurde dann die unvergessene WM-Party 1993 im Hardturm. Mit dem 4:0 vor 21500 Fans im ausverkauften Stadion.

Zwei Jahre später stieg im gleichen Stadion die EM-Party. Nur waren Sie da nicht in Party-Laune.
Ja, ich hatte zu diesem Zeitpunkt bereits bei Inter Mailand unterschrieben. Für mich war klar, dass ich in der Sommerpause 1996 auch die Schweiz hätte an der EM coachen können. Doch Verbandspräsident Marcel Mathier hatte etwas dagegen und engagierte Artur Jorge. Ich bin immer noch enttäuscht, dass ich nicht an die EM konnte. Ich wollte meine Arbeit der letzten vier Jahre vollenden.

Haben Sie zu den Spielern von 1994 noch Kontakt?
Vor drei Jahren hat Andy Egli ein Treffen in Genf organisiert. Fast alle kamen, ausser Dominique Herr und Yvan Quentin. Ich weiss, dass einige Trainer geworden sind. Ciri Sforza war schon bei einigen Klubs, Alain Geiger bei Servette. Zubi arbeitete auch mal dort. Henchoz ist bei Xamax entlassen worden, obwohl er mit dem Klub die Liga halten konnte. Aber ich bin mit all meinen ehemaligen Spielern nicht in engem Kontakt. Was macht übrigens Hakan Yakin?

Der ist Assistent seines Bruders Murat bei Schaffhausen.
Wirklich? (Hodgson schmunzelt. Hakan spielte unter ihm bei GC, Anm.d.Red.).

Haben Sie mitbekommen, was mit Ihrem Ex-Klub GC passiert ist?
Ja, ich schaue natürlich die Ranglisten an.

Das ist der erste Abstieg seit 70 Jahren.
Wirklich? Woran lags? Ich habe keine Ahnung.

Am Management.
Man muss jetzt aufpassen. Es kann sehr schwierig sein, gleich wieder aufzusteigen. Das sah man bei uns mit Aston Villa. Birmingham ist die zweitgrösste Stadt nach London. Trotzdem schafft es Villa erst nach drei Jahren wieder aufzusteigen. Oder denken Sie an Leeds oder Sunderland. Dafür spielten oder spielen Klubs wie Huddersfield oder Burnley in der Premier League.

Ihr Ziel mit Crystal Palace diese Saison?
Wenn ich es schaffe, noch ein, zwei Saisons die Liga zu halten, dann wird auch bei uns das Geld kommen.

Roy Hodgson

Biel – Beim Londoner Stadtklub Crystal Palace startete Roy Hodgson 1965 seine Profi-Karriere, nun kommt er mit seinem Herzensklub in die Schweiz. An jenen Ort, wo er sich unsterblich machte. Mit der Nati qualifizierte er sich für die WM 1994, zum ersten Mal seit 1966. Als Klub-Trainer holte Hodgson, der als Spieler nur mittelmässig begabt war, vier schwedische und einen dänischen Meistertitel. In der Schweiz trainierte er Xamax und GC. Im Ausland unter anderen Inter Mailand. Bis 2016 war er vier Jahre lang verantwortlich für die englische Nati. Seit zwei Saisons coacht Hodgson Crystal Palace. Er spricht Englisch, Deutsch, Französisch, Schwedisch, Norwegisch und Italienisch, ist verheiratet und hat einen Sohn.

Biel – Beim Londoner Stadtklub Crystal Palace startete Roy Hodgson 1965 seine Profi-Karriere, nun kommt er mit seinem Herzensklub in die Schweiz. An jenen Ort, wo er sich unsterblich machte. Mit der Nati qualifizierte er sich für die WM 1994, zum ersten Mal seit 1966. Als Klub-Trainer holte Hodgson, der als Spieler nur mittelmässig begabt war, vier schwedische und einen dänischen Meistertitel. In der Schweiz trainierte er Xamax und GC. Im Ausland unter anderen Inter Mailand. Bis 2016 war er vier Jahre lang verantwortlich für die englische Nati. Seit zwei Saisons coacht Hodgson Crystal Palace. Er spricht Englisch, Deutsch, Französisch, Schwedisch, Norwegisch und Italienisch, ist verheiratet und hat einen Sohn.

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