Der König von Europa
Wer ist dieser Ex-Nobody Luis de la Fuente?

Der König von Spanien heisst Felipe. Und nicht Luis. Das ist der König von Europa. Seit Sonntag, 14. Juli 2024. Rey Luis Primero. Doch wer ist dieser de la Fuente, den bis zu diesem Turnier kaum jemand kannte?
Publiziert: 15.07.2024 um 19:55 Uhr
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Aktualisiert: 16.07.2024 um 10:07 Uhr
Alain Kunz, Berlin

Die Geschichte von Luis de la Fuente als Nachfolger des grossen Luis Enrique beginnt denkbar schlecht. Nach einem 3:0 zum Start der EM-Qualifikation gibts ein 0:2 gegen das als inferior eingestufte Schottland. De la Fuente wird von Fans und Experten mit Kritik bombardiert: Wie könne ein als subalterner Verbandstrainer eingestufter 61-Jähriger mit diesen grossen Stars umgehen, wenn er doch nie mehr als Athletic Bilbao mit einem katastrophalen Punkteschnitt von 1,21 und Junioren trainiert habe? Und warum um Himmelswillen könne er auf einen wie Sergio Ramos verzichten? Und überhaupt habe er seinen Job nur wegen seiner engen Beziehungen zum späteren Skandal-Verbandspräsidenten Luis Rubiales erhalten. Den, das nebenbei, de la Fuente am Anfang des Kuss-Skandals supportete, um ihn danach eiskalt fallenzulassen, als die Wahrnehmung kippte. De la Fuente ist also auch ein skrupelloser Pragmatiker.

Dieses 0:2 in Schottland ist bis heute die einzige Niederlage in einem Pflichtspiel unter de la Fuente geblieben! Mittlerweile wird der Mann aus Haro, als Zentrum der Rioja eine der Weinwelt-Hauptstädte, vergöttert! Es ist fast schon surreal, wie ihm die spanische Fussballwelt nun zu Füssen liegt. Kommt hinzu, dass sein Fitness-Fetischismus – er soll täglich zur Musik von Julio Iglesias Gewichte stemmen – und sein tiefer christlicher Glaube, mit täglichem Gebet und mit Marienbildern in der Hosentasche während den Spielen, Kult geworden sind.

Der perfekte Fussball

Die Verehrung ist aber auch schlicht pragmatisch-technisch nachvollziehbar, wenn einer den Schlüssel zum fast perfekten Fussball gefunden hat und als bester und schönster Europameister in die Geschichte eingeht. Wenn jemand da an diesen ominösen 28. März 2023 im Glasgower Hampden Park zurückdenkt …

König von Europa: Spanien-Trainer Luis de la Fuente bei der Landung in Madrid.
Foto: Anadolu via Getty Images
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Man kann aber auch an de la Fuentes Geschichte zurückdenken, um sich die Unwahrscheinlichkeit dessen vor Augen zu führen, die da Realität werden sollte. Als Spieler von Athletic wird de la Fuente in den 80er-Jahren zweimal Meister und einmal Cupsieger. Seine Trainerkarriere startet er bei einem Klub namens CD Aurrera de Vitoria. Dritte Liga. Nach wenigen Monaten wird er entlassen. Seine Karriere ist geprägt von Pleiten, Pech und Pannen. Bis er 2013 Verbandstrainer wird. Dort blüht er auf. Wird je mit der U19 und U21 Europameister und holt Olympiasilber. Zwölf Spieler seiner Europameister-Mannschaft kreuzt er vor dem Erwachsenenalter.

Bevor er aber in Deutschland triumphiert, holt er einen anderen Titel: 2023 gewinnt er die Nations League mit Siegen gegen Italien im Halbfinal und Kroatien im Penaltyschiessen im Final. Da zeichnet sich schon etwas ab im Hinblick auf das, was ein Jahr später anstand.

Totaler Triumph

Und nun also der totale Triumph. Europameister mit lauter Siegen. Rodri MVP des Turniers. Dani Olmo Co- Torschützenkönig. Lamine Yamal bester junger Spieler. Kein Wunder prangt auf den Rücken der Spieler statt ihres Namens der Schriftzug «Reyes de Europa», Könige von Europa. De la Fuente hat dieses Selbstbewusstsein früh vorgelebt, als er schon während den Gruppenspielen verkündete, man werde das Spiel x ohnehin gewinnen, weil er die besten Spieler der Welt in seinem Kader habe.

Und das wiederholte er um Mitternacht des grossen Triumphs nochmals: «Ohne respektlos gegenüber anderen zu sein: Ich habe die 26 besten Spieler der Welt. Deshalb hatte ich niemals ein schlechtes Gefühl.» Und trompetete nochmals in die Welt: «Wir sind die Könige von Europa!» Doch de la Fuente wäre nicht de la Fuente, würde er sich mit dieser Banalität begnügen. Deshalb soll ihm eine Schluss-Weisheit gehören: «Ich weiss nicht, ob wir die Gesellschaft verändern können. Aber gerade die jungen Menschen sollen sehen, dass wir nicht verwöhnte, sondern fleissige Spieler haben. Ich hoffe, wir können ihnen zeigen, was sie im Leben erreichen können.» Und das ist ein rundum positiver Ansatz, der de la Fuente nochmals weitere Sympathien zutragen wird.

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