Bravehearts-Coach Steve Clarke vor dem Eröffnungsspiel
«Ich bin einer der wenigen Schotten, die keinen Whisky trinken»

Mit Steve Clarke hat Schottland neue Höhen erklommen. Zwei Dinge allerdings sind gleich geblieben: Nach wie vor hat Schottland keine Gruppenphase überstanden. Und nach wie vor trinkt der Ex-Chelsea-Star keinen Whisky.
Publiziert: 14.06.2024 um 14:06 Uhr
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Alain KunzReporter Fussball

Die Bilanz ist irgendwie verrückt – oder erniedrigend? Die EM 2024 wird die vierte Endrunde für die Bravehearts sein. An einer WM haben sie gar acht Mal teilgenommen. Macht also elf Endrunden-Teilnahmen. Und nie, nie, nie ist das zweite Mutterland des Fussballs über die Gruppenspiele hinausgekommen! Immerhin hat Schottland gegen England das erste Länderspiel der Fussballgeschichte ausgetragen. Am 30. November 1872 wars, auf dem Hamilton Crescent bei Glasgow. Es endete vor 4000 Zuschauern 0:0.

An der WM 1974 schied Schottland sogar ungeschlagen aus. Deshalb, sagt Steve Clarke, sei es höchste Zeit, diesen Fluch zu beenden: «Es ist das zweite grosse Turnier innerhalb von drei Jahren. Diese Erfahrung hilft ganz bestimmt. Und diesmal habe ich eine Mannschaft, die mehr als fähig ist, das zu schaffen! Dazu braucht es drei starke Leistungen gegen respektheischende Gegner. Wenn wir in diesen drei Spielen so gut spielen, wie wir es können, holen wir genügend Punkte, um weiterzukommen.»

Die Fans sind pessimistisch

Die Fans hingegen nehmen diese miserable Bilanz mit wenig Hoffnung auf eine Wende defätistisch hin. Dies zumindest der Tenor einer kleinen Blick-Umfrage am Rande des Glasgow-Derbys zwischen Celtic und den Rangers. Die meisten sagten: «Wir waren zu schlecht. Wir sind immer noch nicht gut genug, verglichen mit den Topteams, die an einer EM spielen.» Irgendwie schon überraschend. Dabei dachte man, die Schotten seien Bravehearts mit grenzenlosem Optimismus und Mut. «Einerseits ist das ein bisschen überraschend», sagt Clarke, auf die Umfrage angesprochen. «Andrerseits haben die Leute am Glasgow Derby den Kopf nicht bei der Nationalmannschaft, sondern nur bei ihrem Team.»

Steve Clarke und seine Schotten bereiten sich im Stadion am Groben in Garmisch-Partenkirchen auf das Eröffnungsspiel vor.
Foto: IMAGO/Shutterstock
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Zum Start kriegen es die Schotten mit dem Gastgeber zu tun. Deutschland. Heute steigt das Eröffnungsspiel in München. Die Schotten könnten also die deutsche Party crashen und den Mythos Sommermärchen 2.0 beenden, bevor er die Chance hatte, einer zu werden. Clarke lacht. «Das ist das Ziel, ganz klar … Aber wissen sie, das Wichtigste für einen schottischen Headcoach ist es, ein konkurrenzfähiges Team auf die Beine zu stellen. Ich denke, seit ich diese Gruppe vor fünf Jahren übernommen habe, ist uns das gelungen. Wir sind als Mannschaft besser geworden. Klar wird das erste Spiel schwierig werden. Die Deutschen sind sich solchen Druck und solch eine Atmosphäre besser gewohnt als Schottland. Wir haben aber eine realistische Chance. Auch wenn Deutschland zuletzt besser geworden ist.»

«Auch Schweiz und Ungarn wird tough»

Dennoch: Die Deutschen sind die grossen Favoriten. Und wenn sie dieser Rolle gerecht werden, ist das Schlüsselspiel fürs schottische Weiterkommen dasjenige gegen die Schweiz. Einverstanden? Clarke: «Alle drei Spiele werden hart sein. Die Schweiz hat sich immer für die Endrunden qualifiziert. Jedenfalls so weit ich mich erinnern kann. Da hats viele talentierte Individuen drin. Und sie sind stark als Mannschaft. Es wird gegen Deutschland sehr hart werden. Gegen die Schweiz und Ungarn aber gleich tough. Wir haben deshalb nicht im Kopf, in den Spielen zwei und drei unsere Punkte holen zu müssen, sondern in allen Spielen.»

«Keine Namen – die sind alle gut»

Stellt sich die Frage, wer vom Schweizer Team den Schotten am meisten beeindrucke. Nach der Auslosung im Dezember hatte Clarke auf die Frage von Blick, ob er einige Spieler nennen könne, bloss gesagt: «Nein, noch nicht. Geben Sie mir Zeit, mir Videos und Spiele anzuschauen.» Und jetzt? Im Juni 2024? Ganz sicher viele Videos und Spiele später? «Ich konzentriere mich immer auf die Mannschaft, nicht die Individuen. Plötzlich spielt dann einer nicht, den man im Fokus hatte. Nein, es ist immer besser, auf die Gruppe zu fokussieren.» Wir haken nach: «Also keine Namen?» Clarke: «Keine Namen. Die sind alle gut …»

Zum Ende eine nicht ganz relevante Frage für den Ausgang der Schottenspiele: Welchen schottischen Whisky gibts als Belohnung für einen Sieg, Mister Clarke? Die überraschende Antwort: «Ich trinke überhaupt keinen Whisky! Ich bin wohl einer der wenigen Schotten, der dieses Getränk nicht anrührt …»

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